Regelmässig wird Jeroen
van Rooijen von Schulen als Stilexperte gebucht. Sein Fazit: «Lehrer sind
totale Hardcore-Individualisten – und so dünnhäutig!» Sie seien die
schwierigsten Kunden: «Viele verstehen nicht, dass ein guter Geist auch in
einer guten Flasche daherkommen kann.» Die Lehrer seien der Auffassung, in
ihrem Job zählten nur das Vermitteln von Wissen und menschliche Qualitäten.
Deshalb träten einige zu nachlässig und zu ungepflegt vor die Klasse. «Am
liebsten tragen sie ihre ungebügelten Wanderklamotten von Mammut und Schöffel,
dazu Schuhe von Sioux oder Mephisto und in ganz schwerwiegenden Fällen
vielleicht noch Birkenstocksandalen mit Socken.» Denn bequem und unkompliziert
solle es sein. Der passende Look für Lehrer sei der Collegestyle oder smart
casual.
Schulen buchen Stilexperten für Lehrer, 20 Minuten, 30.6. von B. Zanni
«Angst, als Banker oder Kapitalist zu
gelten»
Auch Daniela
Plüss, Dozentin Fachdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Zürich, findet:
«Es darf etwas gepflegter sein, auch in hygienischer Hinsicht.» Es gebe
wirklich Lehrpersonen, die regelmässig nach Schweiss riechen oder dreckige
Kleider tragen würden. Fest steht für sie auch: «Trekkingkleider gehören in die
Freizeit.» Zudem machten sich die Lehrpersonen ungewollt lächerlich.
«Schülerinnen und Schüler realisieren sehr genau, wie sich Lehrpersonen
kleiden, denn sie müssen sie ja anschauen.»
So beobachtet
denn auch Lilo Lätzsch vom Zürcher Lehrerverband, dass Schüler zunehmend
stilbewusst sind: «Vor einigen Jahren erschienen sie auf der Diplomfeier noch
mit löchrigen Hosen. Heute tragen sie dagegen Abendroben und Krawatten.» Viele
Lehrpersonen dagegen hielten Mode für unwichtig und schenkten ihrer Garderobe
zu wenig Beachtung: «Sie ziehen das erste Shirt an, das sie in ihrem Schrank
finden.» Etwas schicker zur Arbeit zu gehen, geschweige denn in Anzug und
Krawatte, komme kaum einer Lehrperson in den Sinn. «Sonst wird man von den
Kollegen als Banker oder Kapitalist hochgenommen.»
René Zweifel,
Schulpräsident der Schule Kreuzlingen, pflichtet ihr bei: «Es kann vorkommen,
dass Lehrpersonen aus Angst, zu elitär oder zu tussihaft zu wirken, ihren
Kleiderstil in die andere Richtung übertreiben.» Oft kämen sie dann schmuddelig
daher. «Ein Lehrer hatte starken Mundgeruch und trug immer dasselbe Hemd. Ich
bat ihn dann, sich etwas mehr zu pflegen.»
Kleiderempfehlungen
für Lehrer
Zweifel hat
vor drei Jahren den Stilexperten van Rooijen für eine Stilberatung gebucht.
Nach dem Kurs habe die Schule gewisse Kleiderempfehlungen zusammengestellt.
«Freizeitkleider wie schlabbrige Kapuzenpullover oder Flip Flops wie auch
Birkenstocksandalen mit Wollsocken sind für unsere Lehrpersonen tabu.» Zweifel
lobt den Kleiderstil des Lehrerpersonals. «Unsere Lehrer sind gut gekleidet:
sportlich und weder schmuddelig noch überkandidelt.» Viele weibliche
Lehrpersonen trugen sogar selbst genähte Kleider. «Und diese haben sehr viel
Stil.»
Träten in
Schulen wegen der Kleidung uneinsichtiger Lehrpersonen immer wieder Konflikte
auf, sei ein zwingender Dresscode sinnvoll, sagt Beat W. Zemp, Präsident des
Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH. Daniela Plüss fände es
sinnvoll, wenn Lehrer das Thema Kleidung zum Beispiel in schulhausinternen
Weiterbildungen diskutierten. «Sie müssen sich unbedingt bewusst sein, wie sie
vor der Klasse wirken.» In Schulen mit Dresscodes für Schülerinnen und Schüler
sei dies umso dringlicher.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen