Die Schulsysteme der Kantone
sollen sich mit dem Lehrplan 21 angleichen. Um den Stand der Harmonisierung zu
zeigen, haben die kantonalen Erziehungsdirektoren die Kenntnisse der Schüler
überprüft. Nun liegen erstmals Zahlen vor (mehr Informationen auf Seite 5).
Überprüft wurden 2016 bei Schülern Ende der obligatorischen Schulzeit
Kompetenzen im Fach Mathematik. Im Jahr 2017 wurden die Fächer Deutsch und
Englisch Ende der 6. Klasse getestet. Teilgenommen haben je rund 1300 Luzerner
Schüler.
Bei der Mathematik hapert's - besonders in Luzern, Luzerner Zeitung, 24.5. von Roseline Troxler
Am Freitag stellten Noch-Bildungsdirektor Reto Wyss (CVP) und Charles Vincent,
Leiter der Dienststelle Volksschulbildung, die Ergebnisse für den Kanton Luzern
vor. Laut Wyss sind diese im Fach Deutsch zufriedenstellend. Beim Lesen
erreichen 88 Prozent die Grundkenntnisse – genau so viele wie im Durchschnitt
–, bei der Rechtschreibung sind es 86 Prozent. Gut fällt das Zeugnis im
Englisch aus. Beim Leseverständnis sind die Schüler mit 86 Prozent
durchschnittlich, beim Hörverständnis erreichen gar 96 Prozent die
Bildungsziele. Ganz anders in der Mathematik.
Luzerner hatten deutlich weniger
Mathelektionen
Nur gerade 56 Prozent der
Luzerner Schüler verfügen beim Rechnen über die Grundkompetenzen. Schweizweit
sind es 62 Prozent. Reto Wyss kommentiert: «Die Ergebnisse Ende der dritten Sek
sind unbefriedigend. Obwohl das Niveau der Aufgaben hoch ist, genügen die
Leistungen der Luzerner Lernenden nicht.» Sie liegen unter jenen der
Nachbarkantone.
Laut dem Bildungsdirektor
sind auf der Sekundarstufe bereits Massnahmen ergriffen worden – darunter eine
leichte Erhöhung der Lektionenzahl. Denn Fakt ist: Im untersuchten Zeitraum
wies Luzern eine deutlich tiefere Lektionenzahl bei der Mathematik auf als
andere Kantone – nämlich 400 auf der Sekundarstufe I. St. Gallen und Glarus
sind mit gut 550 Lektionen Spitzenreiter.
Die Frage, ob die
Resultate eine Folge der Sparmassnahmen sind, verneint Wyss. «Diese Erklärung
würde zu kurz greifen. Es handelt sich um langfristige Trends.» Die Resultate
beziehen sich denn auch auf Schüler, welche bereits im Jahr 2005 mit der Schule
begonnen haben. «Matchentscheidend war wohl eher, dass die Lektionenzahl
gesenkt wurde, was bereits im Jahr 2006 geschah.» Dies war noch vor dem
Schnüren mehrerer Sparpakete.
Ausgewertet wurde auch,
welchen Einfluss die soziale Schicht, der Migrationsstatus und die
Muttersprache auf die Ergebnisse haben. «Es überrascht, wie gross die
Unterschiede je nach sozialer Herkunft oder Sprache sind», sagt Charles
Vincent. Bei Schülern mit deutscher Muttersprache erreichen 65 Prozent die
Ziele in Mathe, bei fremdsprachigen Kindern sind es mit 30 Prozent deutlich
weniger. «Die Sprache hat also einen wichtigen Einfluss auf die Kompetenzen in
der Mathematik», sagt Wyss und verweist auf den «relativ hohen Anteil
fremdsprachiger Lernender» im Kanton. Mit 21 Prozent liegt dieser aber unter
dem Schweizer Schnitt von rund 30 Prozent.
Erstaunen mag, dass im
Fach Deutsch die zu Hause gesprochene Sprache einen geringeren Einfluss aufs
Ergebnis hat als in Mathe. So erreichen in Orthografie und Leseverständnis auch
bei Kindern mit anderer Muttersprache 76 Prozent die Grundkompetenzen, bei
solchen mit Deutsch als Muttersprache sind es rund 90 Prozent. Die
Grundkenntnisse bei der Mathematik stehen auch mit dem Migrationshintergrund im
Zusammenhang.
«Chancengerechtigkeit ist nicht mehr gegeben»
Reto Wyss hofft mit
zusätzlichen Lektionen im Lehrplan 21 auf Verbesserungen in Mathe und Deutsch,
wenn 2020 und 2022 die nächsten Überprüfungen folgen. Der Bildungsdirektor
betont aber, dass es auch bei der frühen Sprachförderung Massnahmen braucht.
«Fremdsprachige Kinder müssen wir früher abholen.» Er unterstreicht, dass die
Regierung mit der Revision des Volksschulbildungsgesetztes eine obligatorische
frühe Sprachförderung gesetzlich verankern wollte. «Der Kantonsrat ist leider
nicht darauf eingegangen.» Laut Wyss gebe es aber verschiedene Gemeinden,
welche auf freiwilliger Basis Vorschulkinder sprachlich fördern.
Alex Messerli, Präsident
des Luzerner Lehrerinnen- und Lehrerverbands, zeigt sich überrascht über den
Einfluss des Migrationshintergrunds auf die Mathekompetenzen. «Das ist ein
Warnsignal. Die Chancengerechtigkeit ist hier klar nicht mehr gegeben.»
Messerli betont, dass sich bei den Ergebnissen zeige, welche Rolle die Anzahl
der zur Verfügung stehenden Lektionen spiele. Grossmehrheitlich sei er erfreut
über die Resultate, ergänzt aber: «Man darf die anderen Bereiche, welche nicht
getestet wurden, nicht vergessen.»
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