15. Juli 2013

Arbeitszwang während den Ferien

Immer mehr Kantone legen fest, dass Lehrer während der Ferien zu Präsenz im Schulhaus verpflichtet sind. In Basel-Stadt gilt ab in diesen Sommerferien erstmals, dass ein bis zwei Tage in der letzten Sommerferienwoche im Schulhaus verbracht werden müssen.
Bei den Kantonen verbreitet sich aber eine Massnahme ganz anderer Art. Wie eine Umfrage der BaZ zeigt, er­möglichen gleich mehrere Kantone den Schulleitungen, ihre Lehrerinnen und Lehrer in den Ferien bis zu zehn Tage ins Schulhaus zu beordern. Das Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt regelt die Präsenzzeit der Lehrer in diesen Sommerferien das erste Mal einheitlich für alle Schulen: Ein bis zwei Tage in der letzten Sommerferienwoche müssen die Lehrer im Schulhaus verbringen. Anders im Kanton Baselland. «Ob und in welcher Form allfällige ­Präsenzzeiten festgelegt werden, liegt in der Verantwortung der teilautonom geleiteten Schulen», erklärt Bildungs­direktor Urs Wüthrich-Pelloli (SP). ­Negative Erfahrungen habe man mit dieser Regelung bisher keine gemacht.
An bis zu zehn Schulferientagen dürfen die Anstellungsbehörden im Kanton Aargau die Lehrer aufbieten. Von 2007 bis 2010 waren es auch im Kanton Bern maximal zehn Tage, an denen die Lehrer in die Schule beordert werden konnten. Dann wurden die Vorgaben auf fünf Tage reduziert – nach massivem Widerstand der Lehrer. In Zürich sind die Präsenzzeiten auf ­kantonaler Ebene noch nicht geregelt. «Mit dem neuen Berufsauftrag für die Lehrer, der zurzeit im Kantonsrat ­behandelt wird, ist eine Regelung mit einer maximalen Anzahl Tage in naher Zukunft wahrscheinlich», erklärt Martin Wendelspiess, Leiter des Zürcher Volksschulamts.
Basel-Stadt ist einer der wenigen Kantone, die das «Nachsitzen» strikt ­anordnen. «Die Lehrer müssen sich in den Ferien ohnehin treffen, um das neue Schuljahr zu planen. Eine zentrale Regelung macht dieses Treffen ein­facher und besser planbar», erklärt Thomas Bärlocher, Bereichspersonalleiter Bildung beim Erziehungsdepartement, die Gründe für das Obligatorium. Die Reaktionen der Lehrerschaft auf diesen Erlass seien «unterschiedlich» gewesen.
Von Lehrerseite tönt es anders: Die Basler Lehrer haben sich einstimmig ­gegen die neue Regelung gestellt, wie ein Informationsblatt der Freiwilligen Schulsynode Basel-Stadt (FSS) zeigt. Vorerst wolle man aber «keine in der Öffentlichkeit sichtbaren gewerkschaftlichen Massnahmen dagegen» unternehmen, heisst es weiter. Der Grund für die Zurückhaltung: «Wir haben das heikle Thema im Vorstand intensiv diskutiert, sind aber zum Schluss gekommen, dass weder die Bevölkerung noch die Politik im Moment besonders lehrerfreundlich gesinnt sind. Eine öffentliche Aktion ­würde also nichts bringen», erklärt FSS-Vizepräsidentin Dorothee Miyoshi.
Es liege durchaus auch im Interesse der FSS, dass sich die Lehrer vor dem Schulstart träfen, meint Miyoshi. Eine zentrale Lösung verunmögliche aber kreative Lösungen, wie sie bis jetzt angewandt worden seien. Wieso der Kanton eine solche Lösung eingeführt hat, kann Miyoshi nicht sagen: «Der Kanton und die Schulleitungen schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu.»
Ob das Vertrauensverhältnis zwischen den Lehrern auf der einen und den Schulleitungen und dem Kanton auf der anderen Seite gestört sei, will die FSS-Vizepräsidentin nicht kommentieren. Wichtig sei es nun, aktiv in das Vertrauen zu investieren. Denn: «Wenn die Lehrer kein Vertrauen mehr spüren, beginnen sie mit einer exakten Arbeitszeitbuchhaltung. Und dies würde für den Kanton kontraproduktive Resultate liefern», sagt Miyoshi. Darum wolle man vorerst abwarten, wie sich die ­Situation entwickle, und weiterhin mit den Schulleitungen und dem Erziehungsdepartement in Verhandlungen bleiben. 
Lehrer müssen nachsitzen (gekürzt), Basler Zeitung, 15.7. von Sebastian Dürst 


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