Ende der 90er-Jahre galt
der Thurgau mit seinem Fördertag-Konzept noch als Pionier der
Hochbegabtenförderung in der Schweiz. Später zog sich der Kanton aus diesem
Bereich weitgehend zurück und überliess den Schulgemeinden das Feld. Diese
hatten vor Ort Konzepte zu erarbeiten, die neben sonderpädagogischen Massnahmen
auch solche im Sektor der Begabtenförderung umfassten.
Ein Tummelplatz für helle Köpfe, St. Galler Tagblatt, 21.10. von Christian Kamm
Nun kommt es zu einem
kantonalen Comeback. Mit dem heutigen «Rollout» beginne die praktische
Umsetzung eines neuen Angebots für Schülerinnen und Schüler der fünften bis
neunten Klasse, sagte Erziehungsdirektorin Monika Knill gestern an einer
Medienorientierung. Aufgegleist sind zum einem spezielle Ateliers für den
exklusiven Club von Hochbegabten. Besonders begabte Schüler können so während
24 bis 38 Lektionen pro Semester intensiv und interdisziplinär gefördert
werden. Zu den Themen der ersten elf dieser Ateliers gehören etwa Robotik,
Psychologie und Philosophie oder «Wir drucken uns ein Segelboot in 3D».
Exklusiver Club deshalb,
weil die Teilnehmer nicht nur ihre Motivation vorgängig schriftlich begründen,
sondern auch ein Empfehlungsschreiben ihrer Lehrperson vorlegen müssen. Denn
die ausgewählten hellen Köpfe werden für die Teilnahme am Atelier vom
Regelunterricht dispensiert –müssen aber in der Lage sein, die Lernziele
trotzdem zu erreichen.
Pilotphase
dauert drei Jahre
Dieses Problem haben die
Teilnehmer an Impulstagen nicht, dem zweiten Standbein der kantonalen
Begabungsförderung. Dafür müssen sie bereit sein, für die Förderung ihrer
Interessen und die Begeisterung für ein Thema ihre Freizeit zu opfern. Denn
Impulstage zu Themen wie «Bionik – Lernen von der Natur für die Technik» oder
«Einblick in die chinesische Sprache» finden ausserhalb der Schulzeit statt.
«Wir wollen mit unserem
Angebot nicht in Konkurrenz treten zu lokalen Programmen», betonte Beat
Brüllmann, Chef des Amtes für Volksschule. Vielmehr möchte man die Lücke
zwischen nationalen und lokalen Förderprogrammen schliessen. Das Angebot sei
quasi ein Puzzlestein, «und wir wollen jetzt sehen, ob er passt». Die
Pilotphase soll drei Jahre dauern. Dann wird entschieden, ob man das Ganze
weiterführt. Sie sei überzeugt, dass es genug begeisterungsfähige Jugendliche
gebe, die über das entsprechende Potenzial verfügten, sagte Regierungsrätin
Knill.
Durchgeführt werden
Ateliers und Impulstage an den Mittel- und Berufsschulen des Kantons mit
Lehrkräften vor Ort. Das Angebot sei eine Chance, um Jugendliche in die
akademische Welt einzuführen und interdisziplinär mit ihnen zu arbeiten, sagte
Stefan Schneider, Rektor der Kantonsschule Romanshorn.
Das Bildungszentrum für
Technik in Frauenfeld sei prädestiniert, um einen guten Mix zwischen Theorie
und Praxis anzubieten, so dessen Rektor René Strasser. «Technik- und
Mathematikförderung ist eine Domäne von uns. Und wir bringen uns gerne ein.»
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