20. Februar 2017

Gesundheitsrisiko Schulthek

Was sind die dringlichsten Probleme Zürichs? Überteuerte Wohnungen? Unsinnig geführter Verkehr? Weit gefehlt. Gemäss dem Elternrat des Schulhauses Buhnrain sind es zu schwere Schultheks, die zuoberst auf der Prioritätenliste stehen. Seit mehr als drei Jahren kämpfen die Eltern in Seebach dafür, dass an der Schule Garderobenkästen eingebaut werden. Die Taschen der Kinder wögen wegen der Bücher oft mehr als acht Kilogramm – gesundheitsschädigend für die zarten Rücken. Vom Elternrat gelangte die Sache in den Gemeinderat, und schliesslich diskutierte sogar der Stadtrat darüber. Seine Antwort fiel im Januar 2014 negativ aus: Da das Schulhaus Buhnrain im Jahr 2023 umfassend saniert werde, sei kein vorzeitiger Einbau von Garderobenkästen möglich.
Gesundheitsrisiko Schulthek, NZZ, 20.2. von Nina Kunz


Dem Stadtrat sind die Kinderrücken aber nicht egal. Auf einer ganzen Seite breitete er seine Einschätzung zur «gesundheitsschädigenden Wirkung schwerer Schultornister» aus. Das Fazit: Die Seebacher Jugendlichen unterscheiden sich aus Sicht des Schulärztlichen Dienstes nicht von anderen Zürcher Jugendlichen. Zudem seien Rückenleiden nur ein marginales Problem: Von den 1712 Zürcher Schülerinnen und Schülern, die 2012 untersucht wurden, gaben nur 96 an, dass sie unter Rückenschmerzen leiden (5,5 Prozent). Weiter gibt der Stadtrat zu bedenken: «Gemäss heutigem Stand der Forschung gibt es nicht ausreichende evidenzbasierte Kriterien, um einen Zusammenhang zwischen dem Schulranzengewicht und Rückenschmerzen oder Haltungsschäden herzustellen.» Insgesamt scheint nicht das Gewicht, sondern die «ergonomischen Eigenschaften des Tornisters» ausschlaggebend zu sein.


Jetzt aber wendet sich das Blatt. Der Entscheid des Stadtrates wurde Mitte Februar angepasst, da die Instandsetzung des Schulhauses Buhnrain aufgeschoben wurde. Somit gehört die Schulanlage nun in die Kategorie derjenigen Liegenschaften, die vorzeitig mit Garderobenkästen aufgerüstet werden dürfen (11 von 29 Oberstufenschulhäusern in der Stadt Zürich haben bereits solche). Schon in den kommenden Sommerferien ist es so weit. Der Elternrat jubelt. In der Lokalzeitung «Zürich Nord» lässt sich ein Vater zitieren: «Das ist eine Superlösung. Jedes Jahr länger wäre ein Jahr zu viel gewesen.» Zu hoffen bleibt nur noch, dass die Jugendlichen beim Schulthek-Kauf fortan auf die ergonomischen Eigenschaften achten. Wahrscheinlich aber ist, dass sie sich doch eher für eine schicke Tasche von Longchamp oder Freitag entscheiden.

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