4. Februar 2018

Kritik an Aargauer Stundentafel

Das Initiativkomitee «Ja zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21» meldet sich zurück. Die neue Stundentafel, die mit dem Lehrplan 21 (LP 21) verknüpft ist, hat unsere grundsätzlichen Bedenken nicht zerstreut. Die Veränderungen des «Aargauer» Lehrplans zum LP 21 sind nur Kosmetik. Wir halten daher an unseren Grundpositionen fest. Deshalb werden wir nun unser Initiativkomitee zum «Bildungsforum Aargau – Schule im Fokus» weiter entwickeln und kontinuierlich daran arbeiten, die Fehlentwicklungen in der Bildungspolitik zu kommentieren und zu korrigieren. 
Stellungnahme zur Anhörung des BKS zur neuen Stundentafel und zur Umsetzung der nationalen Sprachenstrategie, Bildungsforum Aargau, 30.1.


Der neue Lehrplan verursacht hohe Kosten. Wenn er kostenneutral eingeführt werden soll, muss an anderer Stelle gespart werden. Gespart wird meistens an der falschen Stelle ... Zu den Veränderungen der Stundentafel der einzelnen Schulstufen nehmen wir wie folgt Stellung. 

Kindergarten / Unter- und Mittelstufe 

Kindergarten 
Die Stundentafel des neuen Aargauer Lehrplans zeigt keine Veränderung im Vergleich zum aktuellen Lehrplan. 

Unterstufe 1.-3. Klasse 
Die Erhöhung der Lektionenzahl in der 1./2. Klasse bringt eine Reduktion von ungebundenen Lektionen mit sich. Das hat zur Folge, dass die Zeit, die den Lehrpersonen pro Kind (z.B. in der Halbklasse) zur Verfügung steht, deutlich reduziert wird. Dies beweist, dass die Schüler künftig vermehrt selbstgesteuert lernen sollen! Durch die zusätzlichen vier neu an den Lehrplan gebundenen Lektionen wird auch der Leistungsdruck auf die Schulanfänger deutlich zunehmen. 

Mittelstufe 4.-6. Klasse 
Die neue Stundentafel führt auf der Mittelstufe zu einschneidenden Veränderungen: Zum einen durch zwei neue Fächer ab der 5. Klasse, nämlich Medien und Informatik sowie Französisch, und dies obwohl im Kanton Aargau Französisch schon immer ab der 6. Klasse als Hauptfach unterrichtet wurde und es nicht erwiesen ist, dass eine zweite Fremdsprache in der Primarschule zum gewünschten Erfolg führen wird. Zum anderen wird das Fach Textiles Werken mit dem Fach Werken zusammengenommen und um eine Lektion gekürzt. Dabei wäre es gerade in der heutigen Zeit sehr wichtig, dass nebst all den kopflastigen Fächern handwerkliches Tun stärker gewichtet wird. 

Oberstufe 
Die neue Stundentafel führt an der Oberstufe zu grossen Veränderungen. Auch hier findet ein Ausbau der Fächer und der Inhalte statt. Dies geschieht zu Lasten der heutigen Fächer und es stellt sich die Frage, ob die Stundentafel nicht stärker auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der einzelnen Oberstufenzüge ausgerichtet sein sollte. Im Folgenden möchten wir zu drei zentralen Punkten Stellung beziehen. 

Die Zusammenfassung der Fächer Biologie, Chemie und Physik (Natur und Technik) sowie Geographie und Geschichte (Räume, Zeiten, Gesellschaften) ist abzulehnen. Die neuen Fächergruppen führen zu einem Abbau der Bedeutung der einzelnen Fächer. Heute sind es 5 Fachnoten, die unter anderem für den Übertritt an das Gymnasium, an die FMS und die BMS usw. zählen. Mit dem Zusammenlegen wird es nur noch 2 Noten geben. Auch die Kantonsschulen sind aus diesem Grund vor einigen Jahren zur Einzelbewertung bei der Maturanote zurückgekehrt. Für eine sinnvolle Aufteilung in diese Fächer bräuchte es mindestens 2 Wochenlektionen pro Fach. Dies ist bei den vorgesehenen 3 Wochenlektionen nur schwer möglich und stundenplantechnisch schwierig zu lösen. Ein gemeinsames Behandeln eines Stoffes wäre auch bei Einzelfächern unter Absprache der betroffenen Lehrpersonen leicht möglich. 

Dem Anhörungsbericht des BKS vom 23.10.2017 ist zu entnehmen, dass jeder Schulstandort selbst entscheiden soll, ob er Sammel- oder Einzelfächer in der Stundentafel verankern will. Ein Hauptargument des BKS, nämlich eine Harmonisierung des Bildungswesens anzustreben, wird so ad absurdum geführt. 

Interessanterweise ist im Kanton Basel-Land als Teil unseres Bildungsraumes bereits beschlossen, dass in der Oberstufe die Einzelfächer erhalten bleiben. Sie werden mit mindestens einer Doppellektion durchgeführt. Zusätzlich beschloss der Kantonsrat mit grosser Mehrheit, dass der neue Lehrplan für die basellandschaftlichen Oberstufen auf klar definierten Jahreszielen basiert, die mit Stoffinhalten und Themen differenziert auf die drei Leistungsniveaus A, E und P abgestimmt sind. Hier wäre eine gute Zusammenarbeit des Bildungsraums denkbar, die auch Ressourcen sparen könnte. 

Das Fach Hauswirtschaft muss bestehen bleiben. Die neuen Inhalte des Sammelfachs Wirtschaft, Arbeit, Haushalt sind wichtig, aber nicht auf Kosten der Hauswirtschaft. Auch heute sollte jede Schülerin/jeder Schüler in der Lage sein, eine Mahlzeit selbst zubereiten zu können. Dies ist mit der Halbierung der praktischen Lektionen (nur noch 2 Wochenlektionen oder alle zwei Wochen 4 Lektionen) nicht mehr möglich. 

Die heutige Klassenlehrer-Lektion gehört in die Stundentafel jeder Oberstufe (der Lehrer erhält nur noch eine Lektion für seinen Zusatzaufwand). Heute hat die Klassenlehrperson (Fachlehrperson) die Gelegenheit, in der Klassenlehrerstunde wichtige Themen und Fragen zu besprechen. Neben der Berufswahl in der 2. Oberstufe sind dies Themen wie Lernen, Drogen, Umgang mit dem Internet, Klassengemeinschaft, aktuelles Tagesgeschehen etc. Die Klassenlehrperson spielt dabei eine besondere Rolle für die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen während der ganzen Oberstufe. Es darf nicht sein, dass sie diese Funktion in Zukunft zu Lasten des Fachunterrichts ausüben muss. 

Die kritisierten Punkte der neuen Stundentafel würden bei einer Umsetzung einen weiteren Bildungsabbau forcieren.

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