Solche
Urteile sind schwer verständlich: Zwei Schüler aus dem Dunstkreis muslimischer
Sektierer verweigern einer Lehrerin frech und systematisch den Handschlag. Die
Schule und die Behörden, die den pseudoreligiös begründeten Krawall im
Klassenzimmer beenden wollen, brummen einem der Bengel eine Portion
gemeinnützige Arbeit und einige Stunden Schulsozialarbeit auf. Doch auf dem
Rechtsweg gibt es kein Durchkommen: Am Ende entgeht der Schüler nicht nur den
Disziplinarmassnahmen, sondern er schafft es dank den Rechtsmitteln
möglicherweise sogar, den rechtskräftigen Entscheid hinauszuzögern – und so der
Lehrerin bis zum Ende der Schulzeit seine Verachtung zu zeigen. Zum Dank gibt's
von der Beschwerdeinstanz 2000 Franken Parteientschädigung auf die Hand.
Peinlich - aber korrekt, NZZ, 20.5. Kommentar von Daniel Gerny
Ein
Schildbürgerstreich aus dem multikultigeschädigten Basel? Mitnichten. Gefällt
hat den Entscheid die durch und durch bürgerliche Baselbieter Regierung in
ihrer Eigenschaft als Beschwerdeinstanz. Das Gremium ist für alles andere als
für sozialromantische Fröhlichkeit bekannt. Wer den dreizehnseitigen Entscheid
in seiner vollen Länge liest und sich nicht auf einige – auf den ersten Blick
irritierende – Teilstücke beschränkt, erkennt: In der Sache selbst erhält die
Schule auf ganzer Linie recht. Der Entscheid lässt an Deutlichkeit nichts zu
wünschen übrig. Es gibt keinen Grund für Empörung.
Wenn
Lehrpersonen das in der Schweiz übliche Verhalten einforderten, entspreche dies
nicht nur den verbindlichen Regeln, an die sich die Schüler zu halten hätten,
stellt die Regierung glasklar fest. Die Einforderung des Händedrucks – «eine in
der hiesigen Gesellschaft übliche Geste» – geschehe im Rahmen der Ausbildung
der sozialen Kompetenzen und sei somit Gegenstand des Lehrplans. Die
Integrationsfunktion der Schule sowie die Gleichstellung der Geschlechter
begründeten das öffentliche Interesse. Und schon die überaus sensible Reaktion
der Bevölkerung auf die Affäre zeige, dass der Eingriff, gemessen an seiner
Schwere, verhältnismässig sei. Deshalb sei das schulische Handschlag-Obligatorium
gerechtfertigt.
Doch auch wenn
der materiellrechtliche Befund eindeutig ist: Es ist richtig, dass für die
Betroffenen keine disziplinarischen Folgen und Anwaltskosten entstehen, wenn
Formfehler vorliegen. Das trifft hier zu, weil die Schule keinen konkreten
Vorfall beanstandete. Dies erscheint ärgerlich, doch es ist der Preis für
rechtsstaatliche Sauberkeit: Obrigkeitliches Handeln soll nur Wirkung
entfalten, wenn es regelkonform erfolgt. Auch notorische Falschparkierer können
nur für konkrete Übertretungen und nicht für ihr allgemeines Faible bestraft
werden.
Die Mängel sind
deshalb nicht im Beschwerdeentscheid zu suchen. Das eigentliche Unvermögen ist
der Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind (fdp.) zuzuschreiben, die
jede Entschlossenheit vermissen liess, als der Fall vor einem Jahr ins Rollen
kam. Von Anfang an handhabten sie und ihr Departement die Handschlag-Affäre
ungeschickt und berieten die betroffene Schule schlecht. Solche Fehler lassen
sich nachträglich schlecht ausbügeln. Weil die Diskussion über
allgemeinverbindliche Regeln an Schweizer Schulen inzwischen intensiv geführt
wird, hält sich der Schaden zwar in Grenzen. Doch die Peinlichkeit bleibt.
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