Nach den
eidgenössischen Wahlen, die ganz im Zeichen des Klimawandels gestanden sind,
ist es nun Zeit, das Augenmerk vermehrt wieder andern Sachthemen zuzuwenden. In
Baselland finden am 24. November die nächsten kantonalen Volksabstimmungen
statt (nebst dem zweiten Ständerats-Wahlgang). Es geht um die Steuervorlage 17
und um die Abschaffung des Lehrmittelobligatoriums an unseren Schulen. Diese Abstimmung
dürfte weniger hohe Wellen werfen als jene um die Steuerfrage. Dennoch ist sie
wichtig und verdient Beachtung.
La Suisse Romande existe! BZ Basel, 11.11. von Thomas Schweizer
Zustande
gekommen ist die Bildungsvorlage wegen der miserablen Resultate des
didaktischen Sprachkonzepts Passepartout mit dem gescheiterten Lehrmittel
«Mille feuilles». Hier sind die Resultate tatsächlich desolat. Im Lauf der Zeit
wurde die Kritik bei Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrern immer heftiger. Man
forderte eine bessere Sprachvermittlung. Bald bekamen nämlich alle am Fach
Französisch den
Verleider.
Unsere zweite Landessprache darf aber nicht vernachlässigt werden und verdient
darum beste Lehr- und Lernbedingungen. Kürzlich hatte zudem Peter Rothenbühler
in einem bz-Gastkommentar die bittere Wahrheit ausgesprochen, dass die
Westschweiz bei uns immer weniger wahrgenommen würde. Eine Ursache sah er in
den Schulen, die den Austausch von welschen und Deutschschweizer Klassen
fördern müssten. Ihm kann ich nur zustimmen, denn das berühmte «Welschlandjahr»
von früher gibt es ja längst nicht mehr. Persönlich sehe ich eine weitere
Ursache der Geringschätzung unserer «compatriotes romands» darin, dass eben die
seit 2011 eingesetzten Lehrmittel im Rahmen von Passepartout für unsere Kinder
(und wohl auch für manche Lehrkräfte) untauglich sind. Den Schulen aber kommt
eine vorrangige Bedeutung für die Kenntnisse unserer verschiedenen Landesteile
und Sprachregionen zu.
Noch
immer trauere ich «Bonne Chance» nach, das meiner Ansicht
beste Französisch-Lehrmittel, das je an unseren Schulen eingesetzt worden ist.
Entwickelt hatten es Sprachpraktiker (keine weltfremden, oft behördlichen
Theoretiker!) aus mehreren Kantonen. Entsprechend war das Lehrmittel sehr
kindgerecht aufgebaut. Wenn auch der Beginn sehr spielerisch (dem Alter der
Kinder entsprechend) daherkam, so wurde doch die Grammatik nie vernachlässigt,
und das gesamte Konzept der drei Bände folgte einem logischen Aufbau. Durch die
beiden Stabpuppen Pierrette und Pierrot erreichten die Kinder bald eine sehr
natürliche und ungehemmte Sprechfertigkeit.
Nebst
einem Vokabular, das dem Grundwortschatz entsprach und in «Mille feuilles»
sträflich vernachlässigt wurde, bekamen unsere Kinder auch einen
ausgezeichneten Einblick in das Alltagsleben zweier unterschiedlicher
westschweizer Familien. So wurden ihnen nie die sattsam bekannten Klischees und
Vorurteile über «les Welschs» vorgesetzt. Sie lernten ganz einfach eine andere Lebensweise
kennen. «Mille feuilles» brachte Themen aus der ganzen Welt, wohl gut gemeint,
aber die Lernenden oft überfordernd.
Ehrlich,
mir ist schleierhaft, warum «Bonne Chance» nicht weiterentwickelt und damit
unsern Kindern ein sehr vernünftiges, weil praxisnahes Lehrmittel in die Hand
gegeben worden ist. Das Konzept Passepartout verschlang auch unverschämt viel
Geld, das für bessere Schulzwecke hätte eingesetzt werden können. Zu hoffen
ist, dass ein positives Abstimmungsresultat in Baselland Signalwirkung für
andere Kantone hat. Unsern aufgeweckten Kindern und unserer unverzichtbaren
Westschweiz zuliebe.
Thomas
Schweizer ist ein schriftstellerisch tätiger Kulturschaffender und
Lokalhistoriker aus Füllinsdorf.
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