Nach der Handschlagaffäre will die Landratskommission neben
dem Unterricht auch Schulveranstaltungen als obligatorisch erklären. Auf eine
Verfassungsänderung soll hingegen verzichtet werden.
Bildungsdirektorin Monica Gschwind wollte nach der Handschlag-Affäre ein Zeichen setzen. Bild: Monica Gschwind
Muslime sollen Schulveranstaltungen nicht schwänzen dürfen, Basler Zeitung, 18.4.
Die Verfassung des Kantons Basel-Landschaft soll keine
Bestimmung erhalten, welche bürgerliche Pflichten höher wertet als religiöse
und weltanschaulichen Haltungen.
Die vorberatende Landratskommission lehnt die nach der
Handschlag-Affäre beantragte Verfassungsänderung ab. Die Justiz- und
Sicherheitskommission hat die Verfassungsänderung mit 5 zu 0 Stimmen bei 8
Enthaltungen verworfen, wie dem am Mittwoch erschienenen Kommissionsbericht zu
entnehmen ist. In der Diskussion seien Zweifel angebracht worden, ob ein solch
allgemeiner Paragraph tatsächlich die gewünschte Wirkung entfalten könne.
Zudem wurden Bedenken
geäussert, dass ein Abstimmungskampf zu einer solchen Bestimmung sehr emotional
ausfallen könnte. Auch die Bildungs-, Kultur- und Sportkommission hatte in
ihrem Mitbericht zur Vorlage die Frage aufgeworfen, ob die Änderung «notwendig
und angebracht» sei.
Mit den in der Landratsvorlage ebenfalls vorgesehenen Änderungen
des kantonalen Bildungsgesetzes würden die angestrebten Ziele genügend und
griffig erfüllt, heisst es im Bericht weiter. Das Eintreten auf diese Gesetzesänderungen
war in der Kommission indes ebenfalls bestritten.
Meldungspflicht bei
Integrationsproblemen
Die Vorlage sieht insbesondere eine Meldepflicht bei schweren
Integrationsproblemen vor. Diese will die Regierung analog der Meldepflicht bei
Kindswohlgefährdungen einführen.
Gemeldet werden sollen «wesentliche Probleme»: Die Vorlage nennt
etwa eine Verweigerung der Teilnahme oder eine massive Störung des Unterrichts,
eine respektlose Behandlung insbesondere von weiblichen Lehr- und
Respektspersonen sowie von Schülerinnen oder konkrete Anzeichen einer
Radikalisierung.
Eine Meldung an das Amt für Migration soll erst dann erfolgen,
wenn «die zumutbaren pädagogischen Bemühungen erfolglos geblieben sind», wie
die Justiz- und Sicherheitskommission ergänzte. Im Weiteren soll eine Achtung
der «Werte einer freiheitlichen, gleichberechtigten und solidarischen
Gesellschaft» im Bildungsgesetz verankert werden.
Teilnahme an
Schulveranstaltungen
Im Gegensatz zur Regierung, die auf eine Pflicht zur Teilnahme
an Ritualen verzichten wollte, will die Kommission nun festschreiben, dass
neben Unterricht auch Schulveranstaltungen lückenlos besucht werden müssen.
Damit soll gemäss Bericht zum Ausdruck gebracht werden, dass der Besuch einer
lokalen, traditionellen Veranstaltung nicht aus religiösen Gründen verweigert
werden könne.
Im Gesetz festschreiben will die Kommission im Weiteren, dass
Schulleitungen für einen «diskriminierungsfreien Schulbetrieb» zu sorgen haben.
Mit diesem Passus soll gemäss Bericht auch eine Diskriminierung von
Minderheiten sanktioniert werden können. Für den Besuch besonderer Programme
ausserhalb des Unterrichts im Rahmen von Disziplinarmassnahmen sollen zudem
Kostenbeiträge erhoben werden können.
Reaktion auf
«Handschlag-Affäre»
Mit den vorgelegten Verfassungs- und den Gesetzesänderungen
hatte die Regierung auf überwiesene Vorstösse aus dem Landrat reagiert. Diese
waren in der Folge der sogenannten «Handschlag-Affäre» in Therwil eingereicht
worden, die im Frühjahr 2016 über die Landesgrenzen Schlagzeilen ausgelöst
hatte.
An der Sekundarschule Therwil hatte die Schulleitung zwei
muslimische Schüler zeitweise von der dort üblichen Handschlagpflicht
dispensiert. Die beiden hatten ihrer Lehrerin aus religiösen Gründen den
Handschlag verweigert. Nachdem dies jedoch publik geworden war, wurde die
Dispens aufgehoben.
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