11. September 2019

Basler Logopädinnen wollen Gleichstellung mit Primarlehrerinnen


Nur zu gerne standen sie am Frauenstreiktag vom 14. Juni im Scheinwerferlicht. Die Basler Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann und Finanzdirektorin Eva Herzog gaben dem Kantonspersonal frei für eine gemeinsame Pause im Hof des Rathauses und solidarisierten sich mit dem Kampf der Frauen gegen Lohnungleichheit.
Kein Wort verloren sie allerdings darüber, dass gleichentags ein Teil der Staatsangestellten just in einem Beruf, den grösstenteils Frauen ausüben, auf die Strasse ging: Logopädinnen protestierten dagegen, dass sie bei der kantonalen Überprüfung der Lohneinreihungen 2015 um eine Lohnklasse heruntergestuft worden waren. Auch reichten sie, unterstützt vom Deutschschweizer Logopädinnenverband, der Sektion der Region Basel sowie der Freiwilligen Schulsynode, Einsprache bei der Regierung ein. Diesen Herbst wird der Basler Regierungsrat darüber befinden.
"Jetzt reicht es" - Logopädinnen wollen mehr Lohn und Personal, bz Basel, 11.9. von Michael Nittnaus


Nur Basel-Stadt stellt Logopädinnen schlechter
Dass sich die knapp 60 Basler Logopädinnen wehren, lässt sich anhand der blanken Zahlen einfach nachvollziehen: In Basel-Stadt verdient eine fertig ausgebildete Logopädin zu Beginn pro Monat 6418 Franken. Das sind im Jahr 83 431 Franken, 13. Monatslohn inklusive. Eine Primarlehrerin kommt im Stadtkanton auf 6881 respektive 89 450 Franken. Die Lehrerin, die den jungen Schülern das nötige Wissen vermittelt, verdient also deutlich mehr als jene Fachperson, die teils mit denselben Kindern pädagogisch-therapeutisch an Sprech- und Hörbehinderungen arbeitet. Brisant: In der Deutschschweiz kennt kein anderer Kanton diese finanzielle Schlechterstellung von Logopädinnen gegenüber Primarlehrerinnen.

«Lange waren wir Logopädinnen ruhig, doch jetzt reicht es», sagt Mirjam Kohli zur bz. Die 58-Jährige arbeitet an der Primarschule Wasgenring und unterstützt die Lohneinsprache. Die Herabstufung sei schlicht nicht nachvollziehbar. «Wir leisten vergleichbare Arbeit wie Heilpädagogen», ist sie überzeugt. Diese sind sogar zwei Lohnklassen bessergestellt, Primarlehrer eine. Dass Heilpädagogen einen Masterabschluss vorweisen müssen und bei Logopäden ein Bachelor genügt, könne die Diskrepanz nicht ganz erklären. «Ich selber helfe bei der Weiterbildung von Heilpädagogen», sagt Kohli. Gleichwohl nennt sie als ihr Minimalziel, zumindest mit Primarlehrerinnen gleichgestellt zu werden.

Dort sei ein Hauptargument des Basler Erziehungsdepartements (ED), dass Logopädinnen keine Klassenverantwortung hätten. «Wir müssen dafür medizinisches, linguistisches, psychologisches und pädagogisch-therapeutisches Fachwissen vorweisen», so Kohli. Ausserdem würde ihnen gemäss geplanten Richtlinien des ED noch mehr Verantwortung übertragen. Und seit der Baselstädtische Logopädische Dienst 2012 aufgelöst wurde und man direkt den Schulleitungen unterstellt worden sei, sei die Arbeit viel komplexer und anspruchsvoller geworden.

«Schulleiter sind natürlich nicht vom Fach, können nun aber entscheiden, welche Schüler uns zugeteilt werden.» Kohli betont explizit, dass sie nicht aus Frust über ihre persönliche Arbeitssituation handle, denn ihre Schulleitung zeige viel Verständnis. Ob der Basler Regierungsrat die Herabstufung zurücknimmt, sei schwierig einzuschätzen. Kohli gibt sich aber grundsätzlich zuversichtlich. Auf Anfrage der bz wollten weder das ED noch der Regierungssprecher zum laufenden Verfahren Stellung nehmen.

1 Kommentar:

  1. In Baselland ist die Situation anders, wie der Bericht in der BZ vom 11.9. zeigt:
    Im Gegensatz zu Basel-Stadt ist der Lohn in Baselland kein grosses Thema. Der Grund liegt auf der Hand: Hier sind Logopädinnen den Primarlehrerinnen gleichgestellt. Sie verdienen zu Beginn 6628 Franken im Monat respektive 86 157 Franken im Jahr. Also mehr als ihre Kolleginnen in der Stadt. Die Politik wird aber in einem anderen Bereich aktiv: SP-Landrätin Miriam Locher reicht morgen Donnerstag eine Interpellation ein. «Es ist absehbar, dass in Zukunft ein erheblicher Anteil der Logopädie-Pensen im Regelschulbereich nicht besetzt werden kann», schreibt sie. Der Hintergrund: Zum einen stehen viele Logopädinnen vor der Pensionierung. Zum anderen kommen zu wenig junge Berufseinsteigerinnen nach.

    «Der Markt ist ausgetrocknet. Schon jetzt haben viele Gemeinden Probleme, die Logopädie-Stellen zu besetzen oder Stellvertretungen zu finden», sagt Brigitte Bos. Die ehemalige Laufner Stadtpräsidentin ist Leiterin des Logopädischen Dienstes Laufental. Sie macht zwei Problemfelder aus: Erstens die Ressourcen und zweitens den Zugang zur Ausbildung. Im Laufental etwa muss Bos mit ihrem Team – total sind es 3,5 Stellen – 200 Fälle im Jahr abklären und bearbeiten. «Damit die Wartelisten künftig nicht noch länger werden, ist es wichtig, dass in der geplanten Landratsvorlage zur Speziellen Förderung die Berechnungsgrundlagen für die Pensen korrigiert werden. Falls nicht, gibt es künftig noch weniger Logopädiestellen. Das darf nicht sein», sagt Bos.

    Das zweite Problem ist, dass die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Muttenz nur alle zwei Jahre einen Studiengang anbietet – für 30 Studierende. Selbst die FHNW hält fest: «Aus der Praxis wird zurückgemeldet, dass es zu wenige Logopädinnen gibt.» Dies bestätigt die Bildungsdirektion: «Schulleitungen hatten auf das aktuelle Schuljahr Mühe, die freien Logopädiestellen zu besetzen.» Doch die FHNW wird ihr Angebot erst aufstocken, wenn sie sicher sein kann, die 30 zusätzlichen Plätze auch zu füllen. Diese Garantie gibt es nicht.

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