10. Juli 2019

Berufswünsche passen nicht ins Bild der Gender-Missionarinnen

Die Schule ist weiblich und wird immer weiblicher. Der Wendepunkt kam 1964. Damals waren die Männer im Lehrkörper der Primarschule erstmals in der Minderheit. Das behauptet jedenfalls der Verein «Männer an die Primarschule». Von da an ging es mit ihrem Anteil stetig bergab. Heute sind über 80 Prozent des Lehrpersonals auf Primarschulstufe Frauen. Auch auf der Sekundarstufe sind die Frauen in der Mehrheit. Auf pädagogisches Gegenrecht haben die Männer verzichtet. Der Kindergarten war, ist und bleibt eine Frauenbastion. Von 100 «Kindergartenlehrpersonen» sind 95 weiblich; von der institutionalisierten frühkindlichen Betreuung ganz zu schweigen.
Wenn der Staat sozial gerechte Ehen arrangiert, NZZ, 29.6. von Claudia Wirz


Die Volksschule ist also fest im Griff der weiblichen Hand. Niemand kann mehr glaubwürdig behaupten, unsere Schule mache aus den Kindern sklavische Untertanen eines entfesselten Patriarchats. Nicht zu vergessen ist überdies die Gendersprache. Seit Jahren wird sie uns «intensiv in die Gehirne eingeimpft», um Luise Pusch, die Grande Dame der deutschen feministischen Linguistik, zu zitieren. Es gibt kein Entrinnen, weder beim Fernsehschauen noch beim Zeitunglesen, ja selbst wer das Parkhaus benutzt, muss es sich gefallen lassen, in die geschlechtslose Kategorie «Besuchende» eingeordnet zu werden.
Schon die Kleinsten werden diesem Tugenddiktat unterworfen. Sie sollen vorurteilsfrei spielen. Winnetou, Held vieler Babyboomer, ist plötzlich des Teufels und soll in die ewigen Jagdgründe geschickt werden. Der Zukunftstag wiederum – vor seiner gendersensiblen Umbenennung noch Tochtertag genannt – gibt sich seit 2001 alle Mühe, die Teenager umzuerziehen. Heranwachsende Mädchen sollen dazu ermutigt werden, typische Männerberufe zu erlernen – und umgekehrt. Wenn nicht der Kapitalismus, so sollen wenigstens die Geschlechterrollen überwunden werden.

Ein reines Frauenkränzchen organisierte indes Bundesrätin Sommaruga am Zukunftstag im November 2018, was nicht gerade nach trendiger Diversity klingt. Sie habe eben den Mädchen zeigen wollen, was Frauen besonders gut könnten, sagte die Bundesrätin ins Mikrofon; nämlich führen, ohne «herumzubefehlen». Man hört zu und denkt, dass es in der Tat doch noch ein paar Geschlechterklischees zu überwinden gäbe.

Wie auch immer – an guten Vorbildern für die (weibliche) Jugend fehlt es also schon lange nicht mehr, ganz im Gegenteil. Trotzdem will die neue feministische Missionsbewegung nicht recht fruchten. Betrachtet man die Berufswünsche von jungen Frauen und Männern in der Schweiz, gibt es nur in einem Punkt Gleichstand: Bei den Lehrberufen steht das Kaufmännische bei beiden Geschlechtern an erster Stelle. Dann beginnt die Segregation. Auch im Jahr 2019 wollen junge Frauen am liebsten Fachfrau Gesundheit und Fachfrau Betreuung werden, während sich junge Männer als Informatiker, Elektroinstallateur oder Polymechaniker sehen.

Auch im Privatleben halten sich politisch unkorrekte Verhaltensmuster mit erfrischender Hartnäckigkeit. Junge Frauen wünschen sich einen Ernährer, und wenn geheiratet wird, dann vorzugsweise in der eigenen sozialen Sphäre. Wenn sich aber Reich zu Reich und Arm zu Arm geselle, vertiefe das die sozialen Gräben, mahnen gelegentlich Ökonomen, und man möchte nicht daran denken, welche Umverteilungsphantasien angesichts dieses Befundes in den Köpfen staatsgläubiger Sozialingenieure gedeihen.

Eines jedenfalls lässt sich aus den beiden Phänomenen ablesen: Der zivile Ungehorsam gegenüber einer übergriffigen Hypermoral lebt; er lebt dort, wo die Menschen frei wählen können, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Das hat nichts mit Diskriminierung zu tun; es geht um legitime menschliche Bedürfnisse. Möge der Tag, an dem der Staat sozial gerechte Ehen stiftet und politisch korrekte Berufe zuteilt, noch in weiter Ferne liegen.

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