7. März 2017

Erwartungen nicht erfüllt

Welche Fremdsprache sollen Deutschschweizer Kinder an der Schule zuerst lernen? Diese Frage ist in mehreren Kantonen ein Politikum. Ob Französisch oder Englisch – gleich zwei Studien zweifeln nun generell am Nutzen des Frühunterrichts. 
Frühfranzösisch und Frühenglisch floppen, Basellandschaftliche Zeitung, 6.3.


Baselland hat vor vier Jahren trotz politischer Widerstände Frühfranzösisch in der dritten Klasse eingeführt. Sprachpädagogen zeigten sich damals begeistert: Dank früher Förderung würden die Kinder besser Französisch lernen. In einer Umfrage des Lehrervereins Baselland bei 55 Sekundarlehrern im Landkanton zeigt sich nun aber gemäss einem Bericht in der Zeitung «Schweiz am Wochenende»: Die Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. 97,3 Prozent der Lehrer schätzen den Wortschatz der Siebtklässler als «schlecht» oder «nicht so gut» ein. Die Schüler seien frustriert, weil sie kaum etwas lernten. Viel besser schnitten die Schüler in Englisch ab. Pädagogen und Bildungspolitiker fordern nun, dass der Französischunterricht erst in der 4. Klasse beginnt – dafür mit einer höheren Stundenanzahl. Der frühere Baselbieter Sekundarlehrer Felix Schmutz, der sich intensiv mit der neuen Lernmethode und den neuen Lehrmitteln auseinandergesetzt hat, kommt in der «Schweiz am Wochenende» zum Schluss: «Offensichtlich ergibt es keinen Sinn, schon in der dritten Klasse mit Französisch anzufangen». 

Aus zwei anderen Kantonen wiederum kommen Zweifel am Frühenglisch auf: «Gemessen an der total aufgewendeten Unterrichtszeit ist das Verhältnis von Aufwand und Ertrag bei einem frühen Beginn mit dem Englischunterricht eher ungünstig.» Zu diesem Fazit kommt eine Studie des Instituts für Bildungsevaluation der Universität Zürich, aus der die «NZZ am Sonntag» zitiert. Die Autoren verglichen die Fremdsprachenkompetenzen von Aargauer und Solothurner Schülern am Ende der obligatorischen Schulzeit. Im Aargau wird Englisch ab der dritten Klasse gelehrt, in Solothurn hatten die betroffenen Schüler nur drei Jahre Englisch auf der Oberstufe. Im Ergebnis schnitten die Aargauer zwar einiges besser ab. Doch betrug ihr Vorsprung laut der Studie nur ein halbes bis ein ganzes Schuljahr. 

Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands, freut sich über die Ergebnisse der Studie. Bemerkenswert sei auch der festgestellte klare Zusammenhang zwischen Deutschkompetenzen und Fortschritten im Englisch. Man konzentriere sich also besser auf Deutsch und eine Fremdsprache in der Primarschule und beginne mit der zweiten erst später. «Die Schüler holen den Rückstand in no time auf.» Sie persönlich würde Französisch den Vorzug geben, die Motivation fürs Englisch sei ohnehin gross.

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