Vor
fast genau drei Jahren hat der Bündner Grosse Rat im Einklang mit der Regierung
beschlossen, dass die Fremdspracheninitiative ungültig sei. Die Gerichte sahen
das anders und gaben den Initianten recht – im Juni diskutiert der Bündner
Grosse Rat die Fremdspracheninitiative deshalb ein zweites Mal, bevor die
Stimmberechtigten an der Urne das letzte Wort haben. Es geht jetzt aber nicht
mehr um die letztlich juristische Spitzfindigkeit, ob die Initiative in
offensichtlichem Widerspruch zum übergeordneten Recht stehe. Sondern es geht
darum, wie sehr der Kanton am austarierten System der Mehrsprachigkeit an den
Bündner Volksschulen herumschrauben will, um im Gegenzug schwächere Schüler zu
entlasten, die in der Primarstufe nur eine Fremdsprache lernen müssten statt
zwei.
Diskutieren - und dann ablehnen, Südostschweiz, 22.3. Kommentar von Reto Furter
Und es geht darum, dass dies nicht gratis zu haben sein wird.Vielmehr
kommen auf den Kanton und auf die Gemeinden und Schulträgerschaften sehr hohe
Kosten und sehr grosse Probleme zu. Gewiss, das Wohl der Schulkinder ist
wichtig – das sage ich nicht zuletzt als Vater. Zwar wird man leistungsschwache
Schüler von der zweiten obligatorischen Fremdsprache befreien können – aber
dies ist dann im Zeugnis vermerkt und kann nachteilig sein, wenn es etwa darum
geht, eine Lehrstelle zu finden. Wie viele Kinder Mühe haben mit den beiden
Fremdsprachen in der Primarschule, wird sich zeigen.Voreilig unterschätzen
sollte man die Kinder nicht. Umso stärker muss der soziale Frieden im Kanton
gewichtet werden. Setzt man in deutschsprachigen Teilen zukünftig auf Englisch,
lässt man die Romanen und Italienischbündner, für die Deutsch überlebenswichtig
ist, im Regen stehen. Das ist die Diskussion, die jetzt geführt werden muss.
Sie wird zeigen, ob die Dreisprachigkeit noch lebendiges Kulturgut ist. Oder
schon toter Buchstabe.
Welch abstruse Gegenüberstellung: Kindswohl oder sozialer Friede. Ausserdem scheint der Journalist gar nicht zu wissen, worum es geht: "Zwar wird man leistungsschwache Schüler von der zweiten obligatorischen Fremdsprache befreien können – aber dies ist dann im Zeugnis vermerkt und kann nachteilig sein, wenn es etwa darum geht, eine Lehrstelle zu finden." - Die Fremdspracheninitiative schafft keine Sprachen ab. Und die Befürchtung, man könnte Nachteile in der Berufswahl haben, wenn man in der Primar kein Italienisch hatte, ist ebenso abstrus, wie das Abwägen von Kindswohl und dem Sprachenfrieden.
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