Vielleicht
ist es auch nur Zufall: Bei den nationalen Vergleichstests, die am Wochenende
für Aufregung gesorgt haben, schneidet der Kanton Tessin unter jenen, die
Französisch als erste Fremdsprache haben, am besten ab.Es ist dies der einzige
Kanton, der in seinen Primarschulen zum Zeitpunkt der
nationalen Vergleichstests nicht auf das Lehrmittel «Mille feuilles» gesetzt hat.
Frühfranzösisch-Lernziele verpasst, Basler Zeitung, 29.5. von Thomas Dähler
Schlechter abgeschnitten haben alle Kantone, die seinerzeit mit dem
Passepartout-Vertrag das gemeinsame Fremdsprachenkonzept beschlossen haben, das
auf der umstrittenen Mehrsprachendidaktik aufbaut. Die Testergebnisse dieser
Kantone zum Abschluss der Primarschule fallen auch im Vergleich zu den
Kantonen mit Frühdeutsch oder Frühenglisch deutlich ab. Beim Leseverstehen
erreichen in den Passepartout-Kantonen bloss 65,2 Prozent die geforderten
Grundkompetenzen. In denKantonen mit Frühdeutsch sind es 71,6 Prozent, in jenen
mit Frühenglisch 86 Prozent.
Wie bei den Schul-Checks
Dass es mit den Resultaten
des neu eingeführten Frühfranzösisch-Unterrichts in den Nordwestschweizer
Kantonen Baselland, Basel-Stadt und Solothurn nicht zum Besten steht, haben schon
zuvor die in den sechsten Klassen durchgeführten Schulchecks aufgezeigt.
Darüber können auch anders lautende Beteuerungen einiger Regierungsmitglieder
nicht hinwegtäuschen, welche die Checkresultate fleissig schönreden oder mit sozialen
Defiziten der Bevölkerung entschuldigen.
Schon im vergangenen Jahr
hat die BaZ darauf hingewiesen, dass die Resultate der Schulchecks aufzeigen, dass
die Ziele des Lehrplans in Französisch nicht erreicht werden. «Die Schülerinnen und
Schüler können Inhalte von Gesprächen und Hörtexten auf Französisch verstehen und
sinngemäss ins Deutsche übertragen», ist gemäss
Lehrplan beim «Hören» gefordert; bei der Lesekompetenz wird Ähnliches verlangt. Die
Resultate der Schulchecks 2017 und 2018
zeigen beide, dass nur eine Minderheit die Lernziele erfüllt und den
Gesprächen auf Französisch wie verlangt folgen kann.
Die nationalen Vergleichstests
basieren auf etwas weniger strengen Vorgaben, weil nur die Grundkompetenzen geprüft
worden sind.Doch die Resultate
der Vergleichstests bestätigen die früheren ungenügenden Resultate. Das
Schlusslicht der Französisch-Vergleichstests beim Leseverstehen bildet in der
neuen nationalen Evaluation der Kanton Baselland. Solothurn und Basel-Stadt
erreichen geringfügig weniger
schlechte Resultate. Die Passepartout-Kantone
haben parallel zu den nationalen Vergleichstests noch eine zusätzliche Analysezu
den Passepartout-Lernzielen in Auftrag gegeben.
Zusätzliche Studie
Diese Studie bestätigt, dass auch die höheren Anforderungen der Passepartout-Lernziele
grösstenteils verpasst wurden. Bei dem Hörverstehen wurden die Lernziele noch
immerhin von 57 Prozent erreicht, beim Leseverstehen nur noch von 32,8Prozent und
beim Sprechen noch von10,8 Prozent–ein klägliches Resultat für ein
Sprachenkonzept, das angeblich besonders auf die Umgangssprache fokussiert. An
der Medienkonferenz vom Freitag hat die Baselbieter Bildungsdirektorin
Monica Gschwind richtigerweise Klartext gesprochen:«Wir haben sehr viel Zeit und
Geld in Passepartout investiert, doch unsere Erwartungen wurden bei weitem nicht
erfüllt.»Basel-Stadt hüllt sich in Schweigen.
Die Resultate verweisen auf ein
gewichtiges Handicap der betroffenen Versuchsjahrgänge für die weitere Schul-
oder Berufskarriere: Sie verstehen trotz mehrjährigem Sprachunterricht in der Primarschule
den Inhalt eines französisch geführten Gesprächs nur halbwegs. Immerhin
hat der Kanton Baselland bereits reagiert: Neue Lehrmittel werden
bereits evaluiert,und der Lehrerschaft soll die Lehrmittelfreiheit
zugestanden werden. Doch möglicherweise braucht es mehr: etwa eine
angepasste Stundentafel, einen angepassten Lehrplan,mehr Lektionen oder neue
Weiterbildungen für Lehrkräfte.
Die zusätzliche Analyse der Passepartout-Kantone
basiert auf einer Stichprobe von 1011 Schülerinnen und Schülern. In der den
Medien abgegebenen Dokumentation wird darauf hingewiesen, dass der Französischunterricht
mit Ängsten belastet sei und von zwei Dritteln der Schülerinnen und Schüler nur
besucht werde,weil er obligatorisch sei. Die Bildungsdirektion hält fest, dass
anders als beim Lehrmittel «Mille feuilles» «der gezielte und
systematischeAufbau des Wortschatzes eine unabdingbare Ressource für den Erwerb
von Sprachkompetenzen» sei.
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