5. April 2018

Basel füllt die Gymnasien auf

Über 40 Prozent der Neuntklässler dürften im Sommer in ein Basler Gymnasium eintreten. Ein Gym-Lehrer vermutet sogar noch höhere Zahlen.
Quelle: Basellandschaftliche Zeitung
Wie konnte das passieren: Geht in Basel bald jeder Zweite ans Gymi? Basellandschaftliche Zeitung, 5.4. von Samuel Hufschmid


Noch sind die erwarteten Schülerzahlen der Basler Gymnasien fürs kommende Schuljahr ein gutgehütetes Geheimnis des Erziehungsdepartements (ED). Doch die Hinweise mehren sich: Die Gymnasiasten-Quote könnte in diesem Schuljahr die 40-Prozent-Hürde knacken. Zum Vergleich: Schweizweit gehen 20,8 Prozent der Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs ans Gym, in Basel-Stadt waren es im vergangenen Jahr 36 Prozent.
Mit der Umstellung auf sechs Primar- und drei Sekundarjahre vor dem Übertritt ans Gymnasium wollte Basel-Stadt diese für die Deutschschweiz rekordhohe Quote senken. Doch nun zeigt sich: Die Umstellung dürfte eher noch eine Erhöhung bringen, denn so viele Wege wie noch nie führen zu einer Gym-Zulassung. Selbst wer im Herbstsemester ungenügende Noten schreibt und im Winter durch die freiwillige Aufnahmeprüfung fällt, kann den Zugang noch schaffen – mit einem genügenden Zeugnis im Sommer. Dies bestätigt ED-Sprecher Simon Thiriet.

Gym trotz ungenügendem Zeugnis

Wenn also ein einziges genügendes Zeugnis im Abschlussjahr reicht, um vom höchsten Sek-Niveau ans Gymnasium zu wechseln, dann müsste die Selektion bereits bei der Einteilung in die Sekundarschul-Niveaus geschehen. Dies war auch die Absicht bei der Umstellung auf das neue Schulsystem. Doch die Schülerzahlen zeigen: Fast die Hälfte aller Primarschüler werden ins höchste Niveau P eingeteilt; im laufenden Schuljahr waren es 44 Prozent, im Vorjahr sogar 47 Prozent. Und selbst vom zweithöchsten Niveau E aus ist ein direkter Übertritt ans Gym möglich – mit einem Notenschnitt von 5,0.

Das Statistische Amt Basel-Stadt geht denn auch von wachsenden Schülerzahlen an den Basler Gymnasien aus. Fürs nächste Schuljahr werden 2189 Gymnasiasten prognostiziert, was ein Plus von 1,3 Prozent bedeutet. Für 2022 – jenes Jahr, in dem erstmals nur Sek-Schüler an den Gymnasien sind – werden 2498 Schülerinnen und Schüler erwartet. Und dies, obwohl die Umstellungen des Schulsystems noch nicht in die Prognose-Modelle eingearbeitet worden seien, wie das Statistische Amt auf Anfrage schreibt. Sprich: Der Anstieg der Gymnasiasten-Zahlen dürfte in den Prognosen eher noch zu tief ausfallen, da die hohen Sek-P-Schülerzahlen noch nicht berücksichtig werden.
Unerwartet hohe Schülerzahlen im Sek-P-Niveau, ein Wachstum prognostizierendes Statistik-Amt sowie mehrfache Übertrittsmöglichkeiten ans Gymnasium: Diese Faktoren beschäftigen auch die Lehrpersonen. Ein Basler Gymlehrer, der anonym bleiben möchte, hat sich bei der bz gemeldet und sagt sogar noch höhere Gymnasiastenzahlen voraus: «Diesen Sommer werden gegen 50 Prozent aller Jugendlichen ans Gym gehen. Und niemand kann sich erklären, wie das passieren konnte.»

Dazu komme, dass bis zuletzt unklar sei, wie viele tatsächlich ab August 2018 im Klassenzimmer Platz nehmen werden. Der Grund dafür ist die bereits beschriebene Neuerung, dass bei einzelnen Schülern erst mit dem Abschlusszeugnis im Sommer klar wird, ob es für den Übertritt reicht.

Diese Problematik ist auch ED-Sprecher Thiriet bekannt. Mit dem alten System sei bereits im März klar gewesen, wer ans Gymnasium wechsle, weil in der Orientierungsschule nur das Winter-Zeugnis entscheidend gewesen sei. «Ganz allgemein handelt es sich bei diesen ‹Ungewissheiten› um einen Ablauf, der für alle Beteiligten eine grosse Herausforderung darstellt. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir dies schon im ersten Jahr meistern können.»

Erste Erfahrungswerte gebe es vom Wechsel von Primar- zu Sekundarschule, bei dem auch bis zuletzt unklar sei, in welches Niveau ein Schüler wechsle. Zudem stehe Basel-Stadt im Austausch mit den verantwortlichen Behörden in Baselland, wo der Wechsel von Sekundarschule ans Gymnasium schon seit eh und je so stattfinde.


1 Kommentar: