Anlässlich
der Abstimmung über die Schulreformen ahnte kaum jemand, welche Folgen die
Entscheide nachher für den Schulalltag bringen würden. Selbst die Lehrerschaft
konnte sich die Auswirkungen eines Unterrichts nach Lehrplan 21 nur vage
vorstellen, und die Eltern vertrauten leider den Versprechungen im
Abstimmungskampf. Mittlerweile haben die Realitäten Einzug gehalten. An
zahlreichen Orten gingen radikale Reformer ans Werk, die das bisher gute
Schulsystem nach den Vorgaben von abgehobenen Bildungstheoretikern umzuformen,
ja regelrecht umzustürzen begannen. Dass sich dagegen weit herum Opposition
bildete, überrascht nicht. Viele Lehrerinnen und Lehrer erkannten bald die
verheerenden Nachteile eines solchen Vorgehens, und sie sind auch nicht
gewillt, sich von übereifrigen und linientreuen Schulleitern zu blossen Coaches
degradieren zu lassen.
Tages Anzeiger, 27.6. Leserbrief von Bruno Pfister
Höchst bedenklich ist nun, wie gewisse Schulpflegen die
Lehrerschaft verunglimpfen, statt das eigenmächtige Schalten und Walten der
Schulleitungen zu hinterfragen. Geradezu schäbig und wie vom hohen Ross herab
wirkt das Gebaren einiger Behörden gegenüber ihrem Lehrpersonal, welches
aufopfernd und treu jahrelang seine Dienste versah. Doch die Abrechnung kommt
und ist bereits im Gange. Die Eltern vieler Sechstklässler versuchen mit allen
Mitteln, ihre Kinder von einer heruntergefahrenen Volksschul-Oberstufe via
Gymnasium oder Privatschule fernzuhalten, und zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer
nehmen den Hut und flüchten in Gemeinden mit vernünftigeren Aufsichtsgremien
und Schulleitungen. Dort heisst man die abtrünnigen Lehrpersonen mit offenen
Armen willkommen; angesichts des kommenden Lehrermangels ist man besonders froh
um Zuzug. Was den Umgang all dieser gebildeten Leute miteinander betrifft, ist
höchst befremdlich. Offenbar schützt höhere Bildung nicht vor höherer
Aggressivität. Den Kindern würde man sagen: Schämt euch!
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