1. Juni 2016

Fragwürdige Kompetenzauswahl im Lehrplan 21

Die Diskussionen um den Lehrplan 21 laufen heiss. Unsere Kleinen sollen kein Wissen, sondern Kompetenzen erwerben – in Feldern. 267 Kompetenzstufen gibt es allein im Fach Mathematik, ­vermittelt in Zyklen.
Wir lernen für das Leben, nicht das Konzept, Zürcher Oberländer, 1.6. von Daniela Schenker


Nichts wird dem Zufall überlassen, auch nicht im Bereich «Laufen, Springen, Werfen». Im Lehrplan steht: «Die Schüler können vielseitig weit und hoch springen. Sie kennen die leistungsbestimmenden Merkmale und können ihre Leistung realistisch einschätzen.» Ich muss ein verkanntes Wunderkind sein. Soweit ich mich erinnern kann, habe ich mir das vielseitige Springen autodidaktisch beigebracht. Ich bin auf Mauern, über Bäche und später über die Schmutzwäsche in meinem Zimmer gehüpft. Mit der realistischen Einschätzung hatte ich wenig Mühe. Wenn ich nicht mehr rüberkam, habe ich den Kleiderberg in die Waschküche getragen.

Mir ist niemand bekannt, der als Erwachsener eine umfassende Ausbildung im Kompetenz­bereich «Weitsprung» vermisst. Mir erschliesst sich auch nicht, was im Kompetenzbereich «Räume, Zeiten, Gesellschaften» mit «die Schüler können Elemente und Merkmale von Räumen in Darstellungsmitteln auffinden sowie raumbezogene Orientierungsraster aufbauen und anwenden» praktisch gemeint ist.


Stichwort praktisch: Mir kämen durchaus noch ein paar Kompetenzen in den Sinn, die man seit Jahrzehnten auf allen Stufen und Zyklen vergeblich sucht: «Velopneu flicken» oder «Steuererklärung ausfüllen» oder «Lampen montieren». Da habe ich in gut zwölf Schuljahren keine einzige Kompetenzstufe erklommen. Vielleicht wäre es gar keine schlechte Idee, fortan bei der Zusammenstellung der Lehrpläne nebst Erziehungsdirektoren und -wissenschaftlern auch ein paar Schulabgänger zu konsultieren? 

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