Ein Bub (6) werde seit
Jahren an einer Stadtzürcher Schule geschlagen, ausgegrenzt, festgehalten,
bedroht und ihm sei über die Turnkleider gepinkelt worden. «Ich habe Angst um
mein Kind. Er könnte durch die Übergriffe nicht nur psychischen Schaden, sondern
körperlich schwere Verletzungen davontragen», sagte der Vater in einem früheren Bericht zu 20
Minuten.
"Diese Schulleitung ist so nicht mehr tragbar", 20 Minuten, 18.11.
Er habe
mehrmals bei der Schulleitung um Hilfe gebeten – vergebens. Anstatt seinem Sohn
zu helfen und die Situation vernünftig zu lösen, habe der Schulleiter stets
nach Fehlern gesucht, die der 6-Jährige begangen haben soll und habe dem Vater
vorgeworfen, sich nicht korrekt verhalten zu haben. Das Verhalten des
Schulleiters habe ihn nun dazu bewogen, zum Schutz seines Sohnes die Schule zu
wechseln.
Externe
Hilfe abgelehnt
Es ist nicht
der einzige Fall, in dem Eltern Vorwürfe gegen das Verhalten der Schulleitung
erheben, wenn es um Mobbing geht. Eine Mutter sagt zu 20 Minuten, dass auch ihr
Kind (8) unter der Situation leide. «Es wurde in diesem Jahr über sechs Monate,
erst von zwei Mitschülern und in kürzester Zeit von der ganzen Halbklasse
gemobbt.» Seitens Schulleitung und Schulsozialarbeit sei zu spät gehandelt und
die Vorfälle bagatellisiert worden. «Es wird praktisch nichts unternommen», so
die Mutter.
Im Gegenteil:
«Es wurde versucht, die Schuld dem Opfer in die Schuhe zu schieben», so die
Mutter. Die Täter hätten keine Konsequenzen erfahren. «Da nichts geschah,
wurden sie ermutigt, weiterzumachen und die Dynamik nahm überhand.»
Die Eltern
haben das Schweizerische Institut für Gewaltprävention eingeschaltet. «Dieses
taxierte den Fall als hochgradiges Mobbing.» Das Institut habe angeboten, mit
der betroffenen Klasse professionell zu arbeiten. «Diese Dienstleistung wurde
seitens der Schulleitung ganz klar abgelehnt», sagt die Mutter.
Situation
habe sich normalisiert
Gabriela
Rothenfluh, Präsidentin der Kreisschulpflege Waidberg, bestätigt, dass sich die
Mutter an die Klassenlehrperson gewandt und ihr mitgeteilt habe, dass das
eigene Kind gemobbt werde. «Die Lehrperson hat gemäss den schulinternen
Vorgaben gehandelt und unverzüglich die Schulsozialarbeiterin informiert und
involviert», so Rothenfluh.
Diese wiederum
habe die zuständige Schulleitung informiert und bei Bedarf beigezogen. «Mit der
betroffenen Gruppe wurde über längere Zeit intensiv gearbeitet. Die Situation
verbesserte sich aus Sicht der Schule stetig und normalisierte sich
schlussendlich ganz», so Rothenfluh.
Keinen Raum
gefunden
Entgegen den
Schilderungen der Mutter sagt Rothenfluh zudem, dass man die Zusammenarbeit mit
dem Schweizerischen Institut für Gewaltprävention nicht untersagt habe. «Die
Schule nahm das Angebot an. Ein Interventions-Nachmittag war geplant.»
Offenbar habe
aber die zuständige Person zusammen mit der Schule keinen geeigneten Raum
gefunden, um die Intervention wie geplant durchführen zu können, so Rothenfluh.
Thomas Richter, Geschäftsleiter des Schweizerischen Institut für
Gewaltprävention, kann zum konkreten Fall keine Stellung nehmen. Er sagt aber,
dass eine Mobbing-Intervention seines Instituts in den üblichen Schulräumen
durchführbar sei.
Allfällige
Fehler werden eruiert
Rothenfluh
bestätigt weiter, dass ein Vater sich entschieden hat, sein Kind von der Schule
zu nehmen. «Es ist nicht an mir, Entscheide von Eltern zu kommentieren oder gar
zu beurteilen.»
Rothenfluh und
die Schule würden es bedauern, dass in diesem Fall eine konstruktive auf
Vertrauen basierende Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern nicht gelungen
sei. «Wie immer bei Schwierigkeiten im Schulalltag stehe ich mit der
Schulleitung im engen Austausch. Gemeinsam wird das Ganze analysiert,
allfällige Fehler werden eruiert und entsprechende Konsequenzen gezogen», so
Rothenfluh.
«Absolute
Schweinerei»
Sefika
Garibovic, Expertin für Konfliktmanagement und Nacherziehung mit
Spezialisierung auf Mobbing sowie Buchautorin, arbeitet täglich mit Schulen
zusammen – auch in Zürich. Sie sagt: «Was hier passiert, ist eine absolute
Schweinerei. Aus meiner Sicht ist die Schulleitung und das Schulpflegepräsidium
nicht mehr tragbar.»
Würde sie sich
weiterhin so verhalten und beispielsweise externe Hilfsangebote ablehnen,
würden die Kinder kaputtgehen. «Wenn Eltern eine gute Lösung bringen, um ihre
Küken zu beschützen, muss die Schule dies ernst nehmen und sich auch einmal
eingestehen, dass externe Hilfe ausprobiert werden kann, um die Situation zu
verbessern», sagt Garibovic. Die Schulsozialarbeiter würden über nicht genügend
spezifische Ausbildungen verfügen, die für einen professionellen Umgang mit dem
Thema erforderlich seien, so Garibovic.
Situation
bagatellisiert
«Es ist nicht
zielführend und absolut arrogant gegenüber Opfern, betroffenen Eltern und den
anderen Schulkinder nicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen.» Wichtig sei es
eben auch, nicht nur mit Opfern, sondern auch mit Tätern zu arbeiten.
Dass sich nun
zudem ein Vater für einen Umzug entschieden hat, sei ein deutliches Zeichen,
dass die Schule die Situation bagatellisiert hat. «Und jetzt leidet das Kind.
Denn ein Schulwechsel ist schwierig, besonders, wenn das Kind schon geschwächt
ist. Dass es neue Kräfte fasst, um sich an der neuen Schule zu etablieren,
scheint mir utopisch.»
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