30. Mai 2019

Miese Testresultate alarmieren Gewerbe und Industrie

Nirgends in der Schweiz sind Schüler am Ende ihrer obligatorischen Schulzeit so schlecht in Mathe wie in den beiden Basel. Und schon am Ende der Primarschule weisen viele grosse Defizite in Französisch und teils auch in Deutsch auf. Zu diesem Schluss kam der interkantonale Bildungsvergleich, den die eidgenössische ErziehungsdirektorenKonferenz (EDK) vergangenen Freitag präsentierte (die bz berichtete). Während die Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind eine Medienkonferenz abhielt und ein «Bündel an Massnahmen» ankündigte, reagierte ihr Basler Pendant Conradin Cramer nur auf Anfrage und bemängelte vor allem, dass Basel-Stadt als Stadtkanton bei solchen Vergleichen wegen des hohen Anteils an Schülern mit Migrationshintergrund stets im Nachteil sei. 
Immer wieder Lehrstellen unbesetzt, Basellandschaftliche Zeitung, 29.5. von Michael Nittnaus

Doch was sagen eigentlich jene zum schlechten Abschneiden, welche die Jugendlichen im Anschluss in den Arbeitsmarkt einführen sollen? Die bz fragte beim Gewerbeverband BaselStadt, der Wirtschaftskammer Baselland sowie der Handelskammer beider Basel nach. Die Botschaft: Auch die Unternehmen spüren, dass immer mehr Schüler Probleme haben, in Mathematik oder Sprachen auf das nötige Grundniveau zu kommen. «Die Resultate sind absolut ernüchternd und frustrierend», sagt Handelskammer-Direktor Martin Dätwyler. Gerade für die Region Basel, in der als LifeSciences- und Logistik-Cluster die naturwissenschaftlichen «Mint»-Fächer wie eben Mathematik besonders wichtig seien, sei ein solches Abschneiden problematisch. Beim Basler Gewerbeverband heisst es: «Die Resultate sind unerfreulich, da die Wirtschaft auf leistungsfähige Lernende angewiesen ist», sagt Sprecher David Weber. Und auch die Wirtschaftskammer ist kritisch: «Dass die Baselbieter Schülerinnen und Schüler insbesondere in Mathematik offensichtlich unterdurchschnittlich abschneiden, ist zweifellos nachteilig und darf nicht hingenommen werden», schreibt Direktor Christoph Buser. 

Neu auch Banken mit Problemen 
Die Resultate des EDK-Vergleichs decken sich dabei mit den Erfahrungen der hiesigen Firmen: «Wir beobachten, dass Unternehmen immer mehr Mühe haben, ihre Lehrstellen qualitativ gut zu besetzen», sagt Weber. Auch Wirtschafts- und Handelskammer bestätigen diese Tendenz. «Immer wieder bleiben Lehrstellen unbesetzt», hält Dätwyler fest. Man höre von den Unternehmen, dass vor allem die Mathematik- und Deutschkenntnisse ein Problem darstellten. «Und diese sind nun einmal Grundvoraussetzung für jede Ausbildung», ergänzt Weber. Zudem steigen die Anforderungen der einzelnen Berufe. So müsse ein Automechaniker heute sehr viel mit dem Computer arbeiten. 

Der Basler Gewerbeverband stellt aber noch etwas anderes fest: «Handwerkliche Branchen haben schon länger Probleme, ihre Lehrstellen zu besetzen. Neu ist, dass es auch für die Finanz-, die Pharma- oder die IT-Branche schwieriger geworden ist.» Wie die Wirtschaft darauf reagieren soll, da unterscheiden sich die Ansätze. Die Wirtschaftskammer verweist in ihrem schriftlichen Statement gleich mehrfach auf die Stützkurse, die sie in ihrem KMU-Lehrbetriebsverbund anbietet. «Die Mängel werden mit den betroffenen Lernenden in den Stützkursen gemeinsam behoben. Diese Kurse sind absolut notwendig», so Buser. Bei FDP-Parteikollege Dätwyler klingt es anders: «Es kann nicht sein, dass die Unternehmen die schulischen Defizite der Schüler nachträglich ausbügeln müssen.» 

Auswärtige Lehrlinge keine Option 
Für die Handelskammer ist klar, dass die Verantwortung nun bei den Regierungen von Baselland und Basel-Stadt liegt, Massnahmen zu erarbeiten. «Ich begrüsse es, dass Monica Gschwind mit ihrem Auftritt sofort ein Signal setzte», lobt der designierte Landrat Dätwyler seine freisinnige Regierungsrätin. Zu Cramer sagt er: «Es reicht nicht zu sagen, dass die Testanlage für Basel-Stadt nachteilig gewesen sei. Ich bin aber felsenfest überzeugt, dass bald auch die Basler Regierung aktiv wird.» 

Konkrete Verbesserungsvorschläge gibt es von den drei Verbänden noch kaum. Dätwyler erwähnt einzig, dass auch die Lehrer-Ausbildung an den pädagogischen Hochschulen unter die Lupe genommen und der gesamte Bildungsraum Nordwestschweiz analysiert werden sollte. Und Weber fordert ganz grundsätzlich, dass Basler Schüler besser informiert werden, dass neben dem gymnasialen auch der Weg der Berufslehre eingeschlagen werden kann. Keine Option ist für die Handelskammer, künftig vermehrt Lehrlinge aus anderen Kantonen oder gleich auswärtige vollwertige Arbeitskräfte anzuwerben. Dätwyler: «Auszuweichen und anderswo zu rekrutieren kann keine Lösung sein. Wir sind unseren Kindern schuldig, dass wir ihnen einen guten Start ins Berufsleben ermöglichen.»

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