6. März 2018

Zukunft der Bildung

Maschinen werden immer intelligenter. Laut Kassandrarufen aus der deutschen IT-Branche werden bei unserem nördlichen Nachbarn bis 2023 über 10 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Stellen der Digitalisierung zum Opfer fallen. Laut WEF werden 65 Prozent aller heutigen Grundschüler im Jahr 2025 einen Beruf ausüben, den es noch nicht gibt. Wissenschafter aus Oxford, die die Zukunft der Arbeit erforschen, sagen voraus, dass rund 47 Prozent der Stellen in den USA durch die Digitalisierung gefährdet sind.
Die Zukunft der Bildung ist personalisiert, NZZ, 6.3. von Maximilian Martin


Ob dies letztlich mehr Arbeitsplätze schafft, als es vernichtet, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Klar ist schon jetzt, dass es den Arbeitsmarkt umwälzt. Lernfähigkeit gewinnt an Bedeutung. Neue Berufe an der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine werden zur Normalität. Personalisierte Bildung für alle wird zur notwendigen Bedingung für sozialen Frieden und Wohlstand. Um dies zu erreichen, müssen wir Kapitalmärkte zum Wohl der Gesellschaft nutzen und kreativ sein.

Lange elektronische Lieferketten sind Teil des Phänomens. Für Menschen in den Schwellenländern stellen sie eine Verbindung mit der Weltwirtschaft her und tragen so zu einer dramatischen Steigerung von Einkommen und Kaufkraft bei. Das dänische Startup-Unternehmen CodersTrust zeigt, wie Impact-Investments einen Beitrag leisten. Dessen Integration von Fin-, Ed- und Worktech bietet jungen Menschen in Bangladesh, Indien und Kenya die Möglichkeit, sich als Freiberufler am Arbeitsmarkt zu behaupten. Mit den erlernten IT-Fähigkeiten können sie jederzeit im Online-IT-Markt ihren Lebensunterhalt verdienen. Von dieser unternehmerischen Energie in Schwellenländern können wir jede Menge lernen. Herausforderungen im Bildungswesen sind dort allgegenwärtig. Die Entwicklung neuer Modelle ist Routine. Der technologische Fortschritt schafft neue Möglichkeiten; Philanthropie und Impact-Investments sind prädestiniert fürs Ausprobieren neuer unternehmerischer Ansätze. Impact-Investing bringt neben Kapitaldisziplin den zur Entwicklung neuartiger Lösungen erforderlichen längeren Anlagehorizont und die Risikotoleranz mit.

Wenn Philanthropie ins Spiel kommt, werden kühne Vorstösse möglich. Der einzige Weg, um einige der grossen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern, ist eine Kombination aus philanthropischen Mitteln und Anlagekapital, mit denen transformative neue Lösungen erst als Pilotprojekt getestet und eingeführt werden. Ein Beispiel ist der anhaltende Konflikt in Syrien mit über 11 Millionen Vertriebenen. Vor dem Krieg waren 25 Prozent aller Syrer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren an einer Hochschule eingeschrieben. Diese Zahl ist mittlerweile auf unter 10 Prozent gefallen. Die University of the People schätzt, dass über 100 000 qualifizierte syrische Studierende derzeit keine Gelegenheit haben, ihr Hochschulstudium zu absolvieren. Wer aber wird ihr Land wieder mit aufbauen, wenn nicht sie? Um die Schranken zwischen vertriebenen Studierenden und Hochschulbildung zu überwinden, ist Online-Bildung der einfachste Weg.

Erfahrungen aus den rund 70 seit 2010 lancierten Social-Impact-Bonds zeigen, dass erhebliches Potenzial in der Bereitstellung webbasierter, kostengünstiger und hochwertiger Online-Studienabschlüsse für Zehntausende syrische Flüchtlinge durch öffentlich-private Pay-for-Success-Partnerschaften besteht. Gemeinsam können funktionierende Kapitalmärkte, Impact-Investing und philanthropisches Kapital den Nährboden zur Personalisierung der Bildung für alle im Zeitalter der künstlichen Intelligenz schaffen. Angesichts der anstehenden Umbrüche müssen wir hier erfolgreich sein. Menschen stimmen mit ihren Füssen ab. Nicht jedes Kind kann einen Arbeitsplatz als Drohnenmechaniker finden. Die Zukunft der Bildung heisst Impact und ist personalisiert.

Maximilian Martin ist Global Head of Philanthropy bei Lombard Odier.


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