Zusammen das Lernen und die Welt entdecken, St. Galler Tagblatt, 21.12. von Marianne Wüthrich
Damit zäumt der Autor das Pferd am Schwanz auf. Denn
der Lehrermangel ist nicht Ursache, sondern vielmehr Folge des fehlgeleiteten
Umbruchs der Volksschule. Langjährige bewährte Lehrkräfte verlassen ihre Schule
schweren Herzens vorzeitig, weil es kaum möglich ist, mit Kindern
unterschiedlichster Leistungsstärke und Betreuungsbedürfnisse, oft sogar aus
mehreren Jahrgängen, den Unterricht so zu gestalten, dass alle mitgenommen
werden können. Und von den jungen Lehrkräften frisch ab der PH kehren viele der
Schule bald wieder den Rücken. Wie Hans Fahrländer darauf kommt, die Inklusion
habe sich als Erfolg erwiesen, bleibt also rätselhaft.
Geradezu absurd ist es, den Widerstand gegen den
Lehrplan 21 als «ideologisch» zu etikettieren und zu behaupten, die Kritiker
würden den «früheren Lesedrill» vermissen. Viele von uns pädagogischen
Fachleuten und Praktikern weisen seit Jahren darauf hin, dass man mit
selbstorganisiertem Lernen und dem Abhaken von Kompetenzhäppchen keine Sprache
lernen kann. Voraussetzung ist vielmehr ein von der Lehrerin mit Begeisterung
und Geschick strukturierter Deutschunterricht, in dem viel gelesen, geübt,
geschrieben und vertieft wird. Im Klassengespräch kann die Freude am Lesen und
Schreiben entstehen und wachsen, und gleichzeitig werden die Grundlagen in
Wortschatz, Grammatik, Rechtschreibung und Satzbau gelegt. Lesedrill? So ein
Unsinn.
Damit unsere Kinder wieder lesen und schreiben lernen,
gibt es nur eins: dem Lehrplan 21 samt den dazugehörigen Lehrmitteln einen
Stopp setzen und die Junglehrer wieder zu Klassenlehrern ausbilden, die mit
ihren Schülern zusammen das Lernen und die Welt entdecken.
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