Nach dem vorläufigen
Ende des Abstimmungsreigens zum Lehrplan 21 sind sich Gegner und Befürworter in
einem Punkt einig: Die freie Wahl der Unterrichtsmethoden muss weiterhin
gewährleistet bleiben. Daran orientiert sich die Forderung nach mehr
Lehrmittelfreiheit.
Einheitslehrmittel gefährden Methodenfreiheit, 5.12. von Urs Kalberer
Der neue Lehrplan sorgte für Aktivität bei den Verlagen:
Neue Fächer und die Neuorientierung nach Kompetenzen erfordern neue Lehrmittel.
Doch verschiedene Faktoren führten dazu, dass es sich bei den neu entstehenden
Lehrmitteln um Monopollehrmittel handelt, die – einmal eingeführt – keine
Konkurrenz mehr zu fürchten haben. Da wäre erstens einmal die Begrenztheit des
Deutschschweizer Marktes: Die Schulbuchverlage wollen sich dieses Feld nicht
durch Konkurrenten noch enger machen lassen. Zweitens basiert der Lehrplan 21
auf dem Wunsch, den Schulstoff inhaltlich zwischen den Kantonen anzugleichen,
was den Trend zu Einheitslehrmitteln verstärkt. Weiter sind die Pädagogischen
Hochschulen treibende Kräfte in der Lehrmittelvereinheitlichung, da dies die
Ausbildung vereinfacht.
Doch wie frei sind die Lehrer in der Ausübung ihres Berufes?
Engt sie der neue Lehrplan etwa in ihrem Handlungsspielraum ein? Dezidiert
äussert sich dazu Christian Amsler, der für die Einführung des Lehrplans 21
verantwortliche ehemalige Präsident der Deutschschweizer
Erziehungsdirektorenkonferenz: „Die Unterrichts- und Methodenfreiheit ist in
der Schweiz absolut gewährleistet. Die Lehrpersonen werden weder drangsaliert
noch in ein Korsett gezwängt". Was aber hat die Methodenfreiheit mit den Lehrmitteln
zu tun?
Eingeschränkte Methodenfreiheit
Während ein Lehrplan grundlegende Fragen zum Unterricht und den Bedingungen des Unterrichts klärt – der Lehrplanforscher Rudolf Künzli spricht vom „entscheidenden konstitutiven Dokument der öffentlichen Schule" – obliegt es den Lehrmitteln, diese Vorgaben in die Schulpraxis einfliessen zu lassen. Anhand der Lehrmittel wird konkret fassbar, was der Lehrplan allgemein und verklausuliert vorgibt. Ein Lehrmittel zu wählen, bedeutet deshalb immer auch, einen geplanten Ablauf von Lerninhalten zu wählen. Lehrmittel kontrollieren den Unterricht viel effizienter, als dies ein Lehrplan kann. Galt in der Vergangenheit der Lehrplan als prioritär, so muss man heute anerkennen: Der effektive Lehrplan bildet oft das Lehrmittel selbst und der Lehrer folgt gezwungenermassen den dortigen Anleitungen. In der schulischen Realität existieren nun rigide Vorschriften zur Wahl der Lehrmittel, welche durch die in der Ausbildung favorisierten Materialien noch verstärkt werden. Das führt dazu, dass die Methodenfreiheit durch obligatorische Lehrmittel eingeschränkt wird.
Während ein Lehrplan grundlegende Fragen zum Unterricht und den Bedingungen des Unterrichts klärt – der Lehrplanforscher Rudolf Künzli spricht vom „entscheidenden konstitutiven Dokument der öffentlichen Schule" – obliegt es den Lehrmitteln, diese Vorgaben in die Schulpraxis einfliessen zu lassen. Anhand der Lehrmittel wird konkret fassbar, was der Lehrplan allgemein und verklausuliert vorgibt. Ein Lehrmittel zu wählen, bedeutet deshalb immer auch, einen geplanten Ablauf von Lerninhalten zu wählen. Lehrmittel kontrollieren den Unterricht viel effizienter, als dies ein Lehrplan kann. Galt in der Vergangenheit der Lehrplan als prioritär, so muss man heute anerkennen: Der effektive Lehrplan bildet oft das Lehrmittel selbst und der Lehrer folgt gezwungenermassen den dortigen Anleitungen. In der schulischen Realität existieren nun rigide Vorschriften zur Wahl der Lehrmittel, welche durch die in der Ausbildung favorisierten Materialien noch verstärkt werden. Das führt dazu, dass die Methodenfreiheit durch obligatorische Lehrmittel eingeschränkt wird.
Instrument der Qualitätskontrolle
Wie wird der Lehrmittel-Zwang begründet? Dank guten Lehrmitteln erreichen die Schüler die gesetzten Lernziele einfacher und besser, sie sind ein wichtiges Instrument der Qualitätskontrolle und der Steuerung des Unterrichts. Identische Lehrmittel sollen die Chancengerechtigkeit erhöhen und die Mobilität erleichtern. Die Kantone betonen zwar in den Grundlagen zum Lehrplan 21 die Wichtigkeit der Methodenfreiheit, die es erlaubt, auf die Heterogenität der Klassen mit angepassten Formen der Unterstützung einzugehen. Trotzdem wird die Lehrmittelauswahl stark eingeschränkt.
Wie wird der Lehrmittel-Zwang begründet? Dank guten Lehrmitteln erreichen die Schüler die gesetzten Lernziele einfacher und besser, sie sind ein wichtiges Instrument der Qualitätskontrolle und der Steuerung des Unterrichts. Identische Lehrmittel sollen die Chancengerechtigkeit erhöhen und die Mobilität erleichtern. Die Kantone betonen zwar in den Grundlagen zum Lehrplan 21 die Wichtigkeit der Methodenfreiheit, die es erlaubt, auf die Heterogenität der Klassen mit angepassten Formen der Unterstützung einzugehen. Trotzdem wird die Lehrmittelauswahl stark eingeschränkt.
Die Nachteile dieser Praxis sind offenkundig: Erstens entstehen immer
wieder neue Lehrmittel, eine Lehrerbildung, die auf ein bestimmtes Lehrwerk
fokussiert, ist notgedrungen fragmentarisch und gerät unweigerlich in den
Dunstkreis von pädagogischen Ideologien. Weiter können bei intransparenten
Beschaffungsentscheiden andere als pädagogische Interessen mitspielen. Aus
pädagogischer Sicht muss festgehalten werden, dass Lehrmittel keine Rücksicht
auf Unterrichtsfaktoren wie Klassengrösse, Heterogenität oder die Fähigkeiten
der Unterrichtenden nehmen. Monopollehrmittel bevormunden die Lehrer, denn diese
können nicht selbst entscheiden, was für ihre Lerngruppe und für sie selbst am
besten passt. Es ist unbegreiflich, weshalb eine mehrklassige Bergschule
denselben methodischen Ansatz wie eine Schule in einem Industrieort mit vielen
Migrantenkindern haben muss. Dies gilt umso mehr, als dass Kompetenzen
lehrmittelunabhängig erworben werden können. Einheitslehrmittel fördern eine
didaktische Monokultur, an der besonders unerfahrene Lehrer scheitern.
Angesichts dieser Sachlage stellt sich die Frage, ob die bestehenden
Lehrmittelobligatorien nicht zugunsten einer liberaleren Praxis abgelöst werden
könnten. Das ideale Lehrmittel existiert so wenig wie die ideale Methode. Mehr
Wahlfreiheit stärkte die Lehrerschaft, brächte einen grösseren pädagogischen
Handlungsspielraum und steigerte letztlich die Unterrichtsqualität.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen