Mit Erstaunen und Verärgerung habe ich den Artikel
„Kritik an ‚Franz‘-Buch“ im GT vom 14. 3. gelesen. Der Leser erfährt, dass das
Französischlehrmittel „Clin d'oeil“ an der Sek P nicht eingeführt wird. Dieser
Entscheid erstaunt aus mehreren Gründen:
Anstatt das „Passepartout“-Programm sofort zu
beenden, führt man nun eine Zweiklassengesellschaft ein: Hier die Schüler des
Progymnasiums, die systematisch geschult werden und dort der Rest (Sek E und
B), der mit einem untauglichen Lehrmittel ein bisschen sprachbaden darf. Das
ist nicht nur ungerecht, es verstösst auch gegen das Prinzip der
Chancengleichheit und es verschlechtert die mühsam errungene Verbesserung der
Durchlässigkeit zwischen den Stufen massiv.
Debakel um Französisch-Lehrmittel, Grenchner Tagblatt, 15.3. Leserbrief von Bruno Schaad
Dass das Lehrmittel untauglich ist, ist einfach zu
belegen:
1.
Seit Dezember 2017 liegt die mit Bestnoten
bewertete Masterarbeit einer Freiburger Sprachwissenschaftlerin vor, in der die
Leistungen von Schülern miteinander verglichen werden. Das Fazit ist
vernichtend. Die „Clin d’oeil“-Lernenden schneiden „signifikant schlechter“ ab
als die „Bonne Chance“-Lernenden.
2.
Alle Solothurner Schülerinnen und Schüler machen am
Ende der achten Klasse einen standardisierten Leistungstest, den „Check S2“.
Der letzte „Bonne Chance“-Jahrgang kann mit dem ersten „Clin d’oeil“-Jahrgang verglichen
werden. Letztere schneiden schlechter ab, obschon sie zwei Jahre länger
Französischunterricht hatten – eine Bankrotterklärung.
3.
Zentraler Punkt des „Clin d’oeil“ sind die
sogenannten „authentischen Texte“, Texte, die viel zu schwierig sind. Es gibt
keinen einzigen wissenschaftlichen Hinweis darauf, dass diese Methode wirksam
ist.
4.
Das Sprachenbad mag in einer realen Welt, in der
ein Kind 24 Stunden lebt, funktionieren. Warum es in einer gekünstelten Welt,
in der niemand – auch die Lehrperson nicht – richtig Französisch spricht,
klappen sollte, das bleibt das Geheimnis der Lehrmittelautorinnen.
Warum hält man also verkrampft an diesem
Lehrmittel fest? Meine Vermutung: Man sitzt in der „Concorde-Falle“. Die Kosten
des Prestigeprojekts von Grossbritannien und Frankreich waren unkontrollierbar
hoch. Irgendwann war allen klar, dass sich der Betrieb dieses
Überschalldüsenflugzeugs nie und nimmer rechnen würde. Da man aber bereits
derart viel Geld ausgegeben hatte, gab es kein Zurück mehr.
Und jetzt? Nach Kosten von 6,7 Millionen Franken
und einem desaströsen Lernerfolg müsste die Reissleine gezogen werden. Dass das
geht, hat der Kanton Baselland bewiesen.
Kleiner Nachsatz zu den Kosten: Früher waren die
Schulbücher Eigentum der Schule und wurden jahrelang gebraucht. Das „Clin
d’oeil ist als Einweglehrmittel mit Einmallizenz konzipiert, was für den Verlag
eine richtige Goldgrube ist. Während der sieben Jahre Unterricht fallen pro
Schüler Französisch-Lehrmittelkosten von Fr. 214.- an. Rechne!
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