Nur zu gerne standen sie am Frauenstreiktag
vom 14. Juni im Scheinwerferlicht. Die Basler Regierungspräsidentin
Elisabeth Ackermann und Finanzdirektorin Eva Herzog gaben dem Kantonspersonal
frei für eine gemeinsame Pause im Hof des Rathauses und solidarisierten sich
mit dem Kampf der Frauen gegen Lohnungleichheit.
Kein Wort verloren sie allerdings darüber,
dass gleichentags ein Teil der Staatsangestellten just in einem Beruf, den
grösstenteils Frauen ausüben, auf die Strasse ging: Logopädinnen protestierten
dagegen, dass sie bei der kantonalen Überprüfung der Lohneinreihungen 2015 um
eine Lohnklasse heruntergestuft worden waren. Auch reichten sie, unterstützt
vom Deutschschweizer Logopädinnenverband, der Sektion der Region Basel sowie
der Freiwilligen Schulsynode, Einsprache bei der Regierung ein. Diesen Herbst
wird der Basler Regierungsrat darüber befinden.
"Jetzt reicht es" - Logopädinnen wollen mehr Lohn und Personal, bz Basel, 11.9. von Michael Nittnaus
Nur Basel-Stadt stellt Logopädinnen schlechter
Dass sich die knapp 60 Basler Logopädinnen wehren,
lässt sich anhand der blanken Zahlen einfach nachvollziehen: In Basel-Stadt
verdient eine fertig ausgebildete Logopädin zu Beginn pro Monat 6418 Franken.
Das sind im Jahr 83 431 Franken, 13. Monatslohn inklusive. Eine
Primarlehrerin kommt im Stadtkanton auf 6881 respektive 89 450 Franken. Die
Lehrerin, die den jungen Schülern das nötige Wissen vermittelt, verdient also
deutlich mehr als jene Fachperson, die teils mit denselben Kindern
pädagogisch-therapeutisch an Sprech- und Hörbehinderungen arbeitet. Brisant: In
der Deutschschweiz kennt kein anderer Kanton diese finanzielle
Schlechterstellung von Logopädinnen gegenüber Primarlehrerinnen.
«Lange waren wir Logopädinnen ruhig, doch
jetzt reicht es», sagt Mirjam Kohli zur bz. Die 58-Jährige arbeitet an der
Primarschule Wasgenring und unterstützt die Lohneinsprache. Die Herabstufung
sei schlicht nicht nachvollziehbar. «Wir leisten vergleichbare Arbeit wie
Heilpädagogen», ist sie überzeugt. Diese sind sogar zwei Lohnklassen
bessergestellt, Primarlehrer eine. Dass Heilpädagogen einen Masterabschluss
vorweisen müssen und bei Logopäden ein Bachelor genügt, könne die Diskrepanz
nicht ganz erklären. «Ich selber helfe bei der Weiterbildung von
Heilpädagogen», sagt Kohli. Gleichwohl nennt sie als ihr Minimalziel, zumindest
mit Primarlehrerinnen gleichgestellt zu werden.
Dort sei ein Hauptargument des Basler
Erziehungsdepartements (ED), dass Logopädinnen keine Klassenverantwortung
hätten. «Wir müssen dafür medizinisches, linguistisches, psychologisches und
pädagogisch-therapeutisches Fachwissen vorweisen», so Kohli. Ausserdem würde
ihnen gemäss geplanten Richtlinien des ED noch mehr Verantwortung übertragen.
Und seit der Baselstädtische Logopädische Dienst 2012 aufgelöst wurde und man
direkt den Schulleitungen unterstellt worden sei, sei die Arbeit viel komplexer
und anspruchsvoller geworden.
«Schulleiter sind natürlich nicht vom Fach,
können nun aber entscheiden, welche Schüler uns zugeteilt werden.» Kohli betont
explizit, dass sie nicht aus Frust über ihre persönliche Arbeitssituation
handle, denn ihre Schulleitung zeige viel Verständnis. Ob der Basler
Regierungsrat die Herabstufung zurücknimmt, sei schwierig einzuschätzen. Kohli
gibt sich aber grundsätzlich zuversichtlich. Auf Anfrage der bz wollten weder
das ED noch der Regierungssprecher zum laufenden Verfahren Stellung nehmen.
In Baselland ist die Situation anders, wie der Bericht in der BZ vom 11.9. zeigt:
AntwortenLöschenIm Gegensatz zu Basel-Stadt ist der Lohn in Baselland kein grosses Thema. Der Grund liegt auf der Hand: Hier sind Logopädinnen den Primarlehrerinnen gleichgestellt. Sie verdienen zu Beginn 6628 Franken im Monat respektive 86 157 Franken im Jahr. Also mehr als ihre Kolleginnen in der Stadt. Die Politik wird aber in einem anderen Bereich aktiv: SP-Landrätin Miriam Locher reicht morgen Donnerstag eine Interpellation ein. «Es ist absehbar, dass in Zukunft ein erheblicher Anteil der Logopädie-Pensen im Regelschulbereich nicht besetzt werden kann», schreibt sie. Der Hintergrund: Zum einen stehen viele Logopädinnen vor der Pensionierung. Zum anderen kommen zu wenig junge Berufseinsteigerinnen nach.
«Der Markt ist ausgetrocknet. Schon jetzt haben viele Gemeinden Probleme, die Logopädie-Stellen zu besetzen oder Stellvertretungen zu finden», sagt Brigitte Bos. Die ehemalige Laufner Stadtpräsidentin ist Leiterin des Logopädischen Dienstes Laufental. Sie macht zwei Problemfelder aus: Erstens die Ressourcen und zweitens den Zugang zur Ausbildung. Im Laufental etwa muss Bos mit ihrem Team – total sind es 3,5 Stellen – 200 Fälle im Jahr abklären und bearbeiten. «Damit die Wartelisten künftig nicht noch länger werden, ist es wichtig, dass in der geplanten Landratsvorlage zur Speziellen Förderung die Berechnungsgrundlagen für die Pensen korrigiert werden. Falls nicht, gibt es künftig noch weniger Logopädiestellen. Das darf nicht sein», sagt Bos.
Das zweite Problem ist, dass die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Muttenz nur alle zwei Jahre einen Studiengang anbietet – für 30 Studierende. Selbst die FHNW hält fest: «Aus der Praxis wird zurückgemeldet, dass es zu wenige Logopädinnen gibt.» Dies bestätigt die Bildungsdirektion: «Schulleitungen hatten auf das aktuelle Schuljahr Mühe, die freien Logopädiestellen zu besetzen.» Doch die FHNW wird ihr Angebot erst aufstocken, wenn sie sicher sein kann, die 30 zusätzlichen Plätze auch zu füllen. Diese Garantie gibt es nicht.