Wer
krank ist und nicht arbeiten kann, muss dem Arbeitgeber meistens ein
Arztzeugnis einreichen. Was aber gilt bei Kindern in der Primarschule? «Espresso»
sagt, ob Lehrerinnen und Lehrer von ihren Schülern Arztzeugnisse verlangen
dürfen.
Nach der grossen Pause am Vormittag sei ihr Sohn
von der Schule nach Hause gekommen, schreibt eine Hörerin aus Baar (ZG) dem
Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1. «Ihm war übel und er hatte
starke Bauchschmerzen».
Die Mutter versorgt den Jungen mit Tee und steckt
ihn ins Bett. Am Nachmittag habe sich dann der Lehrer per SMS gemeldet: Er
wolle ein Arztzeugnis. Die Mutter stutzt. «So etwas habe ich noch nie erlebt.
Darf der Lehrer wirklich ein Arztzeugnis verlangen?», möchte sie wissen.
Was punkto Absenzen an welchen Schulen gilt, ist im
jeweiligen Schulreglement oder in kantonalen Schulgesetzen und ihren
Verordnungen geregelt. Im Reglement der Schulen Baar ist festgehalten, dass
Lehrerinnen und Lehrer Anspruch haben auf «angemessene Information durch die
Eltern über ihre Kinder in allen für die Schule wichtigen Fragen».
Aus dieser Bestimmung sind Eltern verpflichtet, ein
krankes Kind rechtzeitig vom Schulunterricht abzumelden. Woran ein Kind genau
leidet, geht die Schule jedoch nichts an. Die Diagnose ist geschützt. Die
Eltern sind verpflichtet, die Schule darüber zu informieren, wie lange das Kind
voraussichtlich nicht am Unterricht teilnehmen kann.
Wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt?
Aus dieser Bestimmung lässt sich aber kein Anspruch
auf ein Arztzeugnis ableiten.
Auch in den kantonalen Bestimmungen findet sich
keine Grundlage, nach der ein Lehrer oder eine Schule Anspruch auf ein
ärztliches Zeugnis hätte. Geht es um Bagatellen, sind Eltern ohnehin nicht
verpflichtet, ihr Kind ärztlich behandeln zu lassen.
Bei auffälligen Absenzen fragen
Schulbehörden nach
Diese Regel gilt aber nicht absolut. Hat die Schule
berechtigte Zweifel, dass ein Kind wirklich krank ist oder fällt ein Kind wegen
häufiger, nicht nachvollziehbaren Krankheitsabsenzen auf und bringt ein
Gespräch mit den Eltern keine Besserung, so wird eine Schule ein ärztliches
Zeugnis verlangen.
Verweigern die Eltern ein solches Zeugnis ohne
überzeugenden Grund, wird die Schule bei der Kindesschutzbehörde eine
Gefährdungsmeldung einreichen. Dann wird die Behörde mit Blick auf das
Kindeswohl die Umstände abklären.
Im Beispiel von Claudia Meulis Sohn sind diese
Voraussetzungen nicht erfüllt. Sie muss ihrem Kind kein Arztzeugnis mit in die
Schule geben. Ihrem Sohn geht es übrigens wieder gut. Auch die Irritation über
den Wunsch des Lehrers hat sich unterdessen geklärt. Es hat sich um ein
Missverständnis gehandelt.
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