Im Jahr 2006 haben die Stimmberechtigen mit grosser Mehrheit zu einer
Harmonisierung der Schulen ja gesagt. Die Schulkinder sollten bei einem Umzug
in einen anderen Kanton keine fachlichen Schwierigkeiten erhalten. Hinter
diesem Ziel, um das es damals ging, steht die Starke Schule Baselland.
Vorstand befürwortet Rückzug der Initiative „Ja zum Austritt aus dem gescheiterten und überteuerten Harmos-Konkordat“, Medienmitteilung Starke Schule Baselland, 27.10.
Die Initiative „Ja zum Austritt aus dem gescheiterten und überteuerten
Harmos-Konkordat“ wurde im Februar 2014 lanciert. Auslöser für die Lancierung
war das Schreiben von alt Regierungsrat Urs Wüthrich vom Januar 2014 an alle
Lehrpersonen im Kanton, in welchem er mitteilte: «Der Lehrplan 21 ist
verbindlicher Auftrag aus dem Harmos-Konkordat.» Und: «Die Grundsätze des
Lehrplans 21 (Zyklen, Kompetenzorientierung, Beurteilung und Bewertung,
Fachbereiche) sind nicht in Frage gestellt …»[1] Gemäss diesem Schreiben war ein
Abweichen vom Lehrplan 21 für die Harmos-Kantone nicht möglich. Das hätte
bedeutet, dass der Kanton Basel-Landschaft den Lehrplan 21 unverändert mit
folgenden Vorgaben hätte übernehmen müssen: Sammelfächer, Zyklen statt
Jahresziele, 3‘500 z.T. abstrakte und diffuse Kompetenzbeschreibungen und keine
Ausrichtung auf die drei Leistungsprofile A, E und P. Nur mit einem Ausstieg
aus dem Harmos-Konkordat hätten wir zum Beispiel die Einführung von
Sammelfächern verhindern können. Dies war der Grund für die Lancierung der
Harmos-Ausstiegsinitiative. Erfreulicherweise hat die Schweizerische
Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) ihre Position aufgrund der heftigen Kritik
und der Lancierung von zahlreichen Initiativen in der ganzen Schweiz geändert.
Heute ist der Lehrplan 21 nur noch eine unverbindliche Mustervorlage, wie auch
Regierungsrätin Monica Gschwind in einem Interview in der Tageswoche vom 31.
Mai 2016 bestätigte: „Der Lehrplan 21 ist eine Mustervorlage, an die
sich die Kantone anlehnen können, in der Ausgestaltung der eigenen Lehrpläne
aber frei sind.“[2]
Vom Januar 2014 bis im Mai 2016 hat die EDK ihre Position betreffend
verpflichtender Einführung des Lehrplans 21 also grundsätzlich geändert. Diese
positive Entwicklung ist auch Regierungsrätin Monica Gschwind zu verdanken, die
in der EDK darauf hingearbeitet hat und uns nun ermöglicht, auch als
Harmos-Kanton vom Lehrplan 21 abzuweichen.
Die Harmos-Ausstiegsinitiative ist die wichtigste und zugleich
erfolgreichste Initiative der Starken Schule Baselland. Wir konnten mit diesem
Volksbegehren den Widerstand gegen die unsäglichen Bildungsreformen weit über
die Kantonsgrenzen anstossen. Die Initiative, so wertvoll und wichtig sie
damals war, ist heute faktisch irrelevant geworden. Ob wir im Harmos-Konkordat
dabei sind oder nicht, hat praktisch keinen Einfluss mehr auf unsere künftige
Bildungspolitik. Der Vorstand der Starken Schule Baselland befürwortet den
Rückzug. Den definitiven Entscheid fällen in den kommenden Wochen jedoch die
Mitglieder des Initiativkomitees.
