Silvia Steiner, braucht es für Sie als Präsidentin der
Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) eine Erhöhung der Maturitätsquote, um den
Akademikernachwuchs zu sichern?
Es braucht meines Erachtens keine generelle
Erhöhung der gymnasialen Maturitätsquote. Aber es braucht längerfristig mehr
Leute, die eine Berufsmaturität oder eine Fachmaturität gemacht haben.
Nachgefragt bei EDK-Präsidentin Silvia Steiner, Thurgauer Zeitung, 12.7. von Balz Bruder
Stichwort Fachkräftemangel: Hilft da die Erhöhung der
Maturitätsquote wenigstens?
Die Wirtschaft ist angewiesen auf gut qualifizierte
Leute. Das sind die Absolventen einer Hochschule ebenso wie jene der höheren
Berufsbildung. Leider vergisst man oft, dass rund ein Drittel der Abschlüsse
auf Tertiärstufe im Bereich der höheren Berufsbildung stattfinden. Gleichzeitig
sind und bleiben qualifizierte Berufsleute mit einem Abschluss auf
Sekundarstufe II wichtig für den Arbeitsmarkt. Denn der vielerorts beklagte
Fachkräftemangel ist kein Phänomen, das sich auf Berufe mit höheren Ausbildungsanforderungen
beschränkt.
Was tut aus der Sicht der EDK stattdessen wirklich not?
Unsere Stärken lassen sich in drei Stichworten beschreiben: Vielfältigkeit der
Wege, Anschlussfähigkeit und Durchlässigkeit. Es gibt verschiedene Wege, eine
qualifizierte Ausbildung zu erlangen: Wir haben sowohl schulische als auch
berufsbildende Wege. Im Tertiärbereich haben wir mit den Hochschulen und der
höheren Berufsbildung zwei wichtige Standbeine. Viele Länder kennen die
Berufsbildung und die höhere Berufsbildung so nicht. Auf diese Stärken müssen
wir setzen und die verschiedenen Wege als gleichwertig anerkennen und
weiterführen.
Muss im Digitalisierungszeitalter neben der gymnasialen
nicht noch vermehrt in die Berufsmaturität und die höhere Berufsbildung
investiert werden?
Ich bin der Meinung, dass man noch stärker darauf setzen
muss. Im Kanton Zürich suchen wir deshalb nach Wegen, mehr Jugendliche für die
Berufsmaturität zu gewinnen. Für viele ist der Weg zurzeit noch zu
anspruchsvoll, hier wollen wir leistungswillige Junge in der Berufslehre besser
unterstützen, indem wir zum Beispiel flexible Modelle anbieten.
Für die Wirtschaft ist klar: Es braucht die «richtigen»
Berufsleute mit den «richtigen» Skills und der «richtigen» Knowledge zur
«richtigen» Zeit in «richtiger» Anzahl am «richtigen» Ort. Kann das die
Bildungspolitik tatsächlich leisten?
Dieses Ziel kann man nur erreichen, wenn
Bildungspolitik und Wirtschaft eng zusammenarbeiten. Diese enge Zusammenarbeit
haben wir in der Schweiz, und dies zahlt sich aus. Laut dem neuen
Bildungsbericht erreicht die Schweiz zusammen mit Österreich bezüglich des
Gleichgewichts von Bildungswesen und Wirtschaft den Spitzenplatz.
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