Auch
während der Schulferien müssen Lehrerinnen und Lehrer arbeiten. Beat W. Zemp,
Zentralpräsident des Dachverbands der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, nimmt
Stellung zu Arbeits- und Präsenzzeiten.
BaZ: Herr Zemp, was macht ein Lehrer
eigentlich während der Schulferien?
Beat W.
Zemp: Zunächst bezieht er natürlich seine normalen Ferien, die ihm zustehen.
Das sind je nach Alter vier bis sechs Wochen im Jahr. Während des Rests der
Schulferien arbeitet ein Lehrer im Schnitt 15 Stunden pro Woche, wobei dann
auch ein Teil der 50-Stunden-Wochen während des Unterrichts kompensiert wird.
Mehrere Studien beweisen, dass ein Lehrer pro Jahr durchschnittlich drei Wochen
mehr arbeitet, als er müsste. Am Anfang des neuen Schuljahrs geht diese
Überzeit dann einfach verloren.
Wofür
wird die Arbeitszeit konkret genutzt?
Es ist
ein buntes Potpourri von Aufgaben, die erledigt werden müssen. Man muss sich
in neue Lehrmittel einarbeiten, neue Erkenntnisse in den Unterricht
integrieren und die langfristige Planung des Unterrichts erstellen. Als Mittelschullehrer
habe ich in den Sommerferien jeweils die neuen Aufgaben für die
Maturitätsprüfungen in Mathematik erstellt. Pro Aufgabe braucht man zwei bis
drei Arbeitstage.
Bereitet
sich jeder Lehrer tatsächlich immer so vor?
Das ist
je nach Stufe und Fach sehr verschieden. Wenn die Voraussetzungen gleich
bleiben, ist es durchaus legitim, dass man den gleichen Schulstoff mehr als
einmal verwendet. Wie schon erwähnt, ist es ja nicht so, dass die Lehrer auf
zusätzliche Arbeitsstunden in den Schulferien angewiesen sind, um auf ihr
Arbeitssoll zu kommen.
Öffnen
solche Arbeitszeiten nicht Tür und Tor für schwarze Schafe, die sich nicht
vorbereiten und 13 Ferienwochen im Jahr geniessen?
Ich
kenne keine Lehrperson, die 13 Wochen Ferien machen kann. Es gibt aber in
jedem Berufsfeld schwarze Schafe, die einen ganzen Berufsstand in Verruf
bringen können. Die Jahresarbeitszeit einer Lehrperson wird heute ausserhalb
des eigentlichen Unterrichts genau erfasst.
Mehrere
Kantone regeln die Präsenzzeiten der Lehrer während der Schulferien. In Basel
sind die Lehrer dazu verpflichtet, die letzten ein bis zwei Tage vor dem neuen
Schuljahr anwesend zu sein. Was halten Sie von dieser Massnahme?
Das ist
eine rein organisatorische Massnahme, um notwendige Absprachen im Kollegium zu
erleichtern. Viele arbeiten heute ja Teilzeit. Wenn die Kantone aber die
Präsenzzeiten für Lehrpersonen im Schulhaus ausweiten wollen, dann müssen sie
auch gut ausgerüstete Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Das würde Millionen
kosten.
Ist
dieser Trend ein Zeichen von Misstrauen der Kantone gegenüber der eigenen
Lehrerschaft?
Nein.
Es braucht heute einfach mehr Absprachen in den Teams, damit das neue Schuljahr
und der Klassenunterricht zielführend geplant werden können. Mit einem
verbindlichen Termin für alle ist diese Absprache einfacher.
"Kein Lehrer hat 13 Wochen Ferien", Basler Zeitung, 15.7. von Sebastian Dürst
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen