Einen Lehrplan 21 im
Kleinformat könne er leider nicht präsentieren, sagte Erziehungsdirektor
Bernhard Pulver (Grüne) gestern vor den Medien und spielte damit auf das
Spielzeugtram an, das seine Amtskollegin Barbara Egger erhalten hatte. Pulvers
Freude über das Abstimmungsergebnis war aber auch ohne Geschenk gross: Dass die
Berner Stimmberechtigten die Lehrplaninitiative mit einer Dreiviertelmehrheit
ablehnten, wertet Pulver als Zeichen des Vertrauens. «Die Bürgerinnen und
Bürger finden offensichtlich, dass die Fachleute ihre Arbeit gut machen.»
Bevölkerung will keine Mitsprache bei den Lehrplänen, Berner Zeitung, 5.3. von Mirjam Messerli
Fachleute bleiben
zuständig
Heute liegt die Einführung eines neuen Lehrplans in der Kompetenz
des Erziehungsdirektors. Eine Gruppe von Eltern und Lehrpersonen wollte mit
ihrer Initiative das Volksschulgesetz so ändern, dass das Kantonsparlament
dafür zuständig wäre. Letztlich hätte so das Berner Stimmvolk mittels
Referendum über die Einführung eines neuen Lehrplans befinden können. Diese
Regelung hätte rückwirkend auch für den Lehrplan 21 gegolten. Aber die
Initiative «Für demokratische Mitsprache – Lehrpläne vors Volks» wurde gestern
mit 76,7 Prozent bachab geschickt. Auch im Kanton Zürich hatte die gleiche
Forderung keine Chance.
Beide Resultate zeigten, so Pulver, «dass ein gemeinsamer
Deutschschweizer Lehrplan gewünscht und gestützt wird». Dem Start des Lehrplans
21 nach den Sommerferien stehe damit nichts mehr im Weg. «Ich bin erleichtert,
dass Lehrpläne künftig nicht verpolitisiert werden können.»
Komitee will aktiv
bleiben
Trotz der klaren Niederlage «sehr aufmerksam beobachten» wollen
die Initiantinnen und Initianten die Einführung des Lehrplans 21, wie Rahel
Gafner vom Abstimmungskomitee gestern dieser Zeitung sagte. Für Gafner bleibt
trotz des Nein auch ein positives Resultat: «Es war uns wichtig, dass das Volk
weiss, dass Mitsprache möglich wäre. Und wir wollten grundsätzlich wissen, ob
eine solche Mitsprache gewünscht wird.» Man könne die Ablehnung als
Vertrauensbeweis an die Fachleute deuten. «Das Nein heisst vielleicht aber
auch, dass die Stimmberechtigten Angst vor der Komplexität der Materie hatten.»
Expertinnen und Experten müssten sich mit dem Lehrplan befassen,
erklärte Bernhard Pulver. Die Mitsprache – «auch der Basis» – sei garantiert.
So habe die Erziehungsdirektion bereits im Jahr 2014 erste Veranstaltungen mit
Lehrerinnen und Lehrern zum Lehrplan 21 durchgeführt. Diese Mitwirkungsanlässe
seien rege genutzt worden. Pulver betonte auch, dass sich mit dem neuen
Lehrplan «gar nicht sehr viel» ändern werde.
Breiter Widerstand
Der Widerstand gegen die Lehrplaninitiative war sehr breit
abgestützt. Zu den Gegnern gehörte eine breite Allianz von Parteien und
Verbänden. Auch der Grosse Rat empfahl die Initiative zur Ablehnung.
Das überparteiliche Nein-Komitee zeigte sich erfreut über die
Ablehnung. «Die Stimmbevölkerung bestätigt, dass der eingeschlagene Weg
weitergegangen werden soll.» Die Initianten hätten das Argument der Demokratie
nur als Deckmantel genutzt, um den Lehrplan 21 «durch die Hintertüre» zu
verhindern.
Es sei «ein Kampf David gegen Goliath» gewesen, entgegneten
dafür zwei der Initiantinnen. Aus ihrer Sicht wurde er auch nicht überall fair
geführt. «In Langenthal bekamen Schulkinder einen Brief mit nach Hause, in dem
stand, die Eltern sollten die Initiative ablehnen», kritisierte Rahel
Gafner.
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