Der Erfinder der Pisa-Studie stellt der Schweiz kein gutes Zeugnis aus.
Zumindest nicht, wenn es um die Chancen für Kinder mit Migrationshintergrund
geht. «Ich erwarte deutlich mehr von der Schweiz», sagt der Deutsche Andreas
Schleicher, Bildungsdirektor der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung
und Zusammenarbeit (OECD).
Der Einfluss des sozialen Hintergrunds auf die Leistung sei hierzulande
sehr gross. Kinder aus ärmeren Verhältnissen hätten oft mehr Mühe in den
Klassen. «Den Schulen gelingt es nicht, die Nachteile auszugleichen», sagt er.
Andere Länder seien darin deutlich besser.
Brisante Idee: Hausaufgabenverbot für Primarschüler, Basellandschaftliche Zeitung, 6.4. von Yannick Nock
Seit Jahren steigt der
Anteil Kinder und Jugendlicher mit Migrationshintergrund in den Klassenzimmern. Dazu
beigetragen haben die wachsenden Schülerzahlen und die Zuwanderung. Das führt
zu Problemen, denn die Zusammensetzung einer Klasse beeinflusst die Leistung
der Kinder. Einige Schüler leiden unter dem hohen Anteil von Migrantenkindern.
Betroffen sind allerdings nicht die Leistungsstarken, sondern die
-schwachen. Der Bildungsökonom des Bundes, Stefan Wolter, bringt deshalb eine
Quote für Kinder ins Spiel, die bei der Einschulung schlecht Deutsch sprechen.
Eine von Wolter durchgeführte Studie beziffert die Schwierigkeiten:
Bereits bei einem Migrantenanteil von 20 Prozent in einer Klasse nimmt die
Leistung von fremdsprachigen Kindern ab. Ab 50 Prozent werde es sogar kritisch.
Eine Quote käme also vor allem den Migrantenkindern zugute, sagt er.
Doch die Idee ist umstritten. In der Vergangenheit gab es bereits
ähnliche Vorstösse. Am weitesten war Basel. 2013 wollten Politiker von links
bis rechts eine Mindestquote für Deutsch sprechende Schüler einführen. Ein
Argument war, dadurch Getto-Schulen zu vermeiden. Weitere Kantone diskutierten
die Idee, doch umgesetzt wurde sie nicht. Denn um eine Quote garantieren zu
können, müssten in städtischen Gebieten Hunderte Kinder in andere Schulen gefahren
werden.
In der Agglomeration ist die Klassenzusammensetzung eine komplett andere
als auf dem Land. Während es in Zürich Dutzende Schulen gibt, in denen 70
Prozent der Kinder fremdsprachig sind, bilden sich auf dem Land ganze Klassen
ohne einen Schüler mit Migrationshintergrund.
Bildungsforscher Wolter hält deshalb eine andere Lösung für
realisierbar: ein Hausaufgabenverbot in den ersten vier Primarjahren.
Profitieren würden Schüler, deren Eltern Mühe mit der Sprache hätten und
deshalb nicht helfen können. Auch eine OECD-Studie kommt zum Schluss, dass
Jugendliche mit Migrationshintergrund deutlich mehr Mühe mit den Hausaufgaben
hätten.
Wolter spricht sich deshalb für spezielle Lektionen nach Schulschluss
aus, in denen Kinder die Hilfe eines Lehrers anfordern können. So würde sich
die Leistungslücke in den ersten Jahren schliessen, statt sich zu vergrössern,
ist Wolter überzeugt.
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