Präsident
des Schulleiterverbandes Solothurn Adrian van der Floe erläutert im Interview
die zehnjährige Verbandsgeschichte.
Unterschiedliche Ansichten punkte Integration, Bild: Hanspeter Baertschi |
Verbandspräsident
Adrian van der Floe erläutert im Interview mit dieser Zeitung die Entwicklung
des Verbands. Der 56-Jährige leitet seit Oktober 2011 die Verbandsgeschäfte. Er
blickt auf eine 20-jährige Erfahrung als Schulleiter zurück, zuerst in
Langendorf, seit 13 Jahren an der Oberstufe Wasseramt Ost.
Der Schulleiterverband hat einen starken Einfluss auf die
Solothurner Bildungspolitik. Oder täuscht der Eindruck?
Adrian van der Floe: Die
Zusammenarbeit mit dem Volksschulamt funktioniert sehr gut. Unsere Vorschläge
werden aufgenommen. Bis zu einem gewissen Grad ist der Kanton auf die
Zusammenarbeit mit uns, dem Schulleiterverband, und auch dem Volksschul-
lehrerverband LSO angewiesen. Im Rahmen von Sparmassnahmen und durch Verschiebungen von kantonalen Kompetenzen zu den Schulleitungen sind beim Volksschulamt Stellen eingespart worden. Ich kenne kein Amt in einem anderen Kanton, das mit so wenigen Ressourcen auskommt.
lehrerverband LSO angewiesen. Im Rahmen von Sparmassnahmen und durch Verschiebungen von kantonalen Kompetenzen zu den Schulleitungen sind beim Volksschulamt Stellen eingespart worden. Ich kenne kein Amt in einem anderen Kanton, das mit so wenigen Ressourcen auskommt.
Ein Paradebeispiel für den Einfluss ihres Verbands ist
das neue Übertrittsverfahren von der Primarschule in die Sek I ...
Im
Januar hat ein letztes Mal die kantonsweite Übertrittsprüfung stattgefunden.
Neu gewinnt neben den Schulnoten die Lehrerbeurteilung an Bedeutung. Unter
Schulleitenden haben wir festgestellt, dass das Verfahren mit einer
Übertrittsprüfung, das mit der Sek-I-Reform eingeführt worden ist, nicht
zeitgemäss ist. Innerhalb des Bildungsraums Nordwestschweiz ist eine solche
Prüfung einzigartig. Wir haben vom Verband her die Änderung angestossen. Das
Volksschulamt hat eine breit abgestützte Arbeitsgruppe eingesetzt. Wir
Schulleiter haben darauf gedrängt, dass es die Möglichkeit einer
Kontrollprüfung gibt, für alle jene Fälle, wo sich Eltern und Lehrer nicht
einig werden.
Auch bei den Anpassungen auf der Sekundarstufe I haben
sich die Schulleiter aktiv miteingemischt. Weshalb?
Der
LSO hat die Initiative ergriffen und mit uns zusammen eine Arbeitsgruppe
gegründet. Es ging uns darum, Schwachpunkte der neu gestalteten Sekundarstufe I
zu benennen. Wir haben festgestellt, dass im entscheidenden neunten Schuljahr
die Schülerinnen und Schüler der Sek E und der Sek B zum Teil zu wenig gut auf
die Anforderungen der Berufsbildung vorbereitet werden. Auf unsere Initiative
hin ist der Kantonsrat aktiv geworden. Bildungsdirektor Remo Ankli hat rasch
auf die entsprechenden Anträge und Forderungen reagiert und hat eine Expertise
in Auftrag gegeben.
Ihre Schule, die Oberstufe Wasseramt Ost, hat mit einem
neuen Wahlfachsystem im neunten Schuljahr Pionierarbeit geleistet …
Wir
haben zu diesem Zweck einen Antrag beim Volksschulamt gestellt und unser
Konzept ist genehmigt worden. Eingeführt haben wir das neue System an unserer
Schule im Schuljahr 2015/2016. Statt den beiden Profilen «Soziales» und
«Technik» haben wir im neunten Schuljahr seither ein modulares Wahlfachsystem,
das spezifischer auf die Bedürfnisse der Berufsschulen ausgerichtet ist. Mit
der Umsetzung des Lehrplans 21 wird unser Modell an allen Sekundarschulzentren
im Kanton eingeführt.
Mit dem neuen Wahlfachsystem wird auch die
Durchlässigkeit von der Sek E an die Kanti verbessert?
Der
Übertritt von der Sek E an die Kanti war bis jetzt fast nicht möglich und er
wurde wenig propagiert. Mit dem neuen Wahlfachsystem haben Sek-E-Schüler eine
realistische Möglichkeit, die Bedingungen für die Kanti zu erfüllen. Zurzeit
werden in der Bildungsverwaltung die Modalitäten für einen Übertritt definiert.
Es braucht künftig einen bestimmten Notendurschnitt, die Prüfung wird
abgeschafft.
Ab
dem Schuljahr 2017/18 werden alle künftigen Mittelschüler ein Angebot besuchen
müssen, das sie gezielter auf das Gymnasium, die Berufmaturität oder die
Fachmittelschule vorbereiten wird. Folgendes scheint mir wichtig: Gegen Ende
des achten Schuljahres haben Schüler die nötige Reife, um sich für eine
Berufslehre oder eine schulische Laufbahn zu entscheiden. Für einen
Sechstklässler kommt diese Entscheidung zu früh. Statt einer Anpassung der Sek
E, wie man es jetzt macht, hätten wir vom Schulleiterverband im Übrigen eine
dreijährige Sek P bevorzugt.
