Ende Jahr
erhalten alle Volksschullehrkräfte, die schon Ende Juli 2011 im Monatslohn
angestellt waren, einen halben Monatslohn ausbezahlt. Schön für sie. Weniger
schön für die Gemeinden, die 80 Prozent davon zahlen müssen. Paradoxerweise
handelt es sich bei der überstürzt verfügten Massnahme um eine Art präventive
Sparübung der Zürcher Regierung – eine Sparmassnahme, über die sich die
Gemeinden allerdings ziemlich aufregen, obwohl auch sie dadurch längerfristig
Kosten sparen.
Kurzfristige Massnahme stösst bei den Gemeinden auf Widerstand, Bild: C. Ruckstuhl
Vom Kanton überrumpelte Gemeinden, NZZ, 3.12. von Walter Bernet
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Aufs
Mal statt gestaffelt
Doch
der Reihe nach: Im Februar 2011 überarbeitete die Regierung die
Lehrpersonalverordnung gründlich. Unter anderem wurde der personalrechtliche
Schuljahresbeginn vom 15. August auf den 1. August vorverlegt, weil ein neues
System für die Personaladministration eingeführt wurde. Dadurch dauerte das
Schuljahr 2010/2011 besoldungstechnisch nur 11,5 Monate. Alle damals
beschäftigten Volksschullehrerinnen und -lehrer hatten deshalb einen
BVK-berechtigten halben Monatslohn zugut. Ausbezahlt werden sollte er nach dem
Willen des Regierungsrats jeweils bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also
gestreut auf bis zu 40 Jahre.
So
wurde das bisher auch gehandhabt. Berechnet wurde er aufgrund des beim Austritt
bezogenen Lohns und des Beschäftigungsgrads Ende Juli 2011. Stein des Anstosses
ist nun, dass die Regierung diese Bestimmung Ende Oktober äusserst kurzfristig
geändert hat. Alle ausstehenden Nachzahlungen sollen jetzt auf einen Schlag
Ende 2016 ausbezahlt werden. Mit dem Beschluss will die Regierung sich abzeichnende
Mehrausgaben verhindern. Sie ergeben sich einerseits aus den ab nächstem Jahr
höheren BVK-Beiträgen mit erwarteten Mehrkosten von 0,3 Millionen Franken,
anderseits aus dem ab Sommer 2017 geltenden neuen Berufsauftrag der
Lehrpersonen: Kindergärtnerinnen werden dann zwar lohnmässig etwas höher
eingestuft, aber gleichzeitig wird ein Pensum, das 2011 100 Prozent ausmachte,
nur noch mit 88 Prozent angerechnet. Die Kombination von beidem würde die
Lohnnachzahlung um 15 Prozent verteuern – Mehrkosten: 0,4 Millionen Franken.
Mit den vorgezogenen Nachzahlungen können Gemeinden und Kanton also sparen. Es
bestünden dafür noch ausreichende Rückstellungen von Kanton und Gemeinden von
hochgerechnet 21,3 Millionen Franken, schreibt die Regierung. 4,3 Millionen
davon sind beim Kanton für die Nachzahlungen reserviert. Damit seien die 20
Prozent, die der Kanton an die Löhne zahlen müsse, gedeckt; die laufende
Rechnung werde nicht tangiert.
Das
mag für den Kanton gelten. Aus kommunaler Sicht sieht es anders aus. Das jedenfalls
stellte der verärgerte Winterthurer Stadtrat und Schulvorsteher Stefan Fritschi
(fdp.) diese Woche im «Landboten» fest. 1,5 Millionen Franken werde das
Volksschulamt der Stadt für die Lohnnachzahlungen verrechnen, bestätigte
Fritschi auf Anfrage. Winterthur habe 2011 keine Rückstellungen gemacht, da
dies im Regierungsbeschluss auch nicht verlangt worden sei. Die Auszahlungen
sollten sich ja – entgegen dem damaligen Winterthurer Wunsch – auf viele Jahre
verteilen. Fritschis Kritik richtet sich in erster Linie gegen die ungenügende
Form der Kommunikation einer nicht budgetierten Belastung in Millionenhöhe. Man
habe aus dem Amtsblatt vom 4. November von der Belastung der Nachzahlung per
Ende Jahr erfahren. Zudem moniert er, dass der Gemeindeanteil von 80 Prozent
nicht dem Gemeindeanteil von 2011 – 54 Prozent – entspreche. So wie Winterthur
gehe es wohl auch andern Gemeinden, sagt Jörg Kündig, Gemeindepräsident von
Gossau, FDP-Kantonsrat und Präsident des Gemeindepräsidentenverbandes. Auch er
kritisiert in erster Linie das wenig durchdachte Vorgehen.
Enger
Fahrplan
Die
Chefin des kantonalen Volksschulamts, Marion Völger, räumt ein, dass die Frist
sehr knapp war. Man habe die Entwicklung im Zusammenhang mit dem neuen
Berufsauftrag erst im Sommer realisiert. Die Massnahme noch rechtzeitig vom
Regierungsrat beschliessen zu lassen, sei ein ambitioniertes Vorhaben gewesen.
Vor den Herbstferien habe man den Vorstand des Verbandes Zürcher Schulpräsidien
(VZS) vorinformiert, aber die eigentliche Information sei erst nach dem
Regierungsbeschluss möglich und an der VZS-Mitgliederversammlung vom 17.
November geplant gewesen. Die Publikation im Amtsblatt habe man nicht steuern
können. Generell seien Kanton und Gemeinden in dieser Sache im gleichen Boot.
Alle müssten sparen. Dass man wie schon bisher den Verteilschlüssel zwischen
Kanton und Gemeinden von 20 zu 80 Prozent anwende, ergebe sich aus der
Bestimmung im Regierungsbeschluss vom Februar 2011, wonach die Lohnzahlung am
Ende der Anstellung fällig werde.
Vera
Lang, Präsidentin des VZS und Kreisschulpflegepräsidentin Glatttal in Zürich,
bestätigt die Vorinformation. Man habe damals deutlich gemacht, dass man
inhaltlich nicht Stellung nehme, weil die Änderungen in der Kompetenz der
Regierung lägen. Der inhaltliche Akt sei das eine, der späte Zeitpunkt der
Kommunikation etwas anderes. Letztere kritisiert auch sie.
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