Die Lesefähigkeit der
Schülerinnen und Schüler im kanton Bern soll verbessert werden. Dies verlangt
der Grosse Rat. Erstens soll der Regierungsrat einen Test einführen, mit dem
rechtzeitig festgestellt werden kann, ob die Schüler gut genug lesen. Dieser
Test soll zu Beginn des 7. Schuljahrs durchgeführt werden und nicht etwa
Schüler untereinander vergleichen. Er soll einfach zeigen, ob sie
Minimalanforderungen im Textverständnis erreichen. Zweitens soll die Regierung
prüfen, ob leseschwache Schüler ein individuell einsetzbares Zusatzlehrmittel
erhalten. Dies zur Verbesserung ihrer Lesefähigkeiten.
Die Rede war am Dienstag von einer Lernsoftware, die den
Kompetenzstand beim Lesen erfasst und darauf abgestimmt individuelle
Übungsmöglichkeiten anbietet. Der Grosse Rat forderte drittens auch, dass die
Regierung prüft, ob leseschwache Schüler von einem Fremdsprachenfach
dispensiert werden können. Allerdings schrieb der Grosse Rat diese Forderung
gleich als erfüllt ab, weil der neuen Lehrplan 21 diese Möglichkeit nach
Angaben der Regierung eröffnet.
Berner Schüler sollen besser lesen können, Berner Zeitung, 5.9.
Viertens muss die Kantonsregierung weitere Massnahmen prüfen,
damit das Leseverständnis im Rahmen des Lehrplans 21 stärker gefördert wird.
Grosse Probleme für
Leseschwache
Aufgestellt hatte diese Forderungen der Muriger SP-Grossrat und
Schulleiter Roland Näf. Er wies darauf hin, dass auch gemäss neuster
PISA-Studie Schweizer Schüler international gesehen im Lesen nur Mittelfeld
sind. Leseschwache Schüler kämpften abgesehen davon mit handfesten Problemen.
Funktionale Analphabeten erfüllten die Voraussetzungen für eine Berufslehre
nicht, riskierten Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe-Abhängigkeit.
Seine Analyse wurde im Berner Rathaus von sämtlichen
Fraktionssprecherinnen und -sprechern geteilt. Uneinig war man sich nur, ob
Punkt 1 und Punkt 4 von Näfs Motion in der stärkeren Form der Motion oder in
der schwächeren des Prüfungsauftrags (Postulat) an die Regierung überwiesen
werden sollte.
Näf hielt bei diesen Punkten an der Motion fest. Er sagte, es
müsse nun etwas gehen. Eine Mehrheit des Grossen Rats sah das gleich wie er und
überwies die Punkte 1 und 4 als Motion.
Regierung wollte
Postulat
Die Berner Regierung wollte diese Punkte als Postulat überwiesen
haben. Der kantonale Erziehungsdirektor Bernhard Pulver sagte aber im Rat, mit
der Überweisung von Punkt 4 als Motion könne er gut leben: Er sei bereits daran,
mit der Pädagogischen Hochschule über Massnahmen zu reden.
Skeptischer zeigte sich Pulver zur Forderung nach den Tests:
Solche flächendeckende Prüfungen seien im Volk umstritten, sagte er. Ausserdem
würde ja vielleicht eine nähere Prüfung von Näfs Anliegen zeigen, dass der für
den Lesetest vorgeschlagene Zeitpunkt nicht der beste sein.
Näf sagte dazu, es handle sich um eine sogenannte
Richtlinienmotion. Pulver werde somit den nötigen Spielraum zur Umsetzung der
Forderungen haben. Er habe sich sehr gut überlegt, ob Anfang 7. Schuljahr der
richtige Zeitpunkt für den Test sei und darüber mit viele Lehrpersonen
gesprochen.
Das fünfte oder sechste Schuljahr komme für den Test nicht in
Frage, weil diese beiden Jahre wegen der Übertrittsverfahren schon belastet
seien.
Mit Software, Tests und Zusatzlehrmitteln nimmt man viel Geld in die Hand. Das freut die Lehrmittel- und Testindustrie. Damit die Schüler aber besser lesen lernen braucht es in erster Linie gute Lehrpersonen, die dies ihren Klassen auch beibringen können. Es reicht nicht, die Schüler einfach vor den Compi zu setzen und zu hoffen, dass es klappen möge.
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