Die Umsetzung der Speziellen Förderung ist seit Jahren
ein Dauerbrenner. Wo sehen Sie hier das grösste Problem?
Die
grösste Herausforderung besteht im Umgang mit verhaltensauffälligen Schülern.
Das ist eine grosse Baustelle. Hinzu kommt, dass der Verband der Schulleiter
und der LSO unterschiedliche Vorstellungen haben. Während der LSO an den
regionalen Kleinklassen festhalten will, stehen wir der Ausgestaltung dieser
Kleinklassen kritisch gegenüber. Obwohl die Zuteilung vereinfacht worden ist,
ist der Zugang immer noch zu komplex.
Zudem
sind die regionalen Kleinklassen stark mit dem Bereich Sonderpädagogik
vermischt. Der Schulleiterverband setzt sich für lokale, niederschwelligere
Formen ein, damit schwierige Situationen in Klassen rasch beruhigt werden
können. Ein gutes Beispiel dafür sind die Schulinseln, wie sie die Stadt Olten
eingeführt hat.
Eine Baustelle bildete über Jahre die Zusammenarbeit der
Schulleitenden mit den Gemeindebehörden. Haben Sie sich gefunden?
Gerade
auch die externe Schulevaluation hat hier einige Mängel zutage gefördert. Wir
haben darauf reagiert und im letzten Jahr gemeinsam mit dem
Einwohnergemeindeverband VSEG eine Reihe von Workshops durchgeführt. Diese
haben viel dazu beigetragen, dass die Behörden heute wissen, welches ihre
Aufgabe ist. Neben der Klärung der Rollen, ist auch die praktische
Zusammenarbeit verbessert worden.
So
ist es zum Beispiel sehr sinnvoll, wenn sich der verantwortliche Gemeinderat
und der Schulleiter wöchentlich zu einem gemeinsamen Austausch treffen. Bei
diesen Treffen geht es darum, allgemeine Schulfragen zu thematisieren. Die
Schule ist der grösste Budgetposten der Gemeinde. Wir müssen deshalb
regelmässig im Gespräch bleiben.
Ein Zankapfel war die lange die Frage der Pensen und
Löhne. Sind Sie zufrieden mit den Gemeinden?
Wir
haben vom Schulleiterverband aus eine Empfehlung zu den Schulleiterpensen und
den Löhnen erarbeitet, die vom VSEG verabschiedet worden ist. Diese Empfehlungen
werden in den Gemeinden heute mehrheitlich befolgt.
Die
Schulleitungspersonen gehören heute zum Kader einer Gemeinde und nehmen auch an
den Kadersitzungen teil. Damit ist gewährleistet, dass die Schulen über ein
entsprechendes Gewicht in den Gemeinden verfügen.
Wie erklären Sie sich dann die vielen Stelleninserate?
Etliche Schulleiterde scheinen es nicht lange in ihren Schulen auszuhalten ...
Tatsächlich
sind immer wieder Stellen zu besetzen. Und zwar nicht aufgrund von
Pensionierungen, sondern weil die Stelleninhaber ihre Stelle wechseln. In den
allermeisten Fällen haben Schulleiter früher als Lehrpersonen gearbeitet. Das
Schulleiter-Nachdiplom nutzen einige, um den Bereich Schule zu verlassen.
Andere
werden mit dem Job als Schulleiter nicht glücklich und wechseln wieder in den
Lehrberuf. Problematisch kann die Schulleiterposition besonders dann werden,
wenn jemand zuvor an der gleichen Schule als Lehrperson gearbeitet hat. Mit dem
Rollenwechsel können nicht alle gleich gut umgehen.
Wie begegnen Sie dieser Situation?
Ein
Problem stellt der Einstieg für Schulleitungspersonen dar. Hier müssen wir
Unterstützung bieten. Wir sind jetzt daran, neu ein Mentoring-Programm für
Schulleiterinnen und Schulleiter aufzubauen. Dadurch gibt es dann womöglich
mehr Interessenten für das Nachdiplomstudium. Oft scheitern die neuen
Schulleiter zu Beginn an den lokalen Gegebenheiten. Man trifft hier auf
Lehrpersonen, die noch an den Vorgänger gewohnt sind. Wenn ein neuer
Schulleiter von heute auf morgen alles ändern will, wird er scheitern. Man muss
die Betroffenen zu Beteiligten machen.
Wo will der Verband in Zukunft Akzente setzen?
Sehr
wichtig ist für uns, dass wir das, was wir bis jetzt erreicht haben,
konsolidieren. Ein Dauerbrenner wird die Umsetzung der Informatischen Bildung
sein. Der Verband hat die Einsetzung einer Arbeitsgruppe gefordert, damit die
nötigen Ressourcen flächendeckend in allen Gemeinden umgesetzt werden können.
Innerhalb des Verbands diskutieren wir zurzeit zudem die Zukunft des
Religionsunterrichts.
Immer
weniger Schüler gehören einer Landeskirche an. Ein weiteres grosses Thema sind
Tagesstrukturen und Tagesschulen. Ich bin überzeugt, dass viele Schulen in
wenigen Jahren eine Ganztagesbetreuung einführen werden. Da sind die Politik
und die Schulen gefordert. Es braucht Räume und die nötige Betreuung. Dazu
gehört auch die Frühförderung vor Eintritt eines Kindes in den Kindergarten.
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