Der Streit um
das Frühfranzösisch ist symptomatisch für das Verhältnis von Bildungspolitik
und Bildungsforschung hierzulande. Auf der einen Seite beschränkt sich das Interesse
der EDK seit Jahren darauf, von der Wissenschaft Zustimmung für die eigenen
Reformprojekte zu erhalten. Kritische Stimmen werden totgeschwiegen, jadiffamiert. Gleichzeitig wird überschätzt, was eine einzelne Studie über die
komplexe Wirklichkeit in Schule und Unterricht auszusagen vermag. Die Bemerkung
des EDK-Präsidenten, wonach es im Bildungsbereich derzeit «zu viele Studien»
gebe, ist angesichts des Forschungsbedarfs im schweizerischen Bildungswesen
schlicht unverständlich.
Leserbrief, NZZaS, 25.9. von Walter Herzog
Auf
der anderen Seite gilt leider auch umgekehrt, dass nicht wenige
Bildungsforscher den Erwartungen der Bildungspolitik nachkommen und der
neuesten EDK-Reform unkritisch das Wort reden. Wenn sich «über hundert
Fachleute» für zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe aussprechen, dann tun sie
dies nicht, weil sie dazu empirische Belege vorlegen könnten, sondern weil sich
ihre politische Haltung in der Fremdsprachenfrage mit derjenigen der EDK deckt.
Geradezu absurd ist die Ansicht, die Wissenschaft könne den
Fremdsprachenunterricht erst dann seriös untersuchen, wenn er sich in allen
Kantonen «eingependelt» hat. Aus Sicht der Bildungsforschung wäre es ideal,
wenn wir kantonale Unterschiede hätten, da sich nur so methodisch kontrolliert
vergleichen liesse, welcher Weg zum Erwerb von zwei Fremdsprachen der
erfolgreichere ist. Dies müsste auch die Haltung der Schweizerischen
Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF) sein, aber leider unterwirft
auch sie sich dem politischen Diktat der EDK.
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