Bei den
Kantonen verbreitet sich aber eine Massnahme ganz anderer Art. Wie eine Umfrage
der BaZ zeigt, ermöglichen gleich mehrere Kantone den Schulleitungen, ihre
Lehrerinnen und Lehrer in den Ferien bis zu zehn Tage ins Schulhaus zu
beordern. Das Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt regelt die
Präsenzzeit der Lehrer in diesen Sommerferien das erste Mal einheitlich für
alle Schulen: Ein bis zwei Tage in der letzten Sommerferienwoche müssen die
Lehrer im Schulhaus verbringen. Anders im Kanton Baselland. «Ob und in welcher
Form allfällige Präsenzzeiten festgelegt werden, liegt in der Verantwortung
der teilautonom geleiteten Schulen», erklärt Bildungsdirektor Urs
Wüthrich-Pelloli (SP). Negative Erfahrungen habe man mit dieser Regelung
bisher keine gemacht.
An bis
zu zehn Schulferientagen dürfen die Anstellungsbehörden im Kanton Aargau die
Lehrer aufbieten. Von 2007 bis 2010 waren es auch im Kanton Bern maximal zehn
Tage, an denen die Lehrer in die Schule beordert werden konnten. Dann wurden
die Vorgaben auf fünf Tage reduziert – nach massivem Widerstand der
Lehrer. In Zürich sind die Präsenzzeiten auf kantonaler Ebene noch nicht
geregelt. «Mit dem neuen Berufsauftrag für die Lehrer, der zurzeit im
Kantonsrat behandelt wird, ist eine Regelung mit einer maximalen Anzahl Tage
in naher Zukunft wahrscheinlich», erklärt Martin Wendelspiess, Leiter des
Zürcher Volksschulamts.
Basel-Stadt ist einer der wenigen Kantone, die das «Nachsitzen»
strikt anordnen. «Die Lehrer müssen sich in den Ferien ohnehin treffen, um das
neue Schuljahr zu planen. Eine zentrale Regelung macht dieses Treffen einfacher
und besser planbar», erklärt Thomas Bärlocher, Bereichspersonalleiter Bildung
beim Erziehungsdepartement, die Gründe für das Obligatorium. Die Reaktionen der
Lehrerschaft auf diesen Erlass seien «unterschiedlich» gewesen.
Von
Lehrerseite tönt es anders: Die Basler Lehrer haben sich einstimmig gegen die
neue Regelung gestellt, wie ein Informationsblatt der Freiwilligen Schulsynode
Basel-Stadt (FSS) zeigt. Vorerst wolle man aber «keine in der Öffentlichkeit
sichtbaren gewerkschaftlichen Massnahmen dagegen» unternehmen, heisst es
weiter. Der Grund für die Zurückhaltung: «Wir haben das heikle Thema im
Vorstand intensiv diskutiert, sind aber zum Schluss gekommen, dass weder die
Bevölkerung noch die Politik im Moment besonders lehrerfreundlich gesinnt sind.
Eine öffentliche Aktion würde also nichts bringen», erklärt
FSS-Vizepräsidentin Dorothee Miyoshi.
Es liege durchaus auch im Interesse der FSS, dass sich die Lehrer
vor dem Schulstart träfen, meint Miyoshi. Eine zentrale Lösung verunmögliche
aber kreative Lösungen, wie sie bis jetzt angewandt worden seien. Wieso der
Kanton eine solche Lösung eingeführt hat, kann Miyoshi nicht sagen: «Der Kanton
und die Schulleitungen schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu.»
Ob das
Vertrauensverhältnis zwischen den Lehrern auf der einen und den Schulleitungen
und dem Kanton auf der anderen Seite gestört sei, will die FSS-Vizepräsidentin
nicht kommentieren. Wichtig sei es nun, aktiv in das Vertrauen zu investieren.
Denn: «Wenn die Lehrer kein Vertrauen mehr spüren, beginnen sie mit einer
exakten Arbeitszeitbuchhaltung. Und dies würde für den Kanton kontraproduktive
Resultate liefern», sagt Miyoshi. Darum wolle man vorerst abwarten, wie sich
die Situation entwickle, und weiterhin mit den Schulleitungen und dem
Erziehungsdepartement in Verhandlungen bleiben.
Lehrer müssen nachsitzen (gekürzt), Basler Zeitung, 15.7. von Sebastian Dürst
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