28. Januar 2018

Überarbeitete Vorlage zur Integrativen Schulung geht in die Vernehmlassung

Über keine Abstimmungsniederlage im Landrat hat sich der frühere Bildungsdirektor Urs Wüthrich mehr geärgert als über das Nein zur Integrativen Schulung am 12. Juni 2014: Wüthrich war gar drauf und dran, den Bettel vorzeitig hinzuschmeissen. Jetzt, dreieinhalb Jahre später, schickt Nachfolgerin Monica Gschwind die überarbeitete Vorlage in die Vernehmlassung. Anders als bei Wüthrich geht es nicht mehr um die Lenkung der Sonderpädagogik, sondern um die Konsolidierung der heutigen Praxis. Im Zentrum der «Angebote der Speziellen Förderung und der Sonderschulung» stehen unterstützende Massnahmen für die jeweiligen Primar- und Sekundarschulklassen.
Zweiter Anlauf für die Sonderklassen, Basler Zeitung, 27.1. von Thomas Dähler


Das Behindertengleichstellungsgesetz auf Bundesebene und der Beitritt des Kantons Baselland zum Sonderpädagogik-Konkordat haben eine Entwicklung hin zur stärkeren Integration der sonderpädagogischen Angebote eingeleitet. Dabei ist die Entwicklung im Gegensatz zu vielen anderen Kantonen im Baselbiet massvoll verlaufen, sodass sich heute gemäss Auffassung der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) eine tragfähige Praxis eingespielt hat. Die Volksschule müsse nicht neu ausgerichtet werden, heisst es in der Übersicht zur Vernehmlassungsvorlage, welche in der Hauptsache die heutige Praxis präzisiert. Damit wird auch der einstigen Kritik Rechnung getragen, die integrierte Sonderpädagogik gefährde das Bildungsniveau in den einzelnen Schulklassen.

Für ganze Schulklassen
Die Mittel sollen – so heisst es – «zweckmässig für die Unterstützung der ganzen Klasse und nicht nur für individuelle Einzelförderung» eingesetzt werden. Dabei soll darauf geachtet werden, dass nicht zu viele Lehrkräfte und Fachpersonen an einer Klasse tätig sind, damit zwischen den Lehrkräften und der Klasse starke Lernbeziehungen möglich werden. Für die Lehrerinnen und Lehrer hat das Modell den Vorteil, dass sich der Koordinationsaufwand zeitlich in Grenzen hält. Insgesamt gestärkt wird damit der Regelunterricht.

Finanziell erhalten die Schulen einen Ressourcen-Pool im Verhältnis zur Anzahl Schülerinnen und Schüler. Die Schulleiter können damit die Förderungsmassnahmen flexibel gemäss den schulspezifischen Bedürfnissen organisieren. Sie entscheiden damit über den Umfang der heilpädagogischen, sozialpädagogischen oder anderer unterstützender Massnahmen. Die Mittel für den Ressourcen-Pool müssen im Falle der Primarschulen der Schulrat und die Schulleiter im Budgetprozess bei den Gemeinden beantragen. Zusätzliche Mittel unterliegen der Bewilligung der Gemeinde als Trägerin der Primarschulen. Nötig ist dafür jeweils eine Empfehlung der BKSD. Das System garantiert, dass die Kosten stabil bleiben. Der Ressourcen-Pool ermöglicht es auch, dass Massnahmen ohne ein aufwendiges Verfahren eingeleitet und umgesetzt werden können – «bedarfsorientiert und flexibel», wie es in der Vorlage heisst.

Nur Massnahmen der Speziellen Förderung mit individuellen Lernzielen verlangen eine Abklärung durch den Schulpsychologischen Dienst oder die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Bei solchen individuellen Massnahmen müssen auch die Eltern oder Erziehungsberechtigten in den Abklärungsprozess miteinbezogen werden. Sie sollen jetzt auch zwingend das verlangte Antrags- und Anhörungsrecht erhalten.

Mit der in die Vernehmlassung geschickten Vorlage bleibt der Kanton Baselland bei seiner gemässigten Variante der Sonderpädagogik. Immerhin ist feststellbar, dass sich die Situation stabilisiert. Integrative Spezielle Förderung gibts für etwas über sechs Prozent der Schülerinnen und Schüler, Integrative Sonderschulung für etwas über ein Prozent.

Knaben und Ausländer
Die Nordwestschweizer Kantone pflegen auch in Zukunft unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche mit ihren verschiedenen Lernvoraussetzungen. Dies hält auch der Bildungsbericht Nordwestschweiz 2017 fest. In diesem wird zudem kritisiert, dass die Förderung zu stark auf Knaben und auf Ausländer fokussiert. Es stelle sich die Frage, ob das Angebot zu stark auf diese beiden Gruppen ausgerichtet wird «und so eine Nachfrage generiert», heisst es darin.


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