Einreichung der Initiative „Ja zu Lehrplänen mit klar definierten
Stoffinhalten und Themen“
Die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) hat den Volkswillen für eine
Harmonisierung der Schulen zum Anlass genommen, den kompetenzorientierten
Lehrplan 21 zu entwickeln, mit welchem eine völlig neue Unterrichtsphilosophie
propagiert wird. Am 18. März 2010 hat die Plenarversammlung der
deutschsprachigen EDK-Regionen das „Grundlagenpapier für den Lehrplan 21“
verabschiedet. Darin wird die neue Unterrichtsphilosophie wie folgt
beschrieben: «Mit Kompetenzorientierung ergibt sich eine veränderte
Sichtweise auf den Unterricht. Lernen wird verstärkt als aktiver,
selbstgesteuerter, reflexiver, situativer und konstruktiver Prozess verstanden»[3]
Zu dieser Unterrichtsphilosophie gehört das „selbstgesteuerte Lernen“ in
einem Grossraum-Zimmer (beschönigend Lernlandschaft oder Lernatelier genannt),
in welchem bis zu 72 Schulkinder weitgehend sich selbst überlassen arbeiten
sollen. Die Schüler/-innen haben ihren persönlich eingerichteten, mit Wänden
abgeschotteten Arbeitsplatz. Kontrollen der Lehrpersonen, ob ein Kind
konzentriert arbeitet oder nicht, sind kaum möglich. Zu unübersichtlich ist der
Schulraum. In Baselland gibt es in Pratteln und Frenkendorf solche
Grossraum-Zimmer. Um dieser Unterrichtsphilosophie zum Durchbruch zu verhelfen,
liess die EDK hinter verschlossenen Türen im stillen Kämmerlein den Lehrplan 21
entwickeln. Die Teilnehmenden wurden sorgfältig ausgewählt, Kritiker
rausgeekelt oder mundtot gemacht.
Der Lehrplan 21 baut auf 3‘500 Kompetenzbeschreibungen auf. Stoffinhalte
sind nur exemplarisch angegeben, ein roter Faden fehlt. Exemplarisch das
folgende Beispiel einer diffusen Kompetenzbeschreibung: „Schülerinnen
und Schüler können allein oder im Gespräch die kommunikative und ästhetische
Wirkung und Qualitäten ihrer Texte mithilfe von Kriterien differenziert
einschätzen.“[4] Der Lehrplan 21 stellt einen
Paradigmenwechsel dar, der die pädagogische Ausrichtung der Volksschule
fundamental verändert. Dies ohne jegliche Legitimation durch das Stimmvolk aber
auch ohne jegliche Not, denn das schweizerische Bildungssystem hat die letzten
Jahrzehnte sehr gut funktioniert und ist Garant für die gute Bildung
unserer Gesellschaft. Dieses Bildungssystem fundamental zu verändern, ohne
wissenschaftliche Begleitung oder Versuchsprojekte, ist fahrlässig.
Zurzeit ist die Bildungsdirektion an der Erarbeitung des neuen Lehrplans
Volksschule Baselland. Zwei Modelle, wie der neue Lehrplan aussehen könnte,
stehen politisch zur Diskussion:
1.
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Der
neue Lehrplan Volksschule Baselland besteht aus zwei gleichwertigen Teilen.
Teil A beinhaltet Kompetenzbeschreibungen, wie sie der Lehrplan 21 vorsieht. Hierbei würden einzelne Anpassungen gegenüber dem Lehrplan 21 gemacht, wie zum Beispiel das Aufteilen der darin vorgesehenen Sammelfächer in Einzelfächer. Teil B bestünde aus Stoffinhalten und Themen, welche Jahresziele formulieren und die unterschiedliche Ausrichtung der drei Leistungsprofile A, E und P berücksichtigt.
Beide
Teile wären verbindlich und bilden zusammen den neuen Lehrplan Volksschule
Baselland. Dieses Modell erfüllt die Auflagen der Motion „Lehrpläne mit
transparenten Stoffinhalten“ von Landrätin Regina Werthmüller. Der Nachteil
dieses Modells wäre jedoch, dass die Kompetenzbeschreibungen eine beachtliche
Bedeutung hätten. Die von uns kritisierte neue Unterrichtsideologie des
Lehrplans 21 wäre weiterhin möglich.
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2.
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Der
neue Lehrplan Volksschule Baselland besteht aus Stoffinhalten und Themen,
welche verbindlich sind. In einem unverbindlichen Anhang werden Kompetenzen
aufgelistet, die den Lehrpersonen als Hilfestellung dienen.
Dieses Modell rückt die Kompetenzbeschreibungen
in den Hintergrund. Der neuen Unterrichtsideologie, wie sie der Lehrplan 21
vorsieht, würde die Basis entzogen. Das Grundlagenpapier zum Lehrplan 21,
welches die Plenarversammlung der D-EDK am 18.3.2010 verabschiedet hat, wäre
für unseren Kanton nicht mehr relevant.
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Unsere Initiative „Ja
zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen“ strebt dieses
zweite Modell an. Heute Morgen haben wir die Initiative „Ja zu Lehrplänen mit
klar definierten Stoffinhalten und Themen“ mit 2‘602 Unterschriften
eingereicht.
[1] Schreiben vom
08. Januar 2014 an die Schulleitungen der Volksschulen und Mitarbeiter/-innen
Projekt Bildungsharmonisierung von alt Regierungsrat Urs Wüthrich.
[2] http://www.tageswoche.ch/de/2016_23/basel/720647/monica-gschwind-der-marschhalt-ist-ein-vorwaertsgehen.htm
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