22. Oktober 2017

Indoktrination im Klassenzimmer?

Anlass war eine Lektion zur drohenden Klimakatastrophe. «Mein 16-jähriger Sohn kam wieder einmal wütend aus dem Unterricht des Gymnasiums Biel-Seeland nach Hause», erinnert sich der Oberstufenlehrer und Bieler GLP-Gemeindepolitiker Alain Pichard. Sein Sohn habe dem Lehrer erklärt, dass die Temperaturen in den letzten 15 Jahren trotz höherem Co2-Ausstoss im selben Zeitraum nicht mehr gestiegen seien. «Als Beweis brachte er ihm die Forschungsergebnisse der Nasa mit, worauf der Lehrer meinte, vielleicht stagniere das Klima ein bisschen», führt er in der «Weltwoche» aus.

Der ältere Bruder musste in Naturkunde der vierten Klasse laut Pichard im Wald «Bäume umarmen und zu ihnen flüstern». Der älteste Spross habe Bilder malen dürfen zu Zitaten wie: «Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.»
Indoktrinieren Lehrer beim Klimawandel ihre Schüler? 20 Minuten, 20.10. von B. Zanni


«Klimawandel darf nicht zur Religion werden»

«Der Klimawandel darf im Unterricht nicht zu einer Religion werden», warnt Pichard gegenüber 20 Minuten. Er selbst sei zwar davon überzeugt, dass es den Klimawandel gebe. «Wir müssen aber aufpassen, dass unsere Kinder nicht mit einem Alarmismus und Katastrophendiskurs unterrichtet werden.»

Auch wenn eine grosse Mehrheit der Lehrpersonen von den negativen Effekten des Klimawandels sehr überzeugt sei, dürften sie Zweifel nicht verdrängen. Man müsse junge Menschen autonom erziehen. «Das heisst, sie experimentieren lassen und zum kritischen Denken anregen, statt sie zu Umweltschützern ausbilden zu wollen.»

Lehrerin mit Greenpeace-Pulli
Auch SVP-Nationalrat Christian Imark stellt fest: «Vermutlich, weil Lehrkräfte hauptsächlich politisch links sind, greifen sie beim Klimawandel manchmal zur Moralkeule.» Sie glaubten, der künftigen Generation etwas Wichtiges mitgeben zu können. «Das hat zur Folge, dass sie Schülern ihr politisches Gedankengut eintrichtern.»

Der 35-Jährige hat in der Schule ähnliche Erfahrungen gemacht. «Meine Lehrerin trug oft einen Greenpeace-Pulli und einmal warnte sie uns mit einem Bild von rauchenden Kaminen, dass dies die Zukunft sei.» Auf kritische Kommentare sei sie nicht eingegangen. «Schüler mit entsprechender Gesinnung wurden bevorzugt behandelt.» Damit Lehrer Fakten statt ihr eigenes politisches Programm vermitteln, fordert Imark in der Lehrerausbildung einen grösseren Fokus auf die neutrale Wissensvermittlung.

«Panik ist nicht fehl am Platz»
Bastien Girod, Nationalrat (Grüne) und Umweltwissenschaftler, ist anderer Ansicht. «Panik ist im Schulunterricht nicht fehl am Platz.» Es sei wissenschaftlich bewiesen, dass die Menschheit auf eine gefährliche Entwicklung der Klimaerwärmung zusteuere. «Ganze Ökosysteme drohen zusammenzufallen.» Solange sich Lehrpersonen auf wissenschaftliche Fakten beriefen wie etwa den Report des Intergovernmental Panel on Climate Chance (IPCC), sei nichts dagegen einzuwenden, wenn Lehrer die Brisanz des Problems verbal ausschmückten.

Auch Beat W. Zemp, Präsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), sagt, dass Lehrer die Schüler über mögliche negative Konsequenzen des Klimawandels unterrichten sollen, weil dies der Lehrplan so verlangt. «Das Phänomen des Klimawandels ist ja nicht aus der Luft gegriffen, sondern wissenschaftlich belegt.» Es könne zwar vorkommen, dass Lehrer beim Vermitteln des Stoffes auch ihre eigene Meinung sagten – «man kann nie ganz neutral sein». Grundsätzlich erlebe er die Lehrpersonen heute aber apolitischer als früher.







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