5. Dezember 2017

Der Lehrer zeigt dem Schüler nicht mehr die Welt

«Lehrplan 21 – Sind die Würfel gefallen? Neue Lerntechnik oder Paradigmawechsel?» Unter diesem Titel veranstaltete der Verein OstschweizerKinderärzte am 22. November 2017 eine Podiumsdiskussion mit Michael Furger, NZZ am Sonntag, als Diskussionsleiter. Im bis auf den letzten Platz besetzten grossen Plenarsaal der Fachhochschule St.Gallen referierten der Pädagoge Matthias Burchardt aus Köln und der Bieler Oberstufenlehrer Alain Pichard. In der Diskussion wirkten Alexander Kummer, Leiter Amt für Volksschule St.Gallen, und Prof. Thomas Burri von der Pädagogischen Hochschule St.Gallen mit. Einige Schwerpunkte aus dem Referat von Matthias Burchardt seien hier herausgegriffen. 
Der Lehrer zeigt dem Schüler nicht mehr die Welt, St. Galler Tagblatt, 5.12. Leserbrief von Marianne Wüthrich

Der Referent hielt fest, bei den aktuellen deutschen Schulreformen handle es sich um einen klaren Paradigmawechsel. Den OECD- und EU-Lobbyisten sei es gelungen, das pädagogische Paradigma von Comenius, wonach der Lehrer dem Schüler die Welt zeigt, umzustürzen und ein ökonomistisches Modell zu etablieren. Dabei gehe die personale Dimension der Bildung verloren. Die Digitalisierung ist laut Burchardt die Fortsetzung des «selbst organisierten Lernens SOL» mit in der Regel geringem Lernerfolg: Abkoppelung vom Lehrer und Ankoppelung an die Maschine. Dabei können heute Tausende von Daten über jeden Schüler erfasst und sein künftiger Stand vorausberechnet werden. In Deutschland seien diese Schulreformen gescheitert, wie viele Lehrer von Anfang an gewarnt hatten. Ein grosser Teil der Abiturienten sei studierunfähig, die Inklusion habe ihr Ziel grösserer sozialer Gerechtigkeit nicht erreicht, sondern im Gegenteil das Auseinanderklaffen der Schere vergrössert. Selbst der ökonomische Erfolg der «Ökonomisierung der Bildung» sei ausgeblieben. Denn auch auf die digitalisierte Welt werden die Schüler am besten durch analoges Lernen vorbereitet. Der Referent empfiehlt den Schweizern, die Konsequenzen aus den deutschen Erfahrungen zu ziehen, wir hätten ja die demokratischen Möglichkeiten dazu. Nutzen wir sie. 

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