Computer sind an Berner
Schulen zurzeit Mangelware. «Ich habe für 20 Kinder nur drei Computer zur
Verfügung», sagt Manuel Widmer, Primarlehrer und GFL-Stadtrat. Um
Präsentationen vorzubereiten, Texte zu schreiben oder über Themen zu
recherchieren wären laut Widmer viel mehr Geräte notwendig. «Es wäre wichtig,
dass jeder Schüler Zugang zu einem Computer hat.»
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Zwei Schüler teilen sich einen Computer - dies soll in Bern bald nicht mehr nötig sein. Bild: Keystone
Zeit der Handy-Verbote geht zu Ende, Bund, 9.3. von Simon Preisig
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Die
Stadt Bern will deshalb aufrüsten. Als erste grössere Gemeinde im Kanton
beantragt sie, alle Schülerinnen und Schüler mit einem Gerät auszustatten. Für
die jüngeren Schüler sollen Tablets, für die älteren Schüler Laptops oder
Tablets mit Tastatur gekauft werden. Morgen berät das Berner Stadtparlament
über den entsprechenden Projektierungskredit von einer Million Franken. Damit
sind die Geräte zwar noch nicht gekauft, aber ihr Kauf ist aufgegleist.
Viermal
so viele Computer wie bisher, das geht ins Geld. Ungefähr 17 Millionen Franken
soll das Projekt «base4kids2» in den ersten fünf Jahren kosten. Dabei würde für
8000 Lehrer und Schüler je ein Tablet oder Laptop beschafft. Das
Vorgängerprojekt von 2008 war günstiger. Laut Jörg Moor vom städtischen
Schulamt schlagen beim neuen Projekt vor allem die Investitionskosten zu Buche.
«Es ist vorgesehen, deutlich mehr Geräte zu kaufen», sagt Moor.
Dies
werde von der Erziehungsdirektion verlangt: Mit der Einführung des Lehrplans 21
sollten zumindest für einzelne Stunden ein Gerät pro Schüler zur Verfügung
stehen. Zum Grosseinkauf haben deshalb die Bernerinnen und Berner das letzte
Wort: Der Kredit ist so hoch, dass eine Volksabstimmung nötig ist.
Stadt zahlt, Eltern
kaufen
Dabei
würde die Stadt Bern die Tablets und Laptops nicht unbedingt selber einkaufen.
Für einen Teil der zu beschaffenden Geräte wird geprüft, ob nicht die Eltern
ein Gerät kaufen könnten und dafür von der Stadt entschädigt würden. Gekauft
würde nicht ein bestimmter Gerätetyp, die Eltern und die Kinder wären viel mehr
frei, ob sie sich ein Samsung-Gerät, eins von Microsoft oder ein Apple-Tablet
besorgen.
Da
der Besuch der Volksschule für Schülerinnen und Schüler unentgeltlich sein
soll, müsste den Eltern der Einkauf erstattet werden. Zu dieser
Beschaffungsmethode gibt es laut Moor vom Schulamt aber noch viele offene
Fragen. Wer haftet beispielsweise, wenn das Gerät auf dem Schulweg kaputt geht?
Im Rahmen der Projektierung wird deshalb geklärt, ob dieser Ansatz überhaupt
realistisch ist.
Heute
ist es weniger wichtig, dass alle Schüler einer Klasse dasselbe Gerät
verwenden. Dies liegt am Trend zu webbasierten Lösungen. Die neuste
Lernsoftware wird heute nicht mehr auf dem Gerät selber installiert, sondern
einfach per Browser aufgerufen. So kann von jedem Gerät mit Internetzugang
darauf zugegriffen werden – die geplanten Investitionen in die Schulinformatik
umfassen deshalb auch einen Ausbau des schulischen WLAN-Netzes.
Vorbei
sein dürfte die Zeit von absoluten Handy-Verboten. Solche gelten heute in
einigen Berner Schulen. «Schülerinnen und Schüler sollen die Möglichkeit haben,
ihre eigenen Geräte mitzubringen und diese im Unterricht zu nutzen», sagt Moor vom
Schulamt.
Kampfzone Software
Wenn
so viel Hardware ersetzt wird, muss auch die darauf verwendete Software
ausgewählt werden. Und darüber scheiden sich im Stadtrat die Geister. Während
der Kauf der Tablets und Laptops nicht umstritten sein dürfte, sind zur Art der
künftig verwendeten Programme Abänderungsanträge gestellt worden. Sie alle
verlangen, dass stärker auf Opensource-Software gesetzt wird, also auf
Programme, die ohne Lizenzgebühren verwendet werden können. Proprietäre
Software, das lizenzkostenpflichtige Gegenstück von Opensource, soll nur dann
zum Einsatz kommen, wenn es keine Alternative gibt.
Dabei
ist die Kostenfrage gar nicht das Hauptargument der Opensource-Befürworter.
«Opensource sorgt für ein besseres Verständnis der Digitalisierung», sagt
EVP-Stadtrat Matthias Stürmer. So mache man sich nicht von gewissen Produkten
abhängig, sondern erlange Grundlagen-Techniken. Bereits beim Vorgängerprojekt
2008 sei versprochen worden, dass freiwillig auf Opensource gesetzt werde.
Passiert sei aber nicht viel. Deshalb brauche es nun verpflichtendere Vorgaben,
so Stürmer.
Für
Microsoft Word oder Adobe Photoshop – für beide Programme gibt es
Opensource-Alternativen – könnten somit für Schüler künftig keine Lizenzen mehr
gekauft werden. Für Lehrer Widmer ist dies ein Albtraum. «Viele Lehrer wissen
heute, wie sie Microsoft Word bedienen müssen.» Deshalb könne den Schülern bei
Problemen gut geholfen werden.
Wenn
neuartige Opensource-Programme verwendet werden müssten, wären dafür
Weiterbildungen nötig. «Dieser Aufwand lohnt sich nicht.» Damit würde auch
indirekt in den Lehrplan eingegriffen, sagt Widmer. Dieser werde aber nicht von
der Stadt, sondern vom Kanton festgelegt.
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