Lesen und
das Leseverständnis bildet zusammen mit dem Schreiben und Rechnen einen der
Grundpfeiler der schulischen Bildung. Lesen ist also nicht irgendeine Kompetenz
wie Hunderte anderer, wir erwarten, dass die Schüler bei Schulaustritt lesen
können. Die Fähigkeit, Geschriebenes zu verstehen, ist zentral für die
persönliche Entwicklung der Menschen, für die wirtschaftliche Potenz unseres
Landes und für das Funktionieren unseres politischen Systems.
Besserer Leseunterricht, 11.12. von Urs Kalberer
Wenn wir
die PISA-Aufgaben mit den im Lehrplan 21 aufgelisteten Kompetenzen vergleichen,
stellen wir weitgehende Übereinstimmung im Bereich von 80 Prozent der
verlangten Fähigkeiten fest. Diese hohe Kongruenz lässt Aussagen zum Schweizer
Leseunterricht zu. Auf diese Daten zu verzichten, wäre also fahrlässig.
Die
Resultate zeigen, dass 24 Prozent (2015: 20 Prozent) der Schweizer
Schulabgänger im sechsteiligen Kompetenzniveau-Raster unterhalb des Niveaus 2
liegen. Diese Jugendlichen verstehen die wörtliche Bedeutung von Sätzen nicht.
Sie verstehen auch die Hauptaussage oder den Zweck eines Textes nicht. Wenn wir
zur Gruppe dieser Schüler noch diejenigen mit dem Leistungsniveau 2 dazunehmen,
erreichen wir 47 Prozent aller getesteten Schweizer Schüler. Das heisst also,
dass knapp die Hälfte der Schulabgänger weit entfernt von den auch im Lehrplan
21 verlangten Kompetenzen liegt.
Ebenfalls
vergrössert hat sich der Unterschied zwischen Mädchen und Buben. Dieser beträgt
nun 31 Punkte (2015: 25 Punkte). Hätten nur Mädchen den Lesetest absolviert
läge die Schweiz vor Norwegen auf Platz 19. Wären nur Buben zum Test gegangen,
läge die Schweiz knapp vor der Türkei auf Platz 39. Bei solch markanten
geschlechterspezifischen Unterschied stellen sich natürlich Fragen zum
Unterricht und zur Chancengerechtigkeit.
Die
Begründungen, mit denen uns die Bildungselite das Debakel erklären will, gehen
dem Offensichtlichen aus dem Weg: Der hiesige Leseunterricht ist schlicht
unzureichend. Er begnügt sich zu oft mit simplen Verständnisfragen und fordert
generell zu wenig vertieftes Verständnis von Textzusammenhängen. Zusätzliche
Frühförderkurse oder mehr Elternarbeit können deshalb das Problem nicht lösen. Die
Verantwortlichen in Lehrerbildung und Bildungspolitik sind gefordert, endlich
ihre Verantwortung wahrzunehmen und nicht mehr länger zuzuschauen, wie eine
ganze Schülergeneration für fragwürdige Experimente (Stichworte: Integration
und Sprachenkonzept) missbraucht wird.
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