Als ich in die erste Klasse kam, war die Sache mit der Zuteilung
ziemlich simpel. Ich wuchs in einem Dorf auf und es war von vornherein klar, in
welchem Schulhaus ich landen würde, denn es gab nur eines. Die einzige Frage
war also, auf welche Lehrperson ich treffen würde. Heute wohne ich mit meinen Kindern in einem grösseren Ort mit mehreren
Kindergärten und zwei Schulhäusern in der näheren Umgebung. Alle sind von der
Distanz her gut machbar. Doch während man den einen Kindergarten nach einem
Spaziergang durchs Quartier erreicht, gelangt man nur über einen steilen
Waldweg zum anderen. Grund genug, dass die Eltern aus unserer Nachbarschaft
sehr erpicht darauf sind, dass ihre Kinder im erstgenannten Kindsgi landen.
Auch ich habe bei Tochter und Sohn jeweils vor dem Kindergartenstart ein Gesuch
an die Schulleitung geschrieben und wurde glücklicherweise erhört.
Soll der Computer festlegen, wo das Kind zur Schule geht? Der Bund, 11.11. von Jeanette Kuster
Die Mischung machts
Künftig könnte das ganz anders ablaufen. Wie die «Sonntags-Zeitung» berichtete, arbeitet
ein der Universität Zürich angeschlossenes Forschungszentrum zurzeit daran,
einen Algorithmus zu programmieren, der die Kinder den Schulhäusern zuteilt.
Der Grund: Besonders in grossen Städten wie Zürich sind die Schulklassen sozial
schlecht durchmischt. Am Zürichberg etwa machen fremdsprachige Kinder und
solche aus bildungsfernen Familien weniger als 20 Prozent der Schüler aus. In
anderen Quartieren hingegen finden sich 75 Prozent Fremdsprachige pro Klasse.
«Das ist problematisch, weil sich die soziale Zusammensetzung von Schulen
nachweislich auf die Leistungen der Schüler auswirkt», sagt Projektleiter
Oliver Dlabac gegenüber der «Sonntags-Zeitung».
Nun kann man die Kinder natürlich nicht jeden Tag quer durch die Stadt
jagen, bloss um die Klassen besser zu mischen. Es braucht also ein
ausgeklügeltes System, damit einerseits eine gute Durchmischung stattfindet,
andererseits aber auch die Schulwege in einem zumutbaren Rahmen bleiben. Der
Algorithmus wurde deshalb nicht nur mit Volkszählungsdaten gefüttert, sondern
auch mit Infos zur Verkehrsbelastung, zum Trottoirnetz, Unterführungen und
Fusswegen. So soll die optimale Verteilung der Kinder berechnet werden.
Jedes Kind soll die gleiche Chance
bekommen
Die Grundidee gefällt mir. Denn jedes Kind sollte in der öffentlichen
Schule dieselben Chancen bekommen, und wenn eine bessere soziale Durchmischung
dazu beiträgt, ist eine solche auf jeden Fall anzustreben. Ausserdem tut es
Kindern meiner Meinung nach sowieso gut, mit unterschiedlichsten Menschen
aufzuwachsen und so Fremdem gegenüber offen zu bleiben.
Und doch bleibt da ein Aber. Denn wenn nur noch aufgrund von Daten
entschieden wird, kann auch ganz viel kaputtgehen. Ein Kind verliert vielleicht
seine ganze schulische Motivation, wenn es als Einziges aus dem Freundeskreis
ins weiter entfernte Schulhaus zugeteilt wird. Eine Familie ist plötzlich mit
neuen Herausforderungen konfrontiert, wenn die Kinder zum Wohl der
Durchmischung in verschiedene Schulhäuser und folglich auch unterschiedliche
Horte eingeteilt und am Abend an diversen Orten eingesammelt werden müssen. Und
bloss weil ein Kind auf dem Papier gut ins Schulhaus im Nachbarsquartier passen
würde, ist es vielleicht aufgrund seiner Persönlichkeit überhaupt nicht dafür
gemacht, jeden Morgen diesen Weg auf sich zu nehmen.
Gesunden Menschenverstand
miteinbeziehen
Wenn man tatsächlich mit dem Algorithmus zu arbeiten beginnt, wäre es
meiner Meinung nach deshalb wichtig, den Menschen immer noch mitreden zu lassen.
Also Einschätzungen von bisherigen Lehrpersonen miteinzubeziehen und
berechtigte Anliegen der Eltern nicht mit Zahlen und Formeln abzuschmettern.
Wie sehen Sie das?
Der Beitrag Soll
der Computer festlegen, wo das Kind zur Schule geht? erschien
zuerst auf Mamablog.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen