Die
Aufgabe des Regierungsrats wird nicht einfach. Er muss in einem Jahr
entscheiden, wie die Volksschulzeugnisse im Thurgau künftig entstehen und
aussehen werden. Eine Umfrage zeigte jedoch im Januar, dass sogar Lehrpersonen
und Schulleitungen unterschiedliche Wünsche haben.
Thurgauer Lehrer finden Kompetenzprofile im Zeugnis wenig hilfreich - Eltern und Lehrbetriebe dagegen schon, Thurgauer Zeitung, 3.7. von Larissa Flammer
Im
Schulblatt
veröffentlicht der Kanton nun die Ergebnisse eines Schulversuchs zu den
Zeugnissen. Auch hier waren die Meinungen geteilt, manche erprobten Instrumente
fielen durch.
Ziel
des Versuchs war es, Praxiserfahrungen zur zweidimensionalen Leistungsbewertung
zu sammeln. Die eine Dimension ist das Produkt, also die Leistung bei
Prüfungen. Die andere ist der Prozess: die Lernqualität.
Einige
Lehrpersonen haben zudem Kompetenzprofile getestet, im Kindergarten wurde die
Einschätzung der Entwicklung erprobt. Fünf Schulen aus Amriswil, Eschlikon,
Felben-Wellhausen, Lommis und Steckborn haben sich am Versuch beteiligt.
Kompetenzprofil:
sinnvoll oder nicht?
Interessant
sind vor allem die Erfahrungen zu den Kompetenzprofilen, die Lehrpersonen der
fünften und sechsten Klasse sowie der zweiten und dritten Sekundarschule
angewendet haben. Die meisten Lehrer bewerten die Profile als wenig hilfreich,
heisst es im Schulblatt.
«Hingegen
schätzen die Schülerinnen und Schüler, deren Eltern wie auch die Lehrbetriebe
die Kompetenzprofile als hilfreich ein und finden es eine sinnvolle und
nachvollziehbare Ergänzung zum Zeugnis.» Nur jede zehnte Lehrperson im
Schulversuch fand, dass die Kompetenzprofile eine sinnvolle Zeugnisbeilage
wären.
Zweidimensionaler
Ansatz bringt zu viel Aufwand
Die
pädagogische Haltung, die der zweidimensionalen Bewertung zugrunde liegt, wird
von den am Versuch teilnehmenden Lehrern weitgehend unterstützt.
Ungefähr
die Hälfte von ihnen sieht darin einen sinnvollen Ansatz, der jedoch
Unklarheiten und einen hohen Aufwand mit sich bringt. Hilfreich sei vor allem
die ganzheitlichere Beurteilung, der Ansatz sei für die prognostische
Beurteilung wertvoll.
Die
andere Hälfte der Lehrpersonen findet die Art und Weise der Umsetzung schwierig
und kritisiert unter anderem die Art der Bewertung. Lernprozesse sollten
grundsätzlich nicht «technisch» verrechnet werden. Die Lehrer und Schulleiter
plädieren aufgrund des hohen Aufwands gegen die flächendeckende Einführung des
zweidimensionalen Ansatzes.
Bewertung
im Kindergarten ist zu wenig aussagekräftig
Der
Einschätzungsbogen, mit dem im Kindergarten die Entwicklung des Kindes bewertet
werden soll, wird im Schulversuch als nicht praktikabel eingestuft. Die
Verknüpfung mit inhaltlichen Kompetenzen aus den Fachbereichen sei nicht
gegeben. Die Grundlage für die Einschätzung eines Kindes sei damit
ungenügend.
Im
Schulversuch standen den Lehrpersonen auch drei neue Möglichkeiten für die
Bewertung zur Verfügung: Lernzielraster, die für das Unterrichtsvorhaben
definiert werden, Zyklusraster, die sich an den Grundansprüchen pro Zyklus
orientieren, und Schwellenwerte. Bei Letzteren definieren die Lehrer im Voraus,
welche Anzahl Punkte bei einem Test für welche Anforderungen erforderlich sind.
Vor allem die Schwellenwerte werden positiv beurteilt.
Die
weiteren Ergebnisse: Umfrage, Workshops und Monitoring
Im
Sommer 2017 veränderten sich mit der Einführung des neuen Lehrplans im Thurgau
auch die Schulzeugnisse. Der Prozess ist aber noch nicht abgeschlossen. Wie die
Leistungen der Schüler künftig genau beurteilt werden, entscheidet der
Regierungsrat erst im Sommer 2020. Der Kanton führte eine Umfrage bei Lehrern
und Schulleitern sowie Workshops mit Bildungsverbänden, der Pädagogischen
Hochschule, dem Gewerbe und weiterführenden Schulen durch. Das Amt für
Volksschule hat zudem in einem Monitoring verglichen, wie andere Kantone die
Herausforderung lösen. Alle Erkenntnisse – auch die aus dem Schulversuch –
fliessen in einen Schlussbericht zuhanden des Regierungsrats. Er entscheidet,
welche Anpassungen noch nötig sind. Ab dem Schuljahr 2021/22 sollen die neuen
kantonalen Beurteilungsgrundlagen in Kraft sein.
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