Dumm gelaufen. Der Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer
(LCH) lässt seine Medienmitteilung zur neuen Pisa-Studie raus, bevor es online
Schlagzeilen hagelt. Der sonst so linksgütigeTages-Anzeigerschreibt: «So
schlecht schneiden die Schweizer Schüler ab». Blick.ch fasst
zusammen: «Schweizer Schüler in allen Fächern schlechter geworden». Die NZZ rüffelt:
«Lesekompetenz der Schweizer Schüler sinkt». Und was meint der Lehrerverband? Er jubiliert frühmorgens: «Der LCH
freut sich über die positiven Resultate, welche die 15-jährigen Schülerinnen
und Schüler im Pisa-Test 2018 erreicht haben.» Wie bitte? Von welchen
«positiven Resultate» ist hier die Rede? Die Pisa-Ergebnisse zeigen nur eine
Richtung für die Schweiz: nach unten. Und zwar kontinuierlich seit 2009 und in
allen Bereichen: beim Lesen, in der Mathematik und in den Naturwissenschaften.
Masse statt Klasse, Weltwoche, 5.12. von Peter Keller
In der Lesekompetenz ist die Punktzahl sogar deutlich unter die
Durchschnittswerte der OECD-Staaten gefallen. Und was schreibt der LCH? «Die
Ergebnisse von Pisa 2018 stellen dem öffentlichen Schulsystem der Schweiz
wieder ein gutes Zeugnis aus.» Und zur Lesekompetenz meinen die
Lehrervertreter, die Werte seien «durchschnittlich» ausgefallen. Offenbar steht
es auch um die Lese- und Verständniskompetenz des LCH nicht zum Besten: Rund
ein Viertel der getesteten Schweizer Schüler erfüllen die Mindestkompetenz im
Lesen nicht. Das heisst, sie sind nicht fähig, die wichtigsten Inhalte eines
Textes zu verstehen. Oder anders gesagt: Jeder vierte Schweizer Schulabgänger
kann einen Text buchstabieren, erfasst aber seinen Inhalt nicht. Damit fehlt
ihm das Grundrüstzeug für eine erfolgreiche Berufslehre. Und der LCH? Er endet
seine Medienmitteilung mit den fett hervorgehobenen Sätzen: «Die Lehrerinnen
und Lehrer fühlen sich dem hervorragenden Ergebnis von Pisa 2018 verpflichtet
und wollen weiterhin ihr Bestes geben.» Man möchte lachen, wenn es nicht so
bizarr wäre.
Alles irgendwie toll
Aber diese Wattebäuschchen-Sprache ist eben auch Ausdruck einer heute
vorherrschenden Bestätigungspädagogik, wo alles und jeder irgendwie toll und
gut ist. Aber so ist es nicht. Was ungenügend ist, ist ungenügend. Wer sich
nicht getraut, den Missstand beim Namen zu nennen, wird ihn nie beheben können.
Es braucht wieder mehr Klartext in der Bildungswelt. Also Schluss mit dieser
Kuschelsprache.
Man kann nicht von einem «hervorragenden Ergebnis» reden, wenn die
teuersten Schulen der Welt inzwischen mittelmässige Schüler produzieren. Die
Schweiz gibt – kaufkraftbereinigt – pro Schüler/Student 17 436 Dollar im Jahr
aus. Im OECD-Durchschnitt sind es 10 520 Dollar. Finnland und Japan erreichen
mit zwei Dritteln der Ausgaben in allen Bereichen markant bessere Resultate als
wir. Dass der LCH nun reflexartig noch mehr Geld fordert, ist wiederum nicht
ehrlich und kann nicht die einzige Antwort sein. Offenbar fliessen ziemlich
viele öffentliche Mittel in ein desorientiertes Bildungswesen. Ein Beispiel:
Wenn ein Viertel der Schulabgänger die Hauptsprache nur rudimentär beherrscht,
sollte man die Primarschule nicht noch mit zwei Fremdsprachen vollstopfen.
Die Pisa-Studie zeigt auch schonungslos die Folgen einer verfehlten
Immigrationspolitik auf. Die Leseleistung von Schülern mit Migrationshintergrund
liegt um 52 Punkte tiefer als jene von Schweizer Schülern. Wobei nicht die
Kinder von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland das Problem sind. Sondern
eine durch die Personenfreizügigkeit und durch die Asylmigration unkontrolliert
gewordene Zuwanderung. Masse statt Klasse.
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