4. Oktober 2016

Lehrer unterstützen Bundesrat im Sprachenstreit

Die Lehrerverbände sprechen sich dafür aus, die Kantone zu Französisch in der Primarschule zu verpflichten. Bei der Ausgestaltung sollen die Kantone aber möglichst viel Spielraum erhalten. Diese Kompromisslösung könnte eine Brücke zwischen den beiden Lagern schlagen, schreiben der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) und der Westschweizer Lehrerverband Syndicat des enseignants romands (SER) in einer gemeinsamen Mitteilung vom Montag.
Lehrer plädieren für Frühfranzösisch, NZZ, 4.10.


Der Sprachenstreit war zuletzt durch den Kanton Thurgau angeheizt worden: Die Regierung schickte im Frühling den neuen Lehrplan der Volksschule in die Vernehmlassung, der keinen Französischunterricht in der Primarschule mehr vorsieht. Im Juli griff dann der Bundesrat ein. Er will im Sprachengesetz verankern, dass der Unterricht in der zweiten Landessprache bereits in der Primarschule beginnen soll. Der Bundesrat würde es vorziehen, nicht einschreiten zu müssen, erklärte Innenminister Alain Berset damals. Die Verfassung verpflichte ihn aber dazu, wenn die Kantonslösung nicht zustande komme.
Die Lehrerverbände stärken dem Bundesrat in dieser Frage nun den Rücken. Nur noch eine Landessprache auf der Primarstufe zu unterrichten, erachten sie als nicht zielführend. Die laufenden politischen Vorstösse in einzelnen Kantonen könnten beim Unterrichtsstart in den Landessprachen zu Differenzen von bis zu vier Schuljahren führen. Die Verbände schätzen die Kosten für den Nachholunterricht, falls Kinder in einen anderen Kanton ziehen, auf bis zu neun Millionen Franken.

Von den drei vorgeschlagenen Varianten des Bundesrates sprechen sich die Lehrerverbände für diejenige aus, die den Kantonen am meisten Spielraum lässt. Diese legt lediglich fest, dass der Unterricht in der zweiten Landessprache auf Primarstufe beginnen und bis zum Ende der Sekundarstufe I dauern muss. Dies würde auch den Lehrpersonen bei der Umsetzung in der Praxis entgegenkommen, heisst es weiter. Das ist auch der Vorschlag, den der Bundesrat bevorzugt. Ob diese Variante auch die Kantone überzeugt, ist unklar. Die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) hatte sich in einer ersten Stellungnahme skeptisch über eine Bundesregelung gezeigt. Eine Intervention berge erhebliche Risiken.

Ursprünglich hatten sich die Kantone 2004 im Harmos-Konkordat darauf geeinigt, die erste Fremdsprache spätestens ab dem 3. Schuljahr und die zweite ab dem 5. Schuljahr zu unterrichten. Eine der beiden Sprachen ist eine Landessprache, die andere ist Englisch. Nun ziehen aber mehrere Kantone in Betracht, das Frühfranzösisch zu kippen. Abgesehen von Thurgau sind auch in den Kantonen Zürich, Luzern und St. Gallen entsprechende Initiativen hängig. In Graubünden wird über die Gültigkeit einer Initiative gestritten, der Fall liegt beim Bundesgericht. Glarus wiederum hat beschlossen, Französisch in der Real- und Oberschule nur als Wahlfach anzubieten. Vor allem in der Westschweiz ist die Empörung über diese Entwicklungen gross.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen