Ganz
freiwillig wagt der Gemeinderat von Reiden den ungewöhnlichen Schritt nicht.
Weil der Ort überschuldet ist und kritische Bürger intervenierten, wurde eine
für den 27. November angesetzte Volksabstimmung kurzfristig abgeblasen.
Statt mit einem ordentlichen Kredit von 6,3 Millionen Franken will der
Gemeinderat das neue Schulhaus Mitte durch einen privaten Investor finanzieren
und bauen lassen. Die Gemeinde will sich in das Gebäude einmieten.
Baue Schulhaus - suche Investor, NZZ, 3.11. von Erich Aschwanden
Der
Ort im Luzerner Hinterland betritt damit Neuland. Er testet aus, wie weit
finanziell gebeutelte Kommunen staatliche Aufgaben in Zusammenarbeit mit
Privaten erfüllen können. Eine Umfrage in den Kantonen ergibt, dass in der
Schweiz noch nie ein kommunales Schulhaus von einem privaten Investor erstellt
wurde. Auch beim Schweizer Gemeindeverband ist kein Fall einer sogenannten
Public-Private-Partnership (PPP) bei der Volksschule bekannt.
«Privatisierung
kein Thema»
Gute
Erfahrungen mit dem PPP-Modell hat die Stadt Luzern gemacht. Zusammen mit einem
Generalunternehmer hat sie die Sportarena Allmend errichtet, zu der das Stadion
des FC Luzern gehört. Obwohl diese Kooperation für beide Seiten erfolgreich
war, gibt es für die Stadtluzerner Baudirektorin Manuela Jost (glp.) eine klare
Grenze, wenn es um Kernaufgaben der öffentlichen Hand geht. «Die Privatisierung
der Grundschulen ist kein Thema. Wir müssen die Handlungsfreiheit für die
Erfüllung unseres Grundauftrags behalten», erklärte
sie gegenüber der «Luzerner Zeitung».
Auch
im Kanton Solothurn will man vom PPP-Ansatz bei öffentlichen Schulen nichts
wissen. «Formen der Miete oder des Leasings sind rechtlich volatiler, da hier
bei mehreren – und oft wechselnden – Parteien Rechtsstreitigkeiten eher möglich
sind als beim Alleineigentum», sagt Adriano Vella, Sekretär des Departements
für Bildung und Kultur.
Längerfristig
sei es ausserdem so, dass Finanzierungen durch private Investoren zu einer
Mehrbelastung des Gemeinwesens führten. «Dies ergibt sich aus dem legitimen
Gewinnstreben privater Investoren bei vorgegebenen Qualitätsanforderungen an
Schulhäuser durch das Baurecht», ist Vella überzeugt. Lösungen mit Investoren
ergäben nur in Ausnahmefällen Sinn, etwa für Container, die als zeitlich
befristete Zusatz- oder Ersatzschulzimmer dienen.
Auch
Heinz Gut, Geschäftsführer des Vereins PPP Schweiz, glaubt
nicht, dass Gemeinden in finanziellen Engpässen mit einem privaten Investor
besser fahren. Aufgrund der gegenwärtigen Zinssituation könnten Gemeinden am
Kapitalmarkt günstiger Geld aufnehmen als Firmen. «Diese Differenz lässt sich
nur bei komplexen Projekten hereinholen, die eine aufwendige Planung brauchen»,
sagt Gut.
Verwaltung
kann es auch
Gemäss
Gut kann eine öffentlich-private Partnerschaft unter bestimmten Voraussetzungen
sehr wohl eine Alternative zu einer rein staatlichen Finanzierung sein. Das
Schulhausprojekt in der 6800-Einwohner-Gemeinde Reiden falle jedoch nicht in
diese Kategorie. «Wenn es um komplexe Projekte geht, in die mehrere Gemeinden
oder ein Kanton involviert sind, kann der Beizug Privater einen Mehrwert
bringen», betont der Experte. Bei einem normalen Schulhausbau sei dies nicht
der Fall. «Die Verwaltung kann dies mindestens so gut wie Private», erklärt
PPP-Geschäftsführer Gut. Er bezweifelt auch, dass angesichts des geringen
Volumens von etwas über 6 Millionen Franken ein privater Investor einsteigt.
Nicht
zuletzt das geringe Investionsvolumen war verantwortlich dafür, dass die Stadt
Opfikon im Jahr 2008 die Suche nach einem Investor abblasen musste. Als PPP-Projekt wurde damals der Schultrakt Lättenwiesen
geprüft, der auf 12 Millionen Franken veranschlagt wurde. Interessant wird es für private
Investoren jedoch erst ab einem Investitionsvolumen rund 20 Millionen Franken.
Zwiespältige
Erfahrungen hat man in Deutschland gemacht, wo Kommunen seit längerem
öffentliche Schulen durch Private realisieren lassen. Während das Modell an
einigen Orten funktioniert und finanzielle Vorteile bringt, endete es
andernorts in langwierigen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Beteiligten.
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