11. Juli 2019

Vom hohen Ross herab


Anlässlich der Abstimmung über die Schulreformen ahnte kaum jemand, welche Folgen die Entscheide nachher für den Schulalltag bringen würden. Selbst die Lehrerschaft konnte sich die Auswirkungen eines Unterrichts nach Lehrplan 21 nur vage vorstellen, und die Eltern vertrauten leider den Versprechungen im Abstimmungskampf. Mittlerweile haben die Realitäten Einzug gehalten. An zahlreichen Orten gingen radikale Reformer ans Werk, die das bisher gute Schulsystem nach den Vorgaben von abgehobenen Bildungstheoretikern umzuformen, ja regelrecht umzustürzen begannen. Dass sich dagegen weit herum Opposition bildete, überrascht nicht. Viele Lehrerinnen und Lehrer erkannten bald die verheerenden Nachteile eines solchen Vorgehens, und sie sind auch nicht gewillt, sich von übereifrigen und linientreuen Schulleitern zu blossen Coaches degradieren zu lassen. 
Tages Anzeiger, 27.6. Leserbrief von Bruno Pfister


Höchst bedenklich ist nun, wie gewisse Schulpflegen die Lehrerschaft verunglimpfen, statt das eigenmächtige Schalten und Walten der Schulleitungen zu hinterfragen. Geradezu schäbig und wie vom hohen Ross herab wirkt das Gebaren einiger Behörden gegenüber ihrem Lehrpersonal, welches aufopfernd und treu jahrelang seine Dienste versah. Doch die Abrechnung kommt und ist bereits im Gange. Die Eltern vieler Sechstklässler versuchen mit allen Mitteln, ihre Kinder von einer heruntergefahrenen Volksschul-Oberstufe via Gymnasium oder Privatschule fernzuhalten, und zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer nehmen den Hut und flüchten in Gemeinden mit vernünftigeren Aufsichtsgremien und Schulleitungen. Dort heisst man die abtrünnigen Lehrpersonen mit offenen Armen willkommen; angesichts des kommenden Lehrermangels ist man besonders froh um Zuzug. Was den Umgang all dieser gebildeten Leute miteinander betrifft, ist höchst befremdlich. Offenbar schützt höhere Bildung nicht vor höherer Aggressivität. Den Kindern würde man sagen: Schämt euch! 

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