18. Juli 2017

Zürich ersetzt Altersentlastung mit zusätzlichen Ferien

Der Kanton hat die Altersentlastung für Lehrer über 57 Jahre zugunsten zusätzlicher Ferien gestrichen. Das hat zur Folge, dass Schulen mit älteren Lehrkräften im nächsten Schuljahr weniger Arbeitszeit zur Verfügung haben.

Ältere Lehrer-Teams benachteiligt, Landbote, 10.7. von Mirjam Fonti

Ab August müssen Lehrerinnen und Lehrer im Kanton Zürich, die älter als 57 Jahre sind, für den gleichen Lohn zwei Wochenlektionen mehr unterrichten. Bislang profitierten sie von einer altersbedingten Pensenreduktion. Weil sie wegfällt, erhalten sie im Gegenzug ab 50 Jahren eine, ab 60 Jahren zwei zusätzliche Ferienwochen. Die altersbedingte Pensenreduktion war grosszügiger als der neue Ferienanspruch. Weil beide Leistungen von der Stadt bezahlt werden, spart sie dank der Umstellung rund 2,8 Millionen Franken. Lehrkräfte haben gewöhnlich Anrecht auf vier Wochen Ferien, die sie in den Schulferien beziehen können. Während der übrigen Schulferienzeit bereiten sie sich vor oder erledigen administrative Arbeiten. Der Unterricht ist durch die Zusatzferien der älteren Lehrer also nicht tangiert. Doch die entlasteten Lehrpersonen übernehmen weniger so genannte schulische Aufgaben. Gemäss einer betroffenen Lehrerin bedeutet dies, dass «Sonderjöbli», wie etwa das Vorbereiten einer Projektwoche oder das Erarbeiten neuer Leitbild-Ideen, eher an anderen Teammitgliedern hängen bleiben.

Die andern Lehrer werden für den Mehraufwand aber nicht bezahlt. Gibt es in einem Schulhaus viele ältere Lehrpersonen, kann der Zusatzaufwand für ein Team zu einer Belastung werden.

Der Verband der Schulleiterinnen und Schulleiter Zürich kritisiert diese Regelung. Es sei schwierig, dass das «Unternehmen Schule» weniger Arbeitszeit zur Verfügung habe, je mehr ältere Lehrpersonen man in einem Team habe, sagt Präsidentin Sarah Knüsel.

Ausgleich freiwillig
Der Kantons war sich dieses Problems bewusst. In der Lehrpersonalverordnung heisst es deshalb, die Gemeinden könnten «zusätzlichen Mittelbedarf aufgrund des erhöhten Ferienanspruchs mit kommunalen Mitteln ausgleichen». Wohl gemerkt ist dies freiwillig — jede Gemeinde entscheidet selber, ob sie das Ungleichgewicht beibehält oder nicht.
Winterthur wird diesen Ausgleich im kommenden Schuljahr nicht schaffen — oder zumindest noch nicht. Die Zentralschulpflege hat zwar beschlossen, 900 000 Franken zu beantragen, damit andere Lehrpersonen ihr Pensum erhöhen und zusätzliche Aufgaben von den älteren Lehrern übernehmen können. Weil es sich bei der Kompensation aber um eine freiwillige Leistung der Gemeinde handelt, braucht es laut Zentralschulpflege zuerst einen Kreditantrag an den Grossen Gemeinderat und eine Volksabstimmung. Ein solche ist ab wiederkehrenden Ausgaben von über 500 000 Franken nötig. Aufgrund der «Dauer des politschen Entscheidungsprozesses» könne die Kompensation frühestens im Schuljahr 18/19 gewährt werden, schreibt die Behörde in ihrem Antrag. Die Stadt Zürich hat sich für dieselbe Kompensationregelung entschieden wie Winterthur, allerdings greift sie in der Kantonshauptstadt schon ab dem nächsten Schuljahr.

Winterthur hat für die Übergangszeit, also das kommende Schuljahr, eine Härtefall-Regelung formuliert: Gibt es in einem Team ausserordentlich viele Personen mit höherem Ferienanspruch, kann die Schulleitung in Rücksprache mit dem Kreisschulpflege-Präsidenten einen Antrag für zusätzliche Stellen an die Zentralschulpflege stellen.

Entlastung für sieben Schulen
Gemäss Stadtrat Stefan Fritschi (FDP), der bis vor kurzem für die Schule zuständig war, wollten 16 Schulen in Winterthur von der Härtefallregelung profitieren. Die Zentralschulpflege hat schliesslich sieben Schulen zusätzliche Pensen gewährt. Die Kosten dafür betragen 84 000 Franken. Die restlichen neun Schulen müssen im nächsten Schuljahr selber schauen, wie sie über die Runden kommen. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen