Klare Worte äusserte Präsidentin Elisabeth Abbassi
an der Delegiertenversammlung des aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes
(alv): «Wut macht sich breit», sagte sie, «viele Lehrpersonen sind wütend über
die Geringschätzung ihrer Arbeit durch die Regierung und die Politik.»
Junglehrer wandern ab
Die Schule Aargau sei einem Überlebenskampf
ausgesetzt, sagte Abbassi, es werde an allen Ecken und Enden gespart; und sie
frage sich halt schon, wie sich ein Kanton derart selber schwächen könne.
Als Beispiel rechnete Abbassi vor, dass die vom
Regierungsrat beschlossene Reduktion der Stundentafel an der Primaschule dazu
führen würde, dass ein Schüler während der Primarschulzeit insgesamt fast 600
Lektionen weniger Unterricht hätte als heute, das entspreche einem
«Bildungsverlust» von rund drei Viertel eines Schuljahres.
Abbassi kritisierte auch die Lohnsituation an der
Aargauer Schule. Seit 2014 gab es drei Lohnnullrunden. Die Aargauer Lehrerlöhne
seien im Vergleich zu den Nachbarkantonen nicht konkurrenzfähig.
So verdiene ein Lehrer im Aargau nach elf Berufsjahren
im Schnitt rund 15 000 Franken weniger als die Kollegen in Nachbarkantonen. Die
Konsequenz ist für Abbassi sichtbar: «In den Lehrerzimmern ist grau die
vorherrschende Haarfarbe.» Die Lehrperson im Aargau ist im Durchschnitt 44,6
Jahre alt und die Berufsgruppe der 55 - 59-Jährigen ist die grösste.
Junge Lehrer wandern ab oder unterrichten erst gar
nicht im Aargau. Deshalb fordert der alv ein neues Lohnsystem, das
konkurrenzfähig mit den Nachbarkantonen ist und es auch für junge Lehrer
attraktiv macht, im Aargau zu unterrichten.
Kritik an Initiative gegen Lehrplan 21
Deutlich sprach sich Abbassi gegen die Initiative
gegen den Lehrplan 21 aus. Die Initiative habe gar nichts zu tun mit dem
Lehrplan 21, aber würde grosse Schaden anrichten und hohe Kosten verursachen;
die Aargauer Lehrpersonen brauchten dann etwa eine andere Ausbildung und die
Schule andere Lehrmittel als die übrige Deutschschweiz.
Die ungewisse Situation der Schule Aargau hat für
den alv eine angenehme Nebenwirkung: Immer mehr Lehrpersonen schliessen sich
dem Verband an, der dadurch noch stärker und wichtiger wird. «Nur schon heute
sind wieder 25 neue Anmeldungen eingegangen», sagt Abbassi. Inzwischen zählt
der alv rund 8500 Mitglieder. «Wir können Einfluss nehmen», sagte Abbassi, «wir
können aus eigener Kraft Initiativen oder Referenden zustande bringen.»
Hürzeler: Demo gilt nicht als Arbeitszeit
Dann trat Bildungsdirektor Alex Hürzeler (SVP) vor
die 134 Delegierten im Campussaal in Brugg. Er erklärte, dass er beabsichtige,
auch die nächsten vier Jahre das kantonale Bildungsdepartement zu führen. Es
schien, als werde die Nachricht von den Delegierten mit einer gewissen
Genugtuung aufgenommen. Hürzeler bedankte sich bei den Lehrpersonen für die
wertvolle Arbeit in schwieriger Zeit zum Wohle der Kinder und Jugendlichen im
Aargau.
Er bedankte sich auch bei Präsidentin Abbassi für
die klaren Worte gegen die Initiative gegen den Lehrplan 21. Und er bestätigte,
was viele schon vermutet hatten: «Die Reduktion der Stundentafel an der
Volksschule wird im Grossen Rat wohl chancenlos sein.»
Hürzeler machte deutlich, dass weitere Sparmassnahmen folgen werden, aber auch, dass er grosses Verständnis für den Unmut in der Lehrerschaft hat.
Und was die geplante Demonstration betrifft: Ja,
die Lehrerinnen und Lehrer hätten das Recht zu streiken und zu protestieren.
Die Protestaktion gelte aber nicht als Arbeitszeit. Die Schulpflegen seien
verantwortlich dafür, dass der Schulbetrieb aufrecht erhalten bleibe, sagte
Hürzeler.
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