Die Schweizer Bildung setzt voll auf digital. Die
Primarschule Regensdorf gehört zu den Vorreitern in Sachen Digitalisierung.
Hier arbeiten die Kinder mit Tablets. Und sie lernen, Roboter zu programmieren.
Es gilt: je früher, desto besser.
Kids an die Computer, Blick, 22.10. von Helena Schmid
Heute mimt Christian den Roboter. Der Schüler trägt eine Augenbinde,
bewegt sich über Sprachsteuerung fort. Sprich: Er folgt den Befehlen seines
Klassenkameraden Sam. «Geradeaus, geradeaus, rechts, Achtung, Stuhl, ups»,
etwas unbeholfen stolpert Roboter Christian durch das Klassenzimmer.
Es ist Dienstagmorgen. Im Untergeschoss der Primarschule Regensdorf ZH
lernt die dritte Klasse von Deborah Critti (39), wie man programmiert.
Christian wird abgelöst durch einen handgrossen Roboter in Gestalt einer Biene
auf Rädern.
Der sogenannte Bee-Bot wird über Knöpfe in Form von Pfeilen auf dem
Rücken gesteuert. Hastig tippt Nelmin auf den Tasten herum, dann drückte er auf
den grünen Startknopf. Die Augen der Biene blinken, sie dreht sich, fährt nach
vorne, rammt einen Stuhl. Nelmin jauchzt.
Zuerst
Bee-Bot, dann Binärcodes
Lehrerin Critti erklärt: «So lernen die Kinder die Grundlagen der
Robotik und Programmierung. Welche Befehle müssen nacheinander erteilt werden,
damit der Roboter eine bestimmte Abfolge von Bewegungen macht.»
Critti breitet einen Teppich mit abgebildeten Strassen und Geschäften
aus. Die Schüler müssen den Roboter nun an bestimmte Orten auf dem Spielfeld
manövrieren und die einzelnen Befehle auf einem Arbeitsblatt notieren.
«Zur Post!», befiehlt Christian. Sein Kollege Sam zählt den
Weg ab: «Zweimal geradeaus, dann links, dann geradeaus, dann rechts und noch
einmal geradeaus.» Er startet den Bot. Die Biene landet im Blumengeschäft.
Ein iPad
für jeden Schüler
Die Biene ist nur der Anfang. In der Mittelstufe wird Nelmin Roboter so
programmieren können, dass sie Objekten wie dem Stuhl ausweichen, dabei die
Farbe wechseln und noch hupen. In der Oberstufe wird er Roboter selbst bauen
und mit ihnen in Form von Codes kommunizieren. Noch versteht der Drittklässler
von alldem nichts. Noch ist der Bee-Bot für ihn ein Spielzeug.
Ziel des Roboter-Unterrichts sei nicht, kleine Programmier-Genies
heranzuzüchten, sagt Steve Bass (52), Fachstellenleiter Medien und Informatik
der Schule. «Sie lernen hier, logisch und exakt zu denken. Diese Fähigkeit
hilft ihnen auch in anderen Bereichen, wie in der Mathematik,
Sprache oder den Naturwissenschaften.»
Der Medienpädagoge rüstet die Primarschule Regensdorf seit 15 Jahren für
den digitalen Wandel. Vor acht Jahren führte er die ersten Tablets ein – für
die Lehrer, damals. Heute teilen sich in der Unterstufe je zwei Schüler
ein iPad.
Ab der Mittelstufe hat jeder ein eigenes, das sie auch zu Hause privat nutzen
dürfen.
Schule
greift in digitale Erziehung ein
Neun- bis Zehnjährige mit eigenem iPad. Was sagen die Eltern dazu? «Die
meisten verstehen, dass Computer und Internet zum heutigen Lernen gehören. Und
sie vertrauen darauf, dass die Lehrer den Kindern beibringen, wie man mit den
digitalen Medien verantwortungsvoll umgeht», so Bass. Die digitale Erziehung
der Kinder lastet heute also auf den Schultern der Lehrer.
Zurück im Klassenzimmer startet Sam einen zweiten Anlauf. Diesmal stoppt
die Roboter-Biene direkt vor der Postfiliale. «Jetzt kann sie einen Brief
verschicken», sagt er und legt einen Papierschnipsel auf das Spielfeld.
Deborah Critti versammelt die Kinder wieder. Die Arbeitsblätter, welche
sie zu Beginn der Stunde ausgeteilt hat, sind leer. Im Bann der Roboter haben
sie die Kinder ganz vergessen. Critti: «Das ist in Ordnung. In dem Alter steht
das Spielen und Entdecken im Vordergrund.»
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