Es war
zu erwarten: Die Bündner Regierung will weiterhin nichts davon wissen, dass an
den Primarschulen im Kanton künftig nur noch eine Fremdsprache obligatorisch
unterrichtet wird – und dass es sich dabei zwingend um Englisch oder Deutsch
handeln muss. Genau das nämlich fordern die Urheberinnen und Urheber der
Fremdspracheninitiative. Diese soll der Grosse Rat nach dem Willen der
Regierung im Juni zur Ablehnung empfehlen.
Die nächste klare Abfuhr für die Fremdspracheninitiative, Südostschweiz, 22.3. von Oliver Berger
Zähes Ringen um Abstimmung
Der
entsprechende Antrag der Regierung in der nun vorliegenden Botschaft ans
Parlament kommt nicht sonderlich überraschend. Im November 2014, rund ein Jahr
nach der Einreichung, beantragte die Regierung, dass der Grosse Rat die
Initiative für ungültig erklären sollte. Das Kantonsparlament war offenbar
gleicher Meinung; die Ungültigerklärung erfolgte im April 2015 mit 82:34
Stimmen.
Die
Initianten zogen den Entscheid des Grossen Rates ans Verwaltungsgericht
Graubünden weiter. Dieses kam im März 2016 zu einem anderen Schluss als das
Parlament und erklärte die Initiative für gültig. Das wiederum liess der Kanton
nicht auf sich sitzen und gelangte ans Bundesgericht. Bloss weil dieses das
Volksbegehren vor knapp einem Jahr ebenfalls für gültig erklärte, kommt es nun
vors Bündner Stimmvolk.
«Zu ungerecht»
Bei der
ersten Behandlung im Grossen Rat vor knapp drei Jahren hatte die Regierung noch
den Standpunkt vertreten, die Fremdspracheninitiative verstosse «offensichtlich
gegen übergeordnetes Recht». Nachdem diese Zweifel inzwischen gerichtlich
ausgeräumt sind, pocht die Regierung auf andere Gründe für eine Ablehnung des
Begehrens.
Dabei
argumentiert die Regierung vor allem mit der Gleichbehandlung aller drei
Bündner Sprachregionen. Mit dem heutigen Modell – ab der dritten Klasse wird
eine der Kantonssprachen gelernt, ab der fünften Klasse Englisch – würden diese
seit dem Jahr 2008 «weitestgehend gleich behandelt», schreibt die Regierung in
ihrer Botschaft.
Bei
einer Annahme der Initiative wäre dies nach Auffassung der Regierung nicht mehr
der Fall. Dann nämlich würde der Englischunterricht in Romanisch und
Italienischbünden erst in der siebten Klasse beginnen. Das habe auch das
Verwaltungsgericht als Diskriminierung bezeichnet. Die zweite Fremdsprache als
Freifach anzubieten – wie das die Gerichte vorschlagen –, sei keine Lösung,
heisst es in der Botschaft weiter. «Als Folge davon gelangen Schülerinnen und
Schüler mit unterschiedlichem Wissensstand in der zweiten Fremdsprache in die
Oberstufe», schreibt die Regierung. Dort wiederum müssten dann mindestens zwei
verschiedene Niveaugruppen geführt werden.
«Zu bündnerisch»
Die
Regierung sorgt sich aber nicht nur um den innerkantonalen Sprachenfrieden, wie
sie in der Botschaft weiter festhält. Eine Annahme der Initiative würde es
ihrer Auffassung nach für Bündner Schülerinnen und Schüler auch schwieriger
machen, in andere Kantone zu wechseln.«Die mit der Fremdspracheninitiative
geforderte Abweichung vom heutigen Modell bringt neue Mobilitätshindernisse»,
heisst es dazu in der Botschaft.
In
diesem Zusammenhang verweist die Regierung auch auf die nur sehr mühselig
zustande gekommene Harmonisierung des Fremdsprachenunterrichts in der
Bundesverfassung. Sollte sich ein Kanton aktiv aus dieser Lösung verabschieden,
sei «ein Eingreifen des Bundes wahrscheinlich». Zudem seien in den vergangenen
Jahren in verschiedenen Kantonen Fremdspracheninitiativen mit gleicher
Stossrichtung wie in Graubünden vom Volk abgelehnt worden.
«Zu teuer, zu kompliziert»
Schliesslich
betont die Regierung, bei einer Annahme könne die Initiative «nur mit teuren
und komplizierten Massnahmen umgesetzt werden». Die bisherigen Bemühungen, in
allen Sprachregionen ab der fünften Klasse einen qualitativ hochstehenden
Englischunterricht sicherzustellen, würden sich in diesem Fall beispielsweise
als Fehlinvestitionen erweisen.
Aus all
diesen Gründen will die Regierung auch von einem Gegenvorschlag nichts wissen.
Ein solcher ändere nichts an der Ausgangslage.
"Die nächste klare Abfuhr für die Fremdspracheninitiative"? Ach ja, das Bündner Verwaltungsgericht stellte sich ja gegen Regierung und Grossen Rat. Und da war doch noch was - ach ja, da ist ja noch das Bundesgericht, das die Fremdspracheninitiative gegen den Willen der Regierung, des Grossen Rates, der Sprachenorganisationen und praktisch der gesamten Politikergilde verteidigte und zum Entsetzen dieser Kreise für gültig erklärte. Da dürfen die mit Bundesmitteln alimentierten Monopolmedien aus dem Hause Somedia natürlich nicht abseits stehen. Wäre ja noch schöner, wenn man diese ungeliebte Initiative nicht mit allen Mittel bodigen könnte.
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