Über keine Abstimmungsniederlage im Landrat
hat sich der frühere Bildungsdirektor Urs Wüthrich mehr geärgert als über das
Nein zur Integrativen Schulung am 12. Juni 2014: Wüthrich war gar drauf und
dran, den Bettel vorzeitig hinzuschmeissen. Jetzt, dreieinhalb Jahre später,
schickt Nachfolgerin Monica Gschwind die überarbeitete Vorlage in die
Vernehmlassung. Anders als bei Wüthrich geht es nicht mehr um die Lenkung der
Sonderpädagogik, sondern um die Konsolidierung der heutigen Praxis. Im Zentrum
der «Angebote der Speziellen Förderung und der Sonderschulung» stehen
unterstützende Massnahmen für die jeweiligen Primar- und Sekundarschulklassen.
Zweiter Anlauf für die Sonderklassen, Basler Zeitung, 27.1. von Thomas Dähler
Das
Behindertengleichstellungsgesetz auf Bundesebene und der Beitritt des Kantons
Baselland zum Sonderpädagogik-Konkordat haben eine Entwicklung hin zur
stärkeren Integration der sonderpädagogischen Angebote eingeleitet. Dabei ist
die Entwicklung im Gegensatz zu vielen anderen Kantonen im Baselbiet massvoll
verlaufen, sodass sich heute gemäss Auffassung der Bildungs-, Kultur- und
Sportdirektion (BKSD) eine tragfähige Praxis eingespielt hat. Die Volksschule
müsse nicht neu ausgerichtet werden, heisst es in der Übersicht zur
Vernehmlassungsvorlage, welche in der Hauptsache die heutige Praxis präzisiert.
Damit wird auch der einstigen Kritik Rechnung getragen, die integrierte
Sonderpädagogik gefährde das Bildungsniveau in den einzelnen Schulklassen.
Für
ganze Schulklassen
Die
Mittel sollen – so heisst es – «zweckmässig für die Unterstützung der ganzen
Klasse und nicht nur für individuelle Einzelförderung» eingesetzt werden. Dabei
soll darauf geachtet werden, dass nicht zu viele Lehrkräfte und Fachpersonen an
einer Klasse tätig sind, damit zwischen den Lehrkräften und der Klasse starke
Lernbeziehungen möglich werden. Für die Lehrerinnen und Lehrer hat das Modell
den Vorteil, dass sich der Koordinationsaufwand zeitlich in Grenzen hält.
Insgesamt gestärkt wird damit der Regelunterricht.
Finanziell
erhalten die Schulen einen Ressourcen-Pool im Verhältnis zur Anzahl
Schülerinnen und Schüler. Die Schulleiter können damit die Förderungsmassnahmen
flexibel gemäss den schulspezifischen Bedürfnissen organisieren. Sie
entscheiden damit über den Umfang der heilpädagogischen, sozialpädagogischen
oder anderer unterstützender Massnahmen. Die Mittel für den Ressourcen-Pool
müssen im Falle der Primarschulen der Schulrat und die Schulleiter im
Budgetprozess bei den Gemeinden beantragen. Zusätzliche Mittel unterliegen der
Bewilligung der Gemeinde als Trägerin der Primarschulen. Nötig ist dafür jeweils
eine Empfehlung der BKSD. Das System garantiert, dass die Kosten stabil
bleiben. Der Ressourcen-Pool ermöglicht es auch, dass Massnahmen ohne ein
aufwendiges Verfahren eingeleitet und umgesetzt werden können –
«bedarfsorientiert und flexibel», wie es in der Vorlage heisst.
Nur
Massnahmen der Speziellen Förderung mit individuellen Lernzielen verlangen eine
Abklärung durch den Schulpsychologischen Dienst oder die Kinder- und
Jugendpsychiatrie. Bei solchen individuellen Massnahmen müssen auch die Eltern
oder Erziehungsberechtigten in den Abklärungsprozess miteinbezogen werden. Sie
sollen jetzt auch zwingend das verlangte Antrags- und Anhörungsrecht erhalten.
Mit
der in die Vernehmlassung geschickten Vorlage bleibt der Kanton Baselland bei
seiner gemässigten Variante der Sonderpädagogik. Immerhin ist feststellbar,
dass sich die Situation stabilisiert. Integrative Spezielle Förderung gibts für
etwas über sechs Prozent der Schülerinnen und Schüler, Integrative
Sonderschulung für etwas über ein Prozent.
Knaben
und Ausländer
Die
Nordwestschweizer Kantone pflegen auch in Zukunft unterschiedliche
Unterstützungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche mit ihren verschiedenen
Lernvoraussetzungen. Dies hält auch der Bildungsbericht Nordwestschweiz 2017
fest. In diesem wird zudem kritisiert, dass die Förderung zu stark auf Knaben
und auf Ausländer fokussiert. Es stelle sich die Frage, ob das Angebot zu stark
auf diese beiden Gruppen ausgerichtet wird «und so eine Nachfrage generiert»,
heisst es darin.
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