«Lehrplan 21 – Sind die Würfel gefallen? Neue
Lerntechnik oder Paradigmawechsel?» Unter diesem Titel veranstaltete der Verein OstschweizerKinderärzte am 22. November 2017 eine Podiumsdiskussion mit Michael Furger, NZZ
am Sonntag, als Diskussionsleiter. Im bis auf den letzten Platz besetzten
grossen Plenarsaal der Fachhochschule St.Gallen referierten der Pädagoge
Matthias Burchardt aus Köln und der Bieler Oberstufenlehrer Alain Pichard. In
der Diskussion wirkten Alexander Kummer, Leiter Amt für Volksschule St.Gallen,
und Prof. Thomas Burri von der Pädagogischen Hochschule St.Gallen mit. Einige
Schwerpunkte aus dem Referat von Matthias Burchardt seien hier herausgegriffen.
Der Lehrer zeigt dem Schüler nicht mehr die Welt, St. Galler Tagblatt, 5.12. Leserbrief von Marianne Wüthrich
Der Referent hielt fest, bei den aktuellen deutschen Schulreformen handle es
sich um einen klaren Paradigmawechsel. Den OECD- und EU-Lobbyisten sei es
gelungen, das pädagogische Paradigma von Comenius, wonach der Lehrer dem
Schüler die Welt zeigt, umzustürzen und ein ökonomistisches Modell zu
etablieren. Dabei gehe die personale Dimension der Bildung verloren. Die
Digitalisierung ist laut Burchardt die Fortsetzung des «selbst organisierten
Lernens SOL» mit in der Regel geringem Lernerfolg: Abkoppelung vom Lehrer und
Ankoppelung an die Maschine. Dabei können heute Tausende von Daten über jeden
Schüler erfasst und sein künftiger Stand vorausberechnet werden. In Deutschland
seien diese Schulreformen gescheitert, wie viele Lehrer von Anfang an gewarnt
hatten. Ein grosser Teil der Abiturienten sei studierunfähig, die Inklusion
habe ihr Ziel grösserer sozialer Gerechtigkeit nicht erreicht, sondern im
Gegenteil das Auseinanderklaffen der Schere vergrössert. Selbst der ökonomische
Erfolg der «Ökonomisierung der Bildung» sei ausgeblieben. Denn auch auf die
digitalisierte Welt werden die Schüler am besten durch analoges Lernen
vorbereitet. Der Referent empfiehlt den Schweizern, die Konsequenzen aus den
deutschen Erfahrungen zu ziehen, wir hätten ja die demokratischen Möglichkeiten
dazu. Nutzen wir sie.
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