Das
Kantonsparlament bleibt dabei: Das Frühfranzösisch soll im Thurgau bald der
Vergangenheit angehören. Ob es tatsächlich so weit kommt, ist dennoch offen.
Das letzte Wort wird wohl das Volk haben.
Wieder läutet das Totenglöcklein, Thurgauer Zeitung, 4.5. von Christian Kamm
Erziehungsdirektorin
Monika Knill streute sich als letztes Mittel ordentlich Asche aufs Haupt. Ja,
räumte sie selbstkritisch ein, wenn man bereits eine grosszügigere Dispensationsmöglichkeit
vom Frühfranzösischunterricht eingeführt hätte, «dann würde diese Diskussion
heute vielleicht gar nicht stattfinden». Umso entschiedener warb sie dann
dafür, dass das Frühfranzösisch im Thurgau eine neue Chance verdient habe.
«Denn Hinfallen ist keine Schande, nur nicht mehr aufzustehen.»
Streichungsantrag
abgelehnt
Genützt
haben alle Appelle von Seiten der Befürworter des Frühfranzösischs nichts. Mit
68 gegen 53 Stimmen trat der Rat zuerst auf eine Gesetzesänderung ein, welche
das Fach Französisch in der Primarschule streichen will. Anschliessend wurden
sowohl ein Rückweisungsantrag (87 Nein, 30 Ja) von Toni Kappeler (Grüne,
Münchwilen) wie auch ein Streichungsantrag (64 Nein, 53 Ja) von Walter
Hugentobler (SP, Matzingen) abgelehnt. Damit bleibt das Parlament in Sachen
Frühfranzösisch auf Abschaffungskurs. Und es ist wenig wahrscheinlich, dass die
Mehrheiten bis zur zweiten Lesung noch ändern. Hingegen steigt die
Wahrscheinlichkeit, dass das Volk das letzte Wort haben wird. Mindestens 30
Kantonsräte müssten in diesem Fall das Behördenreferendum unterstützen.
Vor der Entscheidung
war im Rahmen einer rund zweistündigen Debatte alles mobilisiert worden, was
Parlamentarismus zu bieten hat. Und einmal sogar noch etwas mehr. Als
GLP-Kantonsrat Hanspeter Heeb (Romanshorn) während seines Redebeitrags eine
französische Ballade zu singen begann, wurde es dann auch Grossratspräsident
Gallus Müller zu bunt.
Grossmehrheitlich
auf Seiten der Gegner reihte sich, wie schon 2014, die SVP-Fraktion ein. Das
Frühfranzösisch in der Primarschule sei keine Erfolgsgeschichte, kritisierte
Erich Schaffer (Pfyn). «Der erhoffte Mehrwert ist ausgeblieben.» Das Ganze sei
ein Auslaufmodell. Joe Brägger von den Grünen (Amriswil) zitierte eine alte
Indianerweisheit: «Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, dann steig
ab.» Zwar sei das Frühfranzösisch noch nicht tot, «aber es lahmt bedenklich».
Mit der Verlagerung auf die Oberstufe gewinne man Ressourcen für einen
vertieften Deutschunterricht in der Primarschule. Auch die EDU und die Mehrheit
der CVP/EVP hieben in diese Kerbe: «Die Deutschkenntnisse am Ende der sechsten
Klasse sind ungenügend», sagte Maja Bodenmann (Diessenhofen). Beim Französisch
seien allein die Kenntnisse am Ende der Schulzeit ausschlaggebend.
«Wir sind
nicht die einzigen Schweizer»
Auf der
Gegenseite erinnerte Kristiane Vietze (Frauenfeld) namens der Mehrheit der FDP,
«dass wir Thurgauer nicht die einzigen Schweizer sind». Es gelte, das mühsam
erarbeitete Sprachenkonzept und den Föderalismus nicht aufs Spiel zu setzen.
Fürs Frühfranzösisch stark machte sich ebenso die SP. Wie andere Redner verwies
Felix Züst (Hauptwil) auf die von Regierungsrätin Knill angekündigten
Massnahmen beim Französischunterricht. «Ich traue es der Departementschefin und
der Verwaltung zu, die vorliegenden Verbesserungen umzusetzen.» Roland A. Huber
(BDP, Frauenfeld) brachte den steigenden Druck auf der Oberstufe nach einer
Verlagerung des Französischunterrichts ins Spiel: «Haben die Jugendlichen in
der siebten Klasse nicht schon genug Stress?» Und Reto Ammann (GLP,
Kreuzlingen) kritisierte: «So verschieben wir das Problem nur auf die
Oberstufe.»
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