22. März 2018

Bündner Regierung gegen Fremdspracheninitiative

Es war zu erwarten: Die Bündner Regierung will weiterhin nichts davon wissen, dass an den Primarschulen im Kanton künftig nur noch eine Fremdsprache obligatorisch unterrichtet wird – und dass es sich dabei zwingend um Englisch oder Deutsch handeln muss. Genau das nämlich fordern die Urheberinnen und Urheber der Fremdspracheninitiative. Diese soll der Grosse Rat nach dem Willen der Regierung im Juni zur Ablehnung empfehlen.
Die nächste klare Abfuhr für die Fremdspracheninitiative, Südostschweiz, 22.3. von Oliver Berger



Zähes Ringen um Abstimmung
Der entsprechende Antrag der Regierung in der nun vorliegenden Botschaft ans Parlament kommt nicht sonderlich überraschend. Im November 2014, rund ein Jahr nach der Einreichung, beantragte die Regierung, dass der Grosse Rat die Initiative für ungültig erklären sollte. Das Kantonsparlament war offenbar gleicher Meinung; die Ungültigerklärung erfolgte im April 2015 mit 82:34 Stimmen.

Die Initianten zogen den Entscheid des Grossen Rates ans Verwaltungsgericht Graubünden weiter. Dieses kam im März 2016 zu einem anderen Schluss als das Parlament und erklärte die Initiative für gültig. Das wiederum liess der Kanton nicht auf sich sitzen und gelangte ans Bundesgericht. Bloss weil dieses das Volksbegehren vor knapp einem Jahr ebenfalls für gültig erklärte, kommt es nun vors Bündner Stimmvolk.

«Zu ungerecht»
Bei der ersten Behandlung im Grossen Rat vor knapp drei Jahren hatte die Regierung noch den Standpunkt vertreten, die Fremdspracheninitiative verstosse «offensichtlich gegen übergeordnetes Recht». Nachdem diese Zweifel inzwischen gerichtlich ausgeräumt sind, pocht die Regierung auf andere Gründe für eine Ablehnung des Begehrens.

Dabei argumentiert die Regierung vor allem mit der Gleichbehandlung aller drei Bündner Sprachregionen. Mit dem heutigen Modell – ab der dritten Klasse wird eine der Kantonssprachen gelernt, ab der fünften Klasse Englisch – würden diese seit dem Jahr 2008 «weitestgehend gleich behandelt», schreibt die Regierung in ihrer Botschaft.

Bei einer Annahme der Initiative wäre dies nach Auffassung der Regierung nicht mehr der Fall. Dann nämlich würde der Englischunterricht in Romanisch­ und Italienischbünden erst in der siebten Klasse beginnen. Das habe auch das Verwaltungsgericht als Diskriminierung bezeichnet. Die zweite Fremdsprache als Freifach anzubieten – wie das die Gerichte vorschlagen –, sei keine Lösung, heisst es in der Botschaft weiter. «Als Folge davon gelangen Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichem Wissensstand in der zweiten Fremdsprache in die Oberstufe», schreibt die Regierung. Dort wiederum müssten dann mindestens zwei verschiedene Niveaugruppen geführt werden.

«Zu bündnerisch»
Die Regierung sorgt sich aber nicht nur um den innerkantonalen Sprachenfrieden, wie sie in der Botschaft weiter festhält. Eine Annahme der Initiative würde es ihrer Auffassung nach für Bündner Schülerinnen und Schüler auch schwieriger machen, in andere Kantone zu wechseln.«Die mit der Fremdspracheninitiative geforderte Abweichung vom heutigen Modell bringt neue Mobilitätshindernisse», heisst es dazu in der Botschaft.

In diesem Zusammenhang verweist die Regierung auch auf die nur sehr mühselig zustande gekommene Harmonisierung des Fremdsprachenunterrichts in der Bundesverfassung. Sollte sich ein Kanton aktiv aus dieser Lösung verabschieden, sei «ein Eingreifen des Bundes wahrscheinlich». Zudem seien in den vergangenen Jahren in verschiedenen Kantonen Fremdspracheninitiativen mit gleicher Stossrichtung wie in Graubünden vom Volk abgelehnt worden.

«Zu teuer, zu kompliziert»
Schliesslich betont die Regierung, bei einer Annahme könne die Initiative «nur mit teuren und komplizierten Massnahmen umgesetzt werden». Die bisherigen Bemühungen, in allen Sprachregionen ab der fünften Klasse einen qualitativ hochstehenden Englischunterricht sicherzustellen, würden sich in diesem Fall beispielsweise als Fehlinvestitionen erweisen.


Aus all diesen Gründen will die Regierung auch von einem Gegenvorschlag nichts wissen. Ein solcher ändere nichts an der Ausgangslage.

1 Kommentar:

  1. "Die nächste klare Abfuhr für die Fremdspracheninitiative"? Ach ja, das Bündner Verwaltungsgericht stellte sich ja gegen Regierung und Grossen Rat. Und da war doch noch was - ach ja, da ist ja noch das Bundesgericht, das die Fremdspracheninitiative gegen den Willen der Regierung, des Grossen Rates, der Sprachenorganisationen und praktisch der gesamten Politikergilde verteidigte und zum Entsetzen dieser Kreise für gültig erklärte. Da dürfen die mit Bundesmitteln alimentierten Monopolmedien aus dem Hause Somedia natürlich nicht abseits stehen. Wäre ja noch schöner, wenn man diese ungeliebte Initiative nicht mit allen Mittel bodigen könnte.

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