Regierungsrat
und Landrat des Kantons Basel-Landschaft haben im Frühjahr 2019 entschieden,
dass alle Lehrpersonen durch die Schulleitungen lohnwirksam zu qualifizieren
sind. Diese Umstellung auf das neue Lohnsystem soll per 2021 erfolgen – gegen
den Widerstand sämtlicher betroffener Schulleitungen aller Schulstufen.
Die Schulleitungen des Kantons BL wehren sich gegen die Lohnrevision, Medienmitteilung Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Basel-Landschaft, 26.8.
Die
Schulleitungen anerkennen die Tatsache, dass es neben vielen überragenden und
sehr guten auch weniger gute Lehrpersonen gibt und betonen, dass sich die
Leistungen von Lehrpersonen durchaus beurteilen lassen, wenn man umfassende
Kriterien definiert, Indikatoren festlegt und diese überprüft. Man könnte also
davon ausgehen, dass alles in bester Ordnung ist und lohnwirksame
Qualifikationssysteme in den Schulen im Baselbiet umgesetzt werden können und
sollen.
Zwingend
wäre aber, dass verbindlich definiert wird, was einen guten Lehrer oder eine
gute Lehrerin ausmacht und welche Kriterien ausschlaggebend sind. Grundsätzlich
muss der Unterricht und damit das Kerngeschäft im Zentrum stehen. Um nun eine
Lehrperson fair und korrekt beurteilen zu können, muss die Schulleitung mehrere
Lektionen besuchen. Der international anerkannte Wirtschaftspädagoge Rolf Dubs stellt
fest (Die Führung einer Schule. Leadership und Management, 2019, Seite 245),
dass etwa acht Unterrichtsbesuche pro Lehrperson nötig sind, um zu einer
verlässlichen Einschätzung zu gelangen. Zusätzlich zum Besuch des Unterrichts
müssten auch Elterngespräche der Lehrpersonen, Besprechungen mit Lernenden
sowie Diskussionen in Unterrichtsteams analysiert sowie
Unterrichtsvorbereitungen und korrigierte Leistungstests überprüft werden.
Eine
echte und gerechte Beurteilung bedingt also einen hohen zeitlichen Aufwand. Der
Kanton Luzern wollte das lohnwirksame Qualifikationssystem für Lehrpersonen
ebenfalls umsetzen, musste jedoch feststellen, dass dieses System einerseits
den Unterricht nicht verbessert und andererseits mindestens 2 Millionen Franken
pro Jahr an Zusatzkosten auslösen würde. Deshalb wurde 2008 das lohnwirksame
Qualifikationssystem konsequenterweise nur für Verwaltungsangestellte
eingeführt.
Und im
Kanton Basel-Landschaft? Bei uns soll das neue Lohnsystem umgesetzt werden,
ohne Zusatzkosten zu generieren. Sollen nun Schulleitungen quasi nebenbei und
zusätzlich zur bisherigen Arbeit auf der Basis einer umfangreichen
Kriterienliste bis zu 50 Personen pro Schulleitungsmitglied beurteilen und
bewerten? Der Vorschlag zur Bewältigung dieser enormen Zusatzaufgabe ist
gelinde gesagt unprofessionell: Es sollen einfach ca. 90-95% der Lehrpersonen
mit «gut» bewertet werden.
Die Bewertung «gut» benötigt nicht einmal eine Begründung. Nur die restlichen
5-10% überragenden oder ungenügenden Lehrpersonen würden dann den eigentlichen
Zusatzaufwand auslösen.
Konflikte
wären vorprogrammiert, weil ausgesprochen viele Lehrerinnen und Lehrer sehr
gute Arbeit leisten und jährlich unzählige unbezahlte Überstunden leisten, wie
die letzte Studie des LCH (Lehrerinnen- und Lehrerverein Schweiz) ergeben hat.
Man stelle sich vor: Wie kann einer sehr engagierten Lehrperson, die mit A (gut)
bewertet wird, erklärt werden, weshalb sie kein A+ (sehr gut) erhält, wenn bei
der Bewertung A keine Begründung abgegeben werden muss? Eine drastische
Verschlechterung des Schulklimas und ein Gefühl des Gegeneinanders statt
Miteinanders wären die Folge.
Wenn
Regierung und Parlament es wirklich ernst meinen mit der Qualifikation von
Lehrpersonen, sind konsequenterweise die Ressourcen bereitzustellen, die nötig
sind, um Lehrpersonen seriös zu qualifizieren. Geschieht dies nicht, ist die
Bewertung unseriös und ungerecht. Nehmen sich die Schulleitungen aber auch nur
einen Teil der nötigen Zeit für eine seriöse Qualifikation, werden die neuen
Aufgaben einen so hohen Zusatzaufwand generieren, dass zentrale Aufgaben der
Schulleitungen nicht mehr mit der nötigen Sorgfalt erledigt werden können, was
sich negativ auf die Schulen auswirken würde. Aus dieser Sicht ist das geplante
lohnwirksame Qualifikationssystem kontraproduktiv und würde letztlich
diejenigen treffen, denen das Hauptaugenmerk gelten sollte: unsere Schülerinnen
und Schüler.
Der
Verband der Schulleiterinnen und Schulleiter BL (VSL BL) hat alle
Schulleitungen des Kantons BL befragt. Sämtliche Schulleitungen der
Primarschulen, der Sekundarschulen, der Gymnasien, der Musikschulen sowie der
betroffenen Berufsfachschulen des Kantons BL unterstützen diese Stellungnahme
und fordern Regierung, Parlament und in der Folge auch die Gemeinden auf,
entweder das geplante lohnwirksame Qualifikationssystem für Lehrpersonen nicht
umzusetzen oder die nötigen Ressourcen dafür bereitzustellen.
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