Die Welt
hält in den Baselbieter Schulen Einzug – zumindest das, was digital davon übrig
geblieben ist. Der Kanton rüstet seine Schulen massiv mit Internet und
Computern auf. Die Schulleitungen drängen schon jetzt auf die Umsetzung, ab
2017 sollen ganze Klassen persönliche Computer für die Schüler erhalten. Die
Kosten übernehmen für einmal nicht die Eltern, sondern der Staat.
Baselbieter Schulen verlassen die Steinzeit: 2017 gibts Tabletcomputer in ganzen Klassen, Barfi.ch, 12.12. von Andreas Schwald
Stellen
wir uns vor: Jeder Sekundarschüler erhält von seiner Schule einen persönlichen
Computer. Vielleicht ist es ein Tablet, vielleicht ein Laptop, egal, denn in
beiden Geräten steckt mittlerweile praktisch dasselbe. Jeder Schüler, jede
Schülerin also wird mit einem internetfähigen Kantonsrechner ausgestattet, auf
dem er oder sie nicht nur Hausaufgaben macht, sondern im Unterricht aufgaben
löst oder das Lehrmittel durchgeht. Aufgelöst ist das Computerzimmer, wie man
es heute kennt, die Geräte befreit aus den engen und streng überwachten Räumen.
Das ist
nicht die Zukunft, es ist die Gegenwart, die in das Klassenzimmer kommt
– denn Internet und alle dazugehörigen Endgeräte sind im Lebensumfeld der
Schweizer Durchschnittsfamilie schon lange Alltag. Hier macht jetzt auch das
Baselbiet Tempo: Das Projekt trägt den etwas technischen Namen IT.SBL und
beschreibt das Vorgehen an den Baselbieter Schulen (SBL) mit
Informationstechnologie (IT). Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler eins zu
eins, also durchs Band weg, mit schuleigenen Geräten auszustatten. Das ist auch
nötig. Viele aktuelle Lehrmittel sehen vor, dass Computer oder andere
technische Geräte zum Einsatz kommen.
Erste
Sekundarschulen sollen schon auf das Schuljahr 2017/2018 Pilotklassen erhalten,
deren Schüler mit persönlichen Computern ausgerüstet werden. Ist der Pilot
erfolgreich, «wird eine flächendeckende Einführung in Aussicht genommen», sagt
Deborah Murith, Sprecherin der Bildungsdirektion (BKSD) Baselland. Aktuell
verfügen die Baselbieter Sekundarschulen über je vier Computer pro Klasse,
wobei die meistens noch im Computerzimmer der Schule eingesperrt sind. Auch
Primarschüler kommen künftig in den Genuss von Touchscreen oder Notebook;
entsprechende Kredite hatte der Landrat Ende 2013 und Anfang 2014
verabschiedet. Nur die Fraktion der SVP war dagegen.
«Schlüsselkompetenz
der Gegenwart»
Für die
Schulleitungen kann es nicht schnell genug gehen. «Wir befinden uns in einer
bedeutenden Übergangszeit», sagt Jürg Aeberhard, Schulleiter der Sekundarschule
Burg in Liestal: «Der Umgang mit Informationstechnologie ist eine absolute
Schlüsselkompetenz der Gegenwart.» Schluss mit den alten Computerzimmern, in
denen die Schüler nur während bestimmten Stunden Zugang zu den Geräten hatten.
Jetzt kommen die Computer mit den Schülern ins Klassenzimmer.
Dabei
hätten die Schulen die neuen Computer am liebsten schon jetzt. Denn mit dem
Lehrplan 21 sind auch die Ansprüche der Lehrmittel gestiegen, allein im
Fremdsprachenunterricht sind technische Geräte praktisch Pflicht. Auch wenn die
BKSD beschwichtigt, dass für mitgelieferte Audio-CDs noch ein Abspielgerät
genüge. Schulleiter Jürg Aeberhard hält fest: «Die Ansprüche steigen mehr und
mehr. Wir müssten die Zwischenzeit für den Umstieg nutzen: Schulentwicklung,
Weiterbildung etc.» Die aktuelle Anzahl Computer an den Schulen reiche
heute kaum aus. Die Bildungsdirektion erachtet es trotz allfälligen
Mangelerscheinungen «als nicht zielführend», dass die Schulen in der
Zwischenzeit den Bedarf mit privaten Informatikmitteln decken.
Schulen
hängen in der Warteschlaufe
Auch im
Oberbaselbiet geht die Technologisierung voran. In Gelterkinden wechselt die
Sekundarschule derzeit die Desktop-Computer gegen Laptops aus, anfangs Jahr
soll die Migration der Geräte stattfinden. «Klar, auch für viele Lehrpersonen
bedeutet der Einsatz der Computer im Klassenzimmer eine Umstellung», sagt
Schulleiter Daniel Dettwiler. Noch sei schwer abschätzbar, wie der Unterricht
genau ablaufen würde, deshalb gäbe es auch die Pilotklassen. Aktuell prüfe die
Schule, wie sie den Bedarf an Computertechnik bis zur Aufrüstung durch den
Kanton überbrücken könne. Wie Kollege Aeberhard sagt auch Dettwiler: «Die
Integration von Computern in den Unterricht ist unaufhaltsam.»
Welche
Geräte oder Marken genau eingesetzt werden, ist noch offen. Es dürften aber
nicht die neusten MacBooks oder iPads sein, denn Apple hat preislich den
Einsteigermarkt schon lange verlassen. Zudem dürften die hippen Edelprodukte
das Budget des finanziell klammen Landkantons deutlich übersteigen. Zumal die
BKSD von einer «bedarfs- und stufengerechten Ausstattung der Schulen» schreibt,
mit der «die Chancengleichheit für alle Schülerinnen und Schüler» gesichert
werden soll.
Für
Lehrer gilt: Bring dein eigenes Gerät
Und die
Lehrer? Die kommen nicht ungeschoren davon. Im Gegensatz zu ihren Schülern
werden sie aber nicht mit Kantonscomputern ausgerüstet. Vielmehr verfolgt die
Bildungsdirektion bei ihnen die Strategie «bring your own device», also: bring
dein eigenes Gerät mit.
Der
Kanton entschädige aber die Lehrpersonen für die Verwendung ihrer privaten
Computer, so BKSD-Sprecherin Murith. Zudem muss der ganze Lehrkörper Aus- und
Weiterbildungen im Informatikbereich absolvieren. Schliesslich steuern die
Lehrerinnen und Lehrer den Einsatz der technischen Mittel – und nicht
umgekehrt.